Graphen-Nano-Membranen nach Maß
Unis Bielefeld und Ulm entwickeln neuartige Filtertechnologie innerhalb der EU Flaggschiff-Initiative.
„Graphen gilt als eines der vielversprechenden neuen Materialien überhaupt. Nicht ohne Grund herrscht in der Graphen-Forschung so etwas wie Goldgräberstimmung“, sagt Ute Kaiser. Die Physikprofessorin leitet die Materialwissenschaftliche Elektronenmikroskopie an der Universität Ulm und forscht bereits seit 2007 an der elektronenmikroskopischen Charakterisierung von Graphen. Mit der Universität Bielefeld, dem Chemie-Konzern BASF und dem Nanomembranhersteller CNM Technologies wurde nun ein gemeinsames Projekt entwickelt, das im Rahmen der „Leitinitiative zu neuen und künftigen Technologien“ der Europäischen Kommission gefördert wird. Das Eine-Milliarde-schwere, auf zehn Jahre ausgelegte EU Graphene Flagship gehört zu den bislang größten europäischen Forschungsinitiativen und soll die europäische Vorreiterrolle in der Graphen-Forschung sichern.
Abb.: HR TEM-Aufnahme einer Atomlage Graphen (Bild: U. Ulm)
Insgesamt sind mehr als 140 Organisationen aus 23 Ländern an diesem europäischen Konsortium beteiligt, darunter überwiegend Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsunternehmen. 66 neue Partner sind nun im Rahmen der neuen Ausschreibungsrunde hinzugekommen. Hierfür waren weit mehr als zweihundert Vorschläge eingereicht worden, an denen insgesamt 738 Organisationen aus 37 Ländern beteiligt waren. „In unserem Projekt entwickeln wir eine einzigartige Methode zur industriellen Herstellung von Graphen-Nano-Membranen. Wir kümmern uns auf dem Graphen-Flaggschiff um eine ganz spezielle Anwendung: die Nano-Filtration“, informiert Projektkoordinator Andrey Turchanin von der Universität Bielefeld.
Abb.: Andrey Turchanin eitet die EU-Flaggschiff-Projektgruppe zur Entwicklung von Graphen-Nano-Membranen. (Bild: U. Bielefeld)
Das Gemeinschaftsprojekt der beiden Unis und Unternehmen fokussiert dabei auf die besonderen Membran-Eigenschaften dieser denkbar dünnsten Kohlenstofflage. Graphen ist ein hervorragender Filter zur Entsalzung von Wasser, aber auch für andere Flüssigkeiten oder Gase und sogar für Biomoleküle. „Die Kunst besteht darin, durch die Gestaltung der Porengrößen, der Materialstruktur und -oberfläche die Membraneigenschaften auf unterschiedlichste Anwendungen passgenau zuzuschneiden“, erklärt Tuchanin den Forschungsauftrag der Bielefelder. „Als Unternehmen, das spezialisiert ist auf die Entwicklung und Herstellung von kohlenstoffbasierten Nano-Membranen, kümmern wir uns dann um die Übertragung der grundlegenden Forschungsergebnisse auf die industrielle Fertigung. Unser Ziel ist die großflächige Herstellung von Nano-Membranen im industriellen Maßstab“, so Albert Schnieders von CNM Technologies. Oberflächen-gebundene, einschichtige organische Moleküllagen dienen dabei als Ausgangsmaterial. Durch Pyrolyse entstehen daraus Graphen-Nanomembranen. „Wir bei BASF werden die Graphen-Nano-Membranen dann in vielfältigsten Funktionstests auf ihre praktische Eignung für diverse Anwendungen hin untersuchen“, ergänzt BASF-Graphenforscherin Kitty Cha.
Abb.: Die Ulmer Physiker Kaiser und Kurasch am Elektronenmikroskop (Bild: U. Ulm)
„Unser Job in Ulm wird es hingegen sein, das entwickelte Material mit speziellen Geräten elektronenmikroskopisch zu charakterisieren, also Porengröße, Struktur auf atomarer Skala abzubilden und zu quantifizieren“, erklärt Kaiser. Zum Einsatz kommt dabei ein spezielles Niederspannungs-Elektronenmikroskop, das Aufnahmen solcher Materialen in atomarer Auflösung erlaubt.
U. Ulm / OD