Maß für Maß
Piero Martin: Maß für Maß – Die sieben Einheiten, die unsere Welt erklären, Aufbau Verlage, Berlin 2022, geb., 228 S., 23 Euro, ISBN 9783351039813
Piero Martin
Piero Martin forscht als Professor an der Universität von Padua in Italien zu thermonuklearer Fusion. Mit „Maß für Maß“ hat er erstmals ein eigenes populärwissenschaftliches Buch vorgelegt und beweist damit, wie unterhaltsam das Internationale Einheitensystem SI sein kann. In neun Kapiteln – Einleitung und Schlussbemerkungen umrahmen die sieben Basiseinheiten – entführt er die Lesenden mit zahlreichen Anekdoten von bekannten und weniger bekannten Gegebenheiten und Personen in die Welt der Metrologie. Dabei macht er deutlich, dass das Messen zu unserem Alltag gehört, auch wenn wir uns dessen häufig nicht bewusst sind.
Schon in der Einleitung verknüpft Piero Martin Fakten zu Einheiten und Zeitgeschehen, wenn er die erste gemeinsame Aufnahme der Beatles und die Einführung des Internationalen Einheitensystems Mitte Oktober 1960 in Verbindung bringt. Die Kapitel zu den sieben Basiseinheiten – Meter, Sekunde, Kilogramm, Kelvin, Ampere, Mol und Candela – beginnen allesamt mit einer kleinen Erzählung, die zunächst wenig Anknüpfungspunkte an die Einheit bietet. Im weiteren Verlauf mischt er geschickt Informationen zur Entwicklung der Maßeinheit mit amüsanten Vorkommnissen, bis er schließlich wieder bei der Erzählung vom Beginn landet. Meist hat der Exkurs den anfangs versteckten Zusammenhang schon aufgedeckt. Dennoch gelingt es dem Autor, diesen mit einigen abschließenden Bemerkungen nochmals zu vertiefen.
So sind die einzelnen Kapitel in sich geschlossen und lassen sich durchaus in anderer Reihenfolge lesen – auch wenn einzelne Querverweise nicht ausbleiben, etwa wenn die Basiseinheiten nach der letzten Neu-Definition des Systems auf den gleichen Naturkonstanten beruhen. Auffällig ist, dass es Piero Martin auch bei den eher abstrakten und weniger geläufigen Größen wie Mol und Candela gelingt, enge Bezüge zum Alltag zu knüpfen. Die zahlreichen Anekdoten bringen neben physikalischen Schwergewichten wie Einstein oder Planck auch weniger bekannte Namen, insbesondere aus der italienischen Physik, in Erinnerung und regen zum Vertiefen an. Leider fehlt dafür ein Quellen- oder Literaturverzeichnis: Dem umfänglichen Thema geschuldet, beschränkte sich Martin auf nur acht Highlights, darunter „Die Feynman-Vorlesungen über Physik“.
Zumindest der deutschen Ausgabe mangelt es auch an einem Stichwortverzeichnis: Einzelne amüsante oder ungewöhnliche Gegebenheiten auf den knapp 230 Seiten wiederzufinden, erfordert deshalb ein erneutes Lesen ganzer Passagen. Vielleicht ist das aber auch gewollt, erschließt sich doch die ein oder andere Spitzfindigkeit erst im zweiten Durchgang. Das gilt auch für die teils lose eingestreuten Bemerkungen jenseits des Einheitensystems zu gesellschaftlichen Fragen, wie dem Umgang mit Bootsflüchtlingen auf dem Mittelmeer oder den Ressourcen unserer Erde.
Alles in allem hat Piero Martin eine lesenswerte Sammlung rund um die Metrologie vorgelegt, sodass zu hoffen bleibt, dass auch die drei weiteren populärwissenschaftlichen Bücher, an denen er sich als Co-Autor beteiligt hat, demnächst nicht nur auf Italienisch vorliegen werden.
Kerstin Sonnabend