04.07.2016

Habitable Exoplaneten – kein feuchter Traum?

Neues Modell liefert Indiz für Wassergehalt von Exoplaneten anhand ihres Alters.

Wasser ist notwendig für Leben, wie wir es kennen, aber zu viel Wasser ist lebensfeindlich. Deshalb ist bei extra­solaren Planeten die Bestimmung des Wasser­anteils entscheidend, wenn man deren Lebens­freundlichkeit untersuchen will. Yann Alibert, wissen­schaftlicher Koordinator von PlanetS an der Universität Bern, konnte zeigen, dass man Beobachtungen von Exoplaneten unterschiedlichen Alters dazu benutzen kann, den Wasser­gehalt statistisch einzugrenzen – ein wichtiges Resultat für künftige Weltraum-Missionen.

Abb.: Künstlerische Darstellung von Gliese 581 b (Bild: Tyrogthekreeper / wikipedia.org)

Mit Weltraumteleskopen können die Astronomen den Radius von Exoplaneten messen, die bei Transits vor ihrem Mutterstern vorbeiziehen. Wenn man auch deren Masse kennt, lässt sich die Dichte einfach berechnen. Dies bedeutet aber nicht, dass man dann auch weiß, woraus das Objekt genau besteht. Yann Alibert, Leiter der ERC-Gruppe Planeto­genesis an der Universität Bern, erklärt: „Eine mittlere Dichte kann heißen, dass der Planet Wasser enthält, aber es könnte sich auch um eine Kombination von Silikaten und Eisen mit hoher Dichte und Gas mit niedriger Dichte handeln.“

Neben der Masse und der Größe benötigen die Forscher einen zusätzlichen, dritten Wert, um herauszufinden, ob Exoplaneten wasserreich oder wasserarm sind. Doch was könnte dies sein? Fast zufällig fand Yann Alibert eine Lösung. Als er vor zwei Jahren zu einem Vortrag an einer Konferenz eingeladen wurde, versuchte er heraus­zufinden, wozu es nützlich sein könnte, das Alter der Sterne zu kennen, die vorüberziehende Exo­planeten beherbergen. Gemäß gängiger Theorie entstehen die Planeten zusammen mit ihren Sternen; deshalb nimmt man an, dass ein Exoplanet ungefähr gleich alt ist wie sein Mutterstern.

„Es ist ähnlich, wie wenn man eine Gruppe Menschen beobachtet“, sagt Yann Alibert: „Man sieht, wie groß und wie schwer sie sind, und versucht zu überlegen, was man herausfinden könnte, wenn man ihr Alter wüsste – vielleicht, dass junge Leute im allgemeinen mehr Muskeln haben.“ Wie könnten die Masse, der Radius und das Alter eines Exo­planeten Informationen über seine innere Struktur enthüllen? Um diese Frage zu beantworten, berechnete der Astrophysiker, wie sich verschieden aufgebaute Planeten über Jahr­milliarden entwickeln. „Wir zeigten: Selbst wenn zwei Planeten zu einem bestimmten Zeitpunkt den gleichen Radius und die gleiche Masse haben, so haben sie zu einem anderen Zeitpunkt normaler­weise nicht den gleichen Radius“, schreibt der Forscher in seiner Studie.

Er berechnete, dass die zeitliche Entwicklung des Planeten­radius davon abhängt, aus wieviel Wassereis der Himmels­körper besteht. Ändert sich der Eisgehalt in einem Planeten, so ändert sich auch seine mittlere Wärme­kapazität und seine Gravitations­energie. Dieser Energie­unterschied bedeutet, dass die Rate, mit der sich der Planet abkühlt und zusammen­zieht, verschieden ist, je nachdem, ob der Planet wasser­reich oder wasserarm ist. Dies ist der Grund für die Differenz beim Radius. Der Unterschied ist zwar klein, aber groß genug, um statistisch messbar zu sein, wenn man zwei Gruppen von Planeten mit ähnlicher Masse aber verschiedenem Alter vergleicht.

„Kurz gesagt, beobachtet man eine Gruppe von Planeten, die fünf Milliarden Jahre alt sind“, erklärt Yann Alibert: „Dann beobachtet man eine ähnliche Gruppe von Planeten, die beträchtlich jünger sind, beispielsweise 500 Millionen Jahre alt, und dann vergleicht man ihre Radien. Daraus kann man abschätzen, wie schnell sich die Planeten zusammenziehen, und dies in Beziehung zum Wasser­anteil in den Himmels­körpern stellen. So kann man beweisen, dass einige Planeten wasser­reich sind.“ Was einfach klingt, ist ziemlich kompliziert. „Die Idee ist tatsächlich recht intuitiv, aber die Statistik in der Arbeit ist nicht einfach“, so der Forscher. In seinem Modell untersuchte er relativ kleine Planeten von der Größe von Super-Erden bis zu Neptun-artigen Objekten, aufgebaut aus vier Schichten: einem Kern, einem Silikatmantel, einem Eismantel und einer Gashülle. Dabei berechnete er Hunderttausende von Modellen der inneren Planeten­struktur.

Trotz weiterer Annahmen und Näherungen ist Yann Alibert überzeugt, dass künftige Weltraum-Missionen zur Beobachtung von Exo­planeten-Transiten den berechneten Effekt messen werden: „Transit-Beobachtungen, wie sie CHEOPS, TESS oder PLATO durchführen werden, können mit Hilfe dieses Modells statistische Einschränkungen der Planeten­zusammensetzung liefern, vorausgesetzt man kennt das Sternen­alter genügend genau, und man kann eine ausreichende Zahl von Planeten beobachten, deren Masse und Radius genügend präzis sind.“ Dies sollte dazu beitragen, dass man die Planeten­entstehung und die potentielle Lebens­freundlichkeit besser versteht.

NCCR PlanetS / DE

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