10.03.2008

Neuer Kraftwerkstyp für Europa

Während in den USA bereits zehn Parabolrinnen-Kraftwerke die Energie der Sonne nutzen, entsteht mit «AndaSol 1» das erste kommerzielle Solarkraftwerk dieses Typs in Europa.

Neuer Kraftwerkstyp für Europa

Granada (dpa) - Die Sonne scheint vom blauen Himmel auf die zahllosen Spiegel des Solarkraftwerks, das 50 Kilometer östlich von Granada aus dem gelbgrauen Sandboden Südspaniens ragt. Die aus 84 Reihen bestehende Anlage ist noch nicht fertig montiert, soll aber in wenigen Monaten aus Sonnenenergie Strom für etwa 200.000 Menschen produzieren. «AndaSol 1», wie das 260 Millionen Euro teure Kraftwerk mit der 510.000 Quadratmeter großen Spiegelfläche heißt, stellt dabei eine Premiere für Europa dar: Es ist ein «Parabolrinnenkraftwerk», das mithilfe gebogener Spiegel und ölgefüllter Röhren arbeitet.

Während in den USA bereits zehn dieser Kraftwerke laufen, ist «AndaSol 1» die erste kommerzielle Anlage ihrer Art in Europa. Der Mainzer Technologiekonzern Schott, der ein wichtiges Bauteil dafür in tausendfacher Stückzahl produziert, sieht für diese Werke den «Durchbruch» gekommen. «Das Potenzial ist gewaltig», sagt der für den Bereich zuständige Schott-Manager Gerrit Sames. Nach Angaben von Schott-Sprecher Klaus Hofmann sind weltweit etwa 80 Anlagen dieser Art im Bau oder geplant, etwa 50 davon im sonnigen Spanien, das eine Einspeisevergütung von rund 0,27 Euro je Kilowattstunde bietet.

Bei solarthermischen Kraftwerken dieser Art fangen parabolisch geformte Spiegel in Form eines großen Trogs die Sonnenstrahlen ein und konzentrieren sie in 80-facher Stärke auf einen vor dem Spiegel angebrachten «Receiver». Das ist ein vier Meter langes Stahlrohr in einer Glashülle, das die Sonnenstrahlen in Wärme umwandelt: Durch die Stahlrohre der miteinander verbundenen Receiver fließt 290 Grad heißes Spezialöl, das von der Sonne auf 390 Grad erhitzt wird. Wärmetauscher erzeugen daraus Dampf, der die Turbine eines Generators zur Stromerzeugung antreibt. 22.500 Receiver gebe es in der Anlage, sagt Elektroingenieur Oliver Vorbrugg von der Firma Flagsol, einer Tochter des Projektentwicklers Solar Millennium AG.

Die Anlage kann laut Schott auch nach Sonnenuntergang noch 7,5 Stunden lang Strom erzeugen. Denn ein Teil der Wärme kann in einen Salzspeicher «abgezweigt» und bei Dunkelheit «zurückgeholt» werden. «Das Salz gibt die Wärme an das Öl ab und bringt es auf 390 Grad», erklärt der Vorstandsvorsitzende der Schott AG, Udo Ungeheuer.

Schott ist nach eigenen Angaben einer von weltweit zwei Receiver-Herstellern und sieht sich als Markt- und Technologieführer. Wegen der erwarteten Nachfrage investiert der Konzern kräftig: Bei einem gerade fertiggestellten Receiver-Werk im südspanischen Aznalcóllar laufen bereits die Arbeiten für eine Erweiterung, und auch in den USA entsteht ein Werk. Ungeheuer erwartet in den USA noch größere Projekte als bisher. «Es boomt also wirklich», sagt er. Als Standorte eignen sich neben dem Südwesten der USA und dem Süden Europas auch Nordafrika und Australien. «Diese Kraftwerke müssen da stehen, wo eine hohe Einstrahlung ist, damit die volle Leistung zum Tragen kommt», sagt Richard Harnisch vom Bundesverband Solarwirtschaft.

Eine 300 mal 300 Kilometer große Anlage dieser Art in der Wüste würde ausreichen, um den Strombedarf der Welt zu decken, sagt Sames. Benötigt würden aber auch Stromnetze zum Transport. Einer Studie zufolge gingen auf dem Weg nach Zentraleuropa nur 10 bis 15 Prozent des Stroms verloren. Sames verweist auch auf eine Aussage des «Club of Rome» (2007), nach der in knapp sechs Stunden soviel Energie auf die Wüsten der Welt einwirkt, wie die Menschheit im Jahr verbraucht. Die Kosten für Strom aus Receiver-Kraftwerken und aus fossilen Energieträgern glichen sich einer Studie bis 2020 nahezu an, 2030 sei der Strom aus Parabolrinnen-Kraftwerken billiger, sagt er.

Jasper Rothfels, dpa

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