Weißt Du, wie viel Sterne stehen?
Lesch, H. und Müller, J.
„Weißt Du, wie viel Sterne stehen?“, so beginnt eines der bekanntesten deutschen Kinderlieder. Diese Frage greifen Harald Lesch und Jörn Müller im Titel ihres neuen Buches auf. Ihr Ziel ist es zu beschreiben, „wie das Licht in die Welt kommt“.
Nun kommt fast alles sichtbare Licht am Tages- und Nachthimmel von Sternen wie unsere Sonne und wie unzählige weitere, die unsere Milchstraße und alle anderen Galaxien bevölkern. Somit ist klar, was im Zentrum des Buches steht. Harald Lesch und Jörn Müller beschreiben in einer klaren, erfrischend bildhaften und für jedermann zugänglichen Sprache das Wesen der Sterne und erzählen von ihrem Werden und Vergehen. Den Autoren gelingt der schwierige Spagat zwischen spannender Unterhaltung und faktenbasierter Wissenschaft. Das Buch ist eine gute Lektüre für unterwegs oder für den Nachttisch zuhause. Gleichzeitig vermittelt es den gesamten Stoffumfang einer modernen Astronomievorlesung in Sternaufbau und -entwicklung und ist durchaus auch als studienbegleitendes Buch für Diplomanden und Doktoranden geeignet.
An den Anfang ihres Buches stellen Harald Lesch und Jörn Müller einen kurzen Abriss der geschichtlichen Entwicklung der Astronomie vom Altertum bis hin zur tatsachenorientierten Astrophysik der Moderne. Dann folgen notwendige Begriffsklärungen: Was sind Sternbilder und wie unterscheidet man Sterne von Planeten? Wie hell sind Sterne, und wie werden sie klassifiziert? Nach dieser eher empirischen Einführung, geht es ins Detail. Im Hauptteil des Buches erläutern die Autoren die physikalischen Grundprinzipien, die hinter Geburt, Leben und Tod der Sterne liegen. Ausführlich und mit vielen Abbildungen veranschaulicht zeigen sie, wie Sterne aus dem interstellaren Gas entstehen, wie sie durch Kernfusion in ihrem Inneren eine lang anhaltende Phase der relativen Stabilität durchleben, und wie sie abhängig von der Masse ganz unterschiedlich vergehen. Die Autoren erklären, wie sich dabei die uns bekannten chemischen Elemente bilden und warum wir im wahrsten Sinne des Wortes aus Sternenasche bestehen.
Das Buch endet mit einem kurzen Ausflug in eher spekulative Gebiete der stellaren Astrophysik. Die Autoren fragen: Wie sind die ersten Sterne entstanden? Gab es im frühen Universum Sterne, die durch die Vernichtung von Dunkler Materie stabilisiert wurden und nicht durch Kernfusion? Was wäre, wenn fundamentale physikalische Parameter wie etwa die Gravitationskonstante andere Werte hätten als die uns bekannten?
Für Leser, die sich eingehender mit Sternaufbau und -entwicklung befassen wollen, gibt es im Anhang des Buches für fast jedes Kapitel eine Zusammenfassung der wichtigsten Formeln und Gleichungen sowie eine Liste weiterführender Literatur und Internetadressen. Besonders hervorzuheben ist auch das sehr umfangreiche Glossar.
Harald Lesch und Jörn Müller gelingt das Kunststück, das gegenwärtige Wissen vom Aufbau und der Entwicklung der Sterne gut lesbar und allgemein verständlich darzustellen.
Doch wie viele Sterne stehen nun am Himmel? Die beiden Autoren bleiben eine genaue Antwort schuldig. Sie geben offen zu, dass die moderne Astronomie und Astrophysik nicht mehr als einen groben Schätzwert liefern kann. Vielleicht ist die Antwort, die das Kinderlied bietet, die einzig richtige...
Prof. Dr. Ralf S. Klessen, Zentrum für Astronomie der Universität Heidelberg
H. Lesch, J. Müller: Weißt Du, wie viel Sterne stehen?
C. Bertelsmann, 2008, 320 S., geb., ISBN 9783570010549