Gesprühte Nanoröhren in Sensoren
Mögliche Anwendungen reichen von der Überwachung der Luftqualität bis hin zu künstlicher Haut.
Forscher der Technischen Universität München (TUM) weisen den Weg zur kostengünstigen Massenproduktion neuartiger elektronischer Bauelemente. Paradebeispiel ist ein Gassensor, der, in das Verpackungsmaterial von Lebensmitteln integriert, die Frische der Ware oder, in kompakten, drahtlosen Sensoren, die Luftqualität überwachen könnte.
Abb.: Flexible Hochleistungsgassensoren, hergestellt durch das Aufsprühen einer Lösung von Kohlenstoff-Nanoröhrchen auf ein Plastiksubstrat. (Bild: U. Benz/TUM)
Die an der TUM auf Grundlage von Kohlenstoff-Nanoröhrchen entwickelten Gassensoren registrieren sofort und reagieren kontinuierlich auf kleinste Veränderungen der Konzentration von Gasen wie Ammoniak, Kohlendioxid und Stickstoffoxid. Sie arbeiten bei Raumtemperatur und verbrauchen kaum Energie. Wie die Forscher in ihrer jüngsten Veröffentlichung berichten, lassen sich solche Bauelemente mit großflächigen und kostengünstigen Verfahren auf flexible Substrate sprühen.
Es ist zum Beispiel vorstellbar, Lebensmittel in Kunststofffolien zu verpacken, die mit solchen flexiblen Einweg-Gassensoren beschichtet sind. Die hiermit gemessenen Gaskonzentrationen wären ein viel genauerer Indikator für den aktuellen Frische-Zustand eines Lebensmittels als ein routinemäßig aufgedrucktes Haltbarkeitsdatum.
Mit der Messung von Kohlendioxid zum Beispiel lässt sich die voraussichtliche Haltbarkeit von Fleisch bestimmen. Wenn die Verbraucher diese „intelligente Verpackung“ annehmen und die toxische Unbedenklichkeit der Bauelemente nachgewiesen ist, könnte die Technik die Nahrungssicherheit erhöhen. Auch die Menge der weggeworfenen Lebensmittel könnte sich drastisch reduzieren. In einem anderen Anwendungsgebiet könnte diese Art von Gassensoren die Echtzeit-Überwachung der Luftqualität von Innenräumen kostengünstiger und praktischer machen.
Der Wissenschaftler Alaa Abdellah und seine Kollegen haben am Institut für Nanoelektronik der TUM gezeigt, dass Hochleistungsgassensoren tatsächlich auf flexible Plastiksubstrate gesprüht werden können. Damit könnten sie das Tor zur kommerziellen Nutzung von Sensoren auf Grundlage von Kohlenstoff-Nanoröhrchen sowie deren Anwendungen aufgestoßen haben. „Es ist eigentlich ganz einfach, wenn man weiß, wie es geht,“ merkt Institutsleiter Paolo Lugli an.
Abb.: Sensoren aus der Düse. (Bild: U. Benz/TUM)
In einem dünnen Film ausgebreitete und beliebig ausgerichtete Kohlenstoff-Nanoröhren bilden leitfähige Netze, die als Elektroden dienen können. Strukturierte und geschichtete Filme können als Sensoren oder Transistoren Einsatz finden. „Der elektrische Widerstand dieser Filme kann tatsächlich mit einer externen Spannung oder durch die Adsorption von Gasmolekülen moduliert werden“, erklärt Lugli.
Insbesondere als Basismaterial für Gassensoren vereinen Kohlenstoff-Nanoröhrchen die Vorteile und vermeiden die Nachteile von herkömmlichen Materialen, zum Beispiel von leitenden Polymere oder festen Metalloxid-Halbleiter. Bisher fehlte jedoch ein zuverlässiges, reproduzierbares und kostengünstiges Produktionsverfahren.
Diese Lücke schließt jetzt das Aufsprühen und – falls erforderlich – ein ergänzender Transferdruck. Eine wässrige Lösung von Kohlenstoff-Nanoröhrchen sieht aus wie eine Flasche schwarzer Tinte und lässt sich auf ähnliche Weise handhaben. Durch eine computergesteuerte Roboterdüse können so Bauelemente auf praktisch jede Art von Substrat gesprüht werden, auch auf großflächige Plastikfolien. Kostspielige Reinräume sind nicht erforderlich.
„Für uns war es wichtig, eine Technologieplattform zu entwickeln, die sich leicht hochskalieren lässt, um damit großflächig gedruckte und biegsame Elektronik auf der Grundlage von organischen Halbleitern und Nanomaterialien zu fertigen,“ sagt Abdellah. „Aufsprühen bildet hierfür den Kern unserer Prozesstechnologie“.
Noch zu lösende technische Herausforderungen sind hauptsächlich anwendungsspezifischer Art, beispielsweise die Forderung nach Gassensoren, die sowohl selektiv als auch empfindlich arbeiten.
TUM / PH