19.06.2014

Solarzellen aus künstlichen Mottenaugen

Speziell strukturierte photoelektrochemische Zelle aus Eisen- und Wolframoxid erzeugt Wasserstoff.

Weltweit forschen Wissenschaftler an Solarzellen, die die Photosynthese der Pflanzen nachahmen und aus Sonnenlicht und Wasser synthetische Brennstoffe wie Wasserstoff bilden. Empa-Forscher haben nun eine solche photoelektrochemische Zelle dem Mottenauge nachempfunden und dadurch die Lichtausbeute drastisch erhöht. Die Zelle besteht aus billigen Grundstoffen: Eisen- und Wolframoxid.

Abb.: Florent Boudoire testet die Funktion seiner Photoelektrode im Sonnenlichtsimulator. (Bild: Empa)

Eisenoxid, also Rost, könnte die Solartechnik revolutionieren: Aus dem – meist unerwünschten – Stoff lassen sich Photoelektroden herstellen, die Wasser spalten und dadurch Wasserstoff erzeugen. So wandelt sich Sonnenenergie nicht erst in Elektrizität, sondern direkt in einen wertvollen Brennstoff um. Leider hat das Ausgangsmaterial so seine Tücken: Eisenoxid ist zwar unschlagbar billig und absorbiert genau in dem Wellenlängenbereich, in dem die Sonne am meisten Licht aussendet. Doch es leitet elektrischen Strom sehr schlecht und muss daher immer in Form äußerst dünner Filme verarbeitet werden, damit die Wasserspaltung funktioniert. Der Nachteil: Diese dünnen Filme absorbieren zu wenig vom eingestrahlten Sonnenlicht.

Den Forschern Florent Boudoire und Artur Braun der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa ist es nun gelungen, dieses Problem zu lösen: Eine spezielle Mikrostruktur der Photoelektrode fängt das Licht buchstäblich ein und lässt es nicht mehr heraus. Die Grundlage für diese innovative Struktur bilden winzige Partikel aus Wolframoxid, das sich wegen seiner satten, gelben Farbe ebenfalls für Photoelektroden nutzen lässt. Die gelben Kügelchen werden auf einer Elektrode aufgetragen und dann mit einer hauchdünnen, nanoskaligen Schicht Eisenoxid überzogen. Fällt von außen Licht auf die Partikel, wird es innen mehrfach hin und her reflektiert. Schließlich ist alles Licht absorbiert, und die gesamte Energie steht für die Spaltung von Wassermolekülen zur Verfügung. Auf diese Weise erzeugt die Photozelle aus Wasser den ökologisch vorteilhaften Brennstoff Wasserstoff.

Abb.: So entsteht die „Mottenaugen-Solarzelle“ und fängt das Licht ein. (Bild: Empa)

Im Grunde funktioniere die neu erdachte Mikrostruktur wie das Auge einer Motte, erklärt Florent Boudoire: Die Augen von Nachtfaltern müssen viel Licht einsammeln – und dürfen so wenig wie möglich reflektieren, sonst wird der Falter entdeckt und gefressen. Die Mikrostruktur dieser Augen ist speziell auf die Wellenlänge des Lichts angepasst. Die Photozelle der Empa nutzt den gleichen Effekt.

Um künstliche Mottenaugen aus Metalloxidkügelchen herzustellen, besprühte Florent Boudoire eine Glasscheibe mit einer Suspension aus Kunststoffpartikeln, die in ihrem Inneren jeweils ein Tröpfchen Wolframsalzlösung enthielten. Die Partikel bedecken das Glas wie eine Schicht Murmeln, die dicht aneinander liegen. Dann steckte er das Ganze in den Ofen; der Kunststoff verbrennt, und aus den einzelnen Tröpfchen der Salzlösung entstehen die gewünschten Wolframoxidkügelchen. In einem weiteren Sprühvorgang wird diese Struktur mit Eisensalz überzogen und erneut im Ofen erhitzt.

Parallel zu ihren Experimenten haben die Forscher Modellrechnungen am Computer durchgeführt und das Einfangen des Lichts in den Kügelchen am Computer simuliert. Das Ergebnis der Simulationen stimmte mit den Versuchen überein, wie Projektleiter Artur Braun bestätigt. Es ist klar zu erkennen, wie viel das Wolframoxid zum Photostrom beiträgt und wie viel das Eisenoxid. Und: je kleiner die Kügelchen sind, desto mehr Licht landet auf dem Eisenoxid, das die Kügelchen überdeckt. In einem nächsten Schritt wollen die Forscher untersuchen, welche Effekte mehrere übereinander liegende Schichten von Kügelchen auslösen können.

Empa / DE

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