Aus der Traum
Ranga Dias machte mit sensationellen Ergebnissen zu Supraleitung bei Umgebungsbedingungen auf sich aufmerksam. Wie eine Untersuchung nun zeigt, waren diese gefälscht.
Ranga Dias machte mit sensationellen Ergebnissen zu Supraleitung bei Umgebungsbedingungen auf sich aufmerksam. Wie eine Untersuchung nun zeigt, waren diese gefälscht.
Die Entdeckung von supraleitenden Nickeloxiden eröffnet eine neue Perspektive auf die Hochtemperatur-Supraleitung.
Die Entdeckung der Hochtemperatur-Supraleitung gelang vor 35 Jahren in Cupraten. Seither lassen die Fragen nach ihrer physikalischen Erklärung und einem Rezept für Supraleiter bei Raumtemperatur die Festkörperphysik nicht mehr los. Supraleitende Nickelate versprechen neue Erkenntnisse zu diesen offenen Fragen − nicht zuletzt aufgrund vieler Gemeinsamkeiten, aber auch entscheidender Unterschiede zu den Cupraten.
Vladimir Anisimov und Co-Autoren formulierten schon vor über 20 Jahren die theoretische Idee von Supraleitung in Nickelaten (Seltenerd-Nickeloxiden) auf Basis computergestützter Materialrechnungen [1]. Doch erst vor zwei Jahren gelang der Gruppe von Harold Hwang in Stanford der experimentelle Nachweis [2]: In Nd0,8Sr0,2NiO2 verschwindet der elektrische Widerstand unterhalb einer Sprungtemperatur Tc = 14,9 K (Abb. 1a), und Supraleitung tritt auf. Die Nickelate bilden dabei ähnlich wie Cuprate (Seltenerd-Kupferoxide) eine Kristallstruktur mit zweidimensionalen NiO2-Schichten, die durch Neodym-Atome voneinander getrennt sind (Abb. 1b). Die schwierige und aufwändige Synthese sorgte dafür, dass es ein Jahr dauerte, bis eine andere Arbeitsgruppe diese Entdeckung bestätigen konnte [3].
Die Geschichte der Hochtemperatur-Supraleitung lässt sich – ähnlich wie die Menschheitsgeschichte – in Zeitalter einteilen (Abb. 2), da die Entdeckung einer neuen Materialklasse immer wieder große experimentelle und theoretische Anstrengungen auslöst. Elementares Quecksilber, der erste von Heike Kamerlingh Onnes entdeckte Supraleiter, und weitere konventionelle Supraleiter wie Blei stehen dabei für die „Vorzeit“. Die Cuprate als erste Hochtemperatur-Supraleiter wurden 1986 völlig überraschend von Georg Bednorz und Alex Müller entdeckt. Nach dieser Kupferzeit (Cuprate) folgte die Eisenzeit (Eisenpniktide) und nun als jüngstes Zeitalter die Nickelzeit (Nickelate). Im Gegensatz zur Menschheitsgeschichte überlappen diese Zeitalter bei den Supraleitern: In Forschung und Anwendung spielen konventionelle Supraleiter aus der Vorzeit, wie NbTi, und die Cuprate nach wie vor eine tragende Rolle. Insbesondere kommen sie zum Einsatz, um starke Magnetfelder in der Medizin, für Teilchenbeschleuniger oder bei der Fusionsforschung zu erzeugen. Weitere Anwendungen reichen vom SQUID-Magnetometer über Filter im Mobilfunk bis zu Fehlerstrombegrenzern. (...)
Zwei Forschergruppen ist es erstmals gelungen, Supraleitung nahe Raumtemperatur zu beobachten – allerdings unter sehr hohem Druck.
Der Nachweis von Supraleitung in Wismut stellt die Theorie vor neue Herausforderungen.
In vielen Materialien findet sich Supraleitung bei ungewöhnlich hohen Temperaturen,wenn man sie extrem hohen Drücken aussetzt.
Supraleitung verbindet man mit sehr niedrigen Temperaturen, weil selbst Hochtemperatursupraleiter in der Regel flüssigen Stickstoff zur Kühlung benötigen. Oft lässt sich aber die Sprungtemperatur, unterhalb derer Supraleitung auftritt, mittels Druck erhöhen. Wenn beispielsweise auf Schwefelwasserstoff zwei Millionen Atmosphären einwirken, ist Supraleitung schon bei antarktischen Zimmertemperaturen möglich.
Supraleitung verbindet man mit sehr niedrigen Temperaturen, weil selbst Hochtemperatursupraleiter in der Regel flüssigen Stickstoff zur Kühlung benötigen. Oft lässt sich aber die Sprungtemperatur, unterhalb derer Supraleitung auftritt, mittels Druck erhöhen. Wenn beispielsweise auf Schwefelwasserstoff zwei Millionen Atmosphären einwirken, ist Supraleitung schon bei antarktischen Zimmertemperaturen möglich...
Die Higgs-Mode im „Mexican Hat“-Potential der freien Energie erklärt auch kollektive Anregungen der Supraleitung.
Supraleitung weist viele Analogien zur Hochenergiephysik auf. Auch die Idee, für die Peter Higgs und François Englert 2013 den Physik-Nobelpreis erhielten, hat ihren Ursprung in der Festkörperphysik. In einem „Mexican Hat“-Potential gibt es eine elementare Anregung entlang des Radius der Hutkrempe: die massebehaftete Higgs-Mode. Neue Experimente an Supraleitern erlauben es, die Higgs-Mode direkt zu beobachten, sowohl im Gleichgewicht als auch im Nicht-Gleichgewicht, nachdem der Supraleiter mit einem kurzen Laserpuls angeregt wurde.
Im Jahr 1911 beobachtete Heike Kamerlingh Onnes, dass der Widerstand von Quecksilber unterhalb der Sprungtemperatur von Tc = 4,2 K verschwindet, und entdeckte damit das Phänomen der Supraleitung. Um Supraleitung zu verstehen, ist allerdings der damit verknüpfte, perfekte Diamagnetismus wichtiger. Zwanzig Jahre später gelang es Walther Meißner und Robert Ochsenfeld, dieses Phänomen nachzuweisen, das zum Meißner-Ochsenfeld-Effekt führt: Magnetfelder dringen nur exponentiell gedämpft in den Supraleiter ein, falls seine Temperatur unterhalb von Tc liegt. Die klassische London-Theorie beschreibt beide Phänomene. Manche Experimente sind aber nur mittels quantenmechanischer Modelle zu erklären.
Die Theorie von Bardeen, Cooper und Schrieffer erklärte 1957 alle Beobachtungen, die bis dahin an Supraleitern vorlagen. Der Meißner-Ochsenfeld-Effekt beruht demnach auf einem neuen Quantenzustand, bei dem alle Elektronen die gleiche Energie und den gleichen Wellenvektor besitzen. Aufgrund des Pauli-Prinzips ist dies nur für Bosonen möglich, sodass sich jeweils zwei Elektronen zu Cooper-Paaren zusammenschließen müssen. Die BCS-Theorie sagt voraus, dass sich in der Zustandsdichte unterhalb Tc eine Ener-gielücke bildet, die gerade dem Doppelten des Ordnungsparameters der Supraleitung entspricht (Abb. 1): Anregungen im Intervall [–, ] sind „verboten“. Um Elektronen im Supraleiter anzuregen, muss man diese Energielücke überwinden, die für einen BCS-Supraleiter 2 = 3,53 kBTc beträgt. Bei einem Supraleiter mit Tc = 12 K ist dies mit elektromagnetischer Strahlung der Frequenz 1 THz bzw. der Wellenzahl 30 cm–1 möglich. Daher eignet sich die Terahertz-Spektroskopie dazu, die Dynamik der Elektronen im Supraleiter zu untersuchen. ...
In Schwefelwasserstoff tritt bei 203 K und 190 GPa konventionelle Supraleitung auf.
Starke Evidenzen sprechen dafür, dass die vor über 50 Jahren vorhergesagte FFLO-Supraleitung in starken Magnetfeldern tatsächlich auftritt.
Hohe Magnetfelder und Supraleitung vertragen sich üblicherweise nicht: Das Magnetfeld favorisiert parallel ausgerichtete Elektronenspins, während die Supraleitung Cooper-Paare mit antiparallelen Spins voraussetzt. Daher sollte bei ausreichend großen Feldern die Supraleitung zusammenbrechen. Wie Fulde und Ferrell sowie Larkin und Ovchinnikov bereits 1964 vorhergesagt haben, können räumlich getrennte supraleitende sowie magnetisch geordnete Bereiche aber auch bei noch höheren Magnetfeldern koexistieren.
In sehr vielen Metallen tritt bei tiefen Temperaturen das Phänomen der Supraleitung auf. Dabei fließt ein elektrischer Strom verlustfrei, wie Heike Kamerlingh Onnes 1911 an Quecksilber entdeckte. Erst 1957 gelang es jedoch John Bardeen, Leon Cooper und Robert Schrieffer, das Auftreten von Supraleitung mikroskopisch zu erklären. Im Rahmen der nach ihnen benannten BCS-Theorie führt eine beliebig kleine attraktive Wechselwirkung zwischen zwei Elektronen im Festkörper zur Bildung von Cooper-Paaren. Dabei wird die Gesamtenergie des elektronischen Systems im Festkörper abgesenkt, und Anregungen sind nur über eine Energielücke hinweg möglich. Die Größe dieser Energielücke bzw. auch die Dichte der Cooper-Paare sind ein Maß für die Stabilität des supraleitenden Zustands.
Magnetfelder unterdrücken die Supraleitung. Diese Beobachtung erwähnte Kamerlingh Onnes bereits 1913 auf dem „Third International Congress on Refrigeration“ in Chicago. Die prinzipielle Unverträglichkeit von Supraleitung und Magnetismus begrenzt bis heute die Anwendung von Supraleitung, um z. B. hohe Magnetfelder zu erzeugen. Allerdings sind inzwischen kritische Felder von weit über 100 Tesla möglich – eine enorme Steigerung gegenüber dem von Kamerlingh Onnes berichteten Wert von 0,05 Tesla. Diese hohen kritischen Felder treten in Materialien auf, in denen Supraleitung und Magnetismus einen Kompromiss eingehen und so in einem gewissen Bereich von Temperatur und Magnetfeld koexistieren. Charakteristisch für diese Kompromisszustände ist, dass die Supraleitung, genauer die Cooper-Paar-Dichte, inhomogen ist und in gewissen Bereichen auch verschwinden kann. Grob gesagt wird ein Teil des supraleitenden Volumens geopfert, um den supraleitenden Zustand zu erhalten. Ein typisches Beispiel dafür ist die Shubnikov-Phase, die sich in Typ-II-Supraleitern oberhalb eines unteren kritischen Feldes ausbildet. Charakteristisch für diese Phase sind periodisch angeordnete Flussschläuche mit normal leitenden Kernen, in die das Magnetfeld eindringt. Dabei entsteht ein Flussliniengitter, dessen Gitterkonstante von der Temperatur und vom Magnetfeld abhängt und das Experimente eindrucksvoll nachgewiesen haben.
Die nichtlineare optische Anregung von Gitterschwingungen erlaubt es, die Sprungtemperatur von Hochtemperatur-Supraleitern kurzzeitig zu erhöhen.
Die Entdeckung der Supraleitung und die wechselvolle Geschichte ihrer Erklärung
Mit der Entdeckung der Supraleitung 1911 setzte ein jahrzehntelanges Rätselraten um ihren Ursprung ein. Viele berühmte Physiker versuchten sich lange Zeit erfolglos an einer theoretischen Erklärung. Dennoch trugen die vielfältigen Ansätze dazu oft Früchte in anderen Gebieten der Physik. Schließlich gelang es Bardeen, Cooper und Schrieffer im Jahr 1957, eine mikroskopische Theorie der Supraleitung zu liefern.
Die Entdeckung der Supraleitung durch Heike Kamerlingh Onnes im Jahre 1911 entsprang einem ambitionierten Forschungsprogramm, dem sich Onnes Zeit seines Lebens widmete und in dem er auf einzigartige Weise industrielle Standards in der Grundlagenforschung umsetzte [1]. Der erste große Erfolg dieser frühen Großforschung war die Verflüssigung von Helium im Jahre 1908 [2]. Sie machte der im 19. Jahrhundert entwickelten Vorstellung der Existenz nicht-verflüssigbarer Permanentgase den endgültigen Garaus. Noch bis 1923 war das Leidener Tieftemperaturlabor weltweit der einzige Ort, an dem Helium verflüssigt werden konnte [3, 4].
Onnes erkannte, dass viele der damals neuen Erkenntnisse der Physik „Messungen bei niedrigen Temperaturen zu einem Gegenstand höchsten Interesses bei Physikern“ machten ([5], S. 308). Dazu zählten nicht zuletzt Walther Nernsts Wärmesatz von 1905, der später leicht abgeändert zum dritten Hauptsatz der Thermodynamik wurde, Max Plancks Quantentheorie von 1900 und Plancks „zweite Quantentheorie“, die das Konzept der Nullpunktsenergie umfasste ([6], S. 246). Onnes hoffte, die damit verbundenen lebhaften Debatten durch Tieftemperaturexperimente mitzuentscheiden. Sein Forschungsprogramm wurzelte zwar tief in der Chemie und Thermodynamik des 19. Jahrhunderts, wandte sich jedoch bewusst den drängenden Fragen der modernen Physik zu. ...
Was als wissenschaftliche Kuriosität begann, hat sich inzwischen zu einem Milliardenmarkt entwickelt, der dank der Hochtemperatur-Supraleiter weiter wächst.
Obwohl heute zigtausende supraleitende Verbindungen bekannt sind, haben nur einige wenige eine kommerzielle Bedeutung. Neben zwei Nioblegierungen gehören dazu in zunehmendem Maße auch Vertreter der vor 25 Jahren entdeckten Kuprat-Supraleiter, deren Durchbruch in der Energietechnik sich abzeichnet. Bevor damit aber wirklich Geld verdient wird, müssen die daraus hergestellten Drähte noch deutlich billiger werden. Angesichts der notwendigen Kältetechnik wird es aber auch dann keinen supraleitenden Staubsauger im Haushalt geben.
"Da Zinn und Blei einfach zu verarbeitende Metalle sind, können wir nun alle Arten von elektrischen Experimenten mit widerstandslosen Apparaten in Betracht ziehen.“ Als Heike Kamerlingh Onnes 1913 diese Zeilen schrieb, waren erst wenige Monate vergangen, seit er entdeckt hatte, dass neben Quecksilber auch Zinn und Blei die erstaunliche Eigenschaft aufweisen, supraleitend zu werden. Angesichts des wenige Jahre zuvor erwachten Interesses an Experimenten in starken Magnetfeldern – der Zeeman-Effekt war seit 1896 bekannt – sinnierte Kamerlingh Onnes über eine Magnetspule mit supraleitendem Draht für ein Feld von 10 Tesla und machte Experimente mit Spulen, deren Windungen er mit Seide isolierte und in flüssigem Helium kühlte. Zu seinem Erstaunen stellte er allerdings fest, dass eine Spule aus Bleidraht bereits bei einem viel geringeren Strom normalleitend wurde als ein gerades Drahtstück. Kamerlingh Onnes führte dies auf „schlechte Stellen“ im Draht zurück und zeigte sich überzeugt, dass schon bald supraleitende Spulen viel höhere Magnetfelder ermöglichen würden als konventionelle Kupferspulen. Damit lag er weit daneben, denn entgegen seinen Erwartungen stehen Anwendungen der Supraleitung grundsätzliche Einschränkungen im Weg, da nicht nur eine zu hohe Temperatur dem supraleitenden Zustand den Garaus macht, sondern auch eine zu hohe Stromstärke und ein zu starkes Magnetfeld – wobei diese drei kritischen Größen in komplizierter Weise miteinander zusammenhängen. Da fast alle Elementsupraleiter wie Blei, Zinn oder Aluminium kritische Magnetfelder von wenigen Millitesla aufweisen, sind sie für elektrische Anwendungen denkbar ungeeignet. Im Gegensatz zu diesen sog. Typ-I-Supraleitern kann ein Magnetfeld in die 1936 von dem sowjetischen Physiker Lev Shubnikov und seinen Mitarbeitern entdeckten Typ-II-Supraleitern sukzessive eindringen, mit dem Ergebnis, dass die Supraleitung erst bei sehr viel höheren Magnetfeldern zusammenbricht.1) Fünfzig Jahre nach der Entdeckung der Supraleitung gelang es dann 1961 Physikern bei den Bell Labs in den USA zu zeigen, dass Nb3Sn-Draht auch in einem Magnetfeld von mehreren Tesla supraleitend bleibt, und ein Jahr später baute Martin Wood, der Gründer von Oxford Instruments, den ersten supraleitenden Magneten. ...
So unterschiedliche Supraleiter wie Kuprate, Schwer-Fermionen-Systeme, organische Supraleiter oder Eisenpniktide weisen überraschende Gemeinsamkeiten auf.
Zufallsfunden ist es ebenso wie der systematischen Suche zu verdanken, dass der „Zoo“ der supraleitenden Materialien heute eine Vielzahl verschiedener Klassen umfasst. Konzeptionell besonders interessant sind die unkonventionellen Supraleiter, in denen Supraleitung und Magnetismus in einem komplexen Wechselspiel stehen. Da in diesen Substanzen rein elektronische Mechanismen für die Cooper-Paarung wahrscheinlich sind, gibt es prinzipiell keinen Grund, der Supraleitung bei Zimmertemperatur ausschließt.
Bereits kurz nach der Entdeckung von Supraleitung in Quecksilber zeigte sich, dass dieses Phänomen auch in anderen Metallen wie Blei, Zinn, Tantal oder Niob auftritt. Obwohl sich die führenden Physiker des letzten Jahrhunderts auf die Suche nach einer Erklärung machten [1], sollte es 46 Jahre dauern, bis es John Bardeen, Leon Cooper und John Schrieffer 1957 gelang, die damals bekannten Supraleiter zu verstehen und zahlreiche Vorhersagen für neue Experimente zu machen. Bereits zwei Jahre zuvor hatten David Pines und John Bardeen gezeigt, wie die Kopplung zwischen Elektronen und Gitterschwingungen (Phononen) zu einer effektiven Anziehung zwischen den Elektronen führen kann – trotz der starken Coulomb-Abstoßung zwischen ihnen. Streuprozesse zwischen Elektronen und den Kristallionen lenken demnach die Ionen aus und deformieren damit die positive Ladungsverteilung. Wegen des großen Massenunterschieds zwischen Ionen und Elektronen besteht diese induzierte positive Ladung deutlich über die Verweildauer der Elektronen hinaus. Sie kann daher ein zweites Elektron anziehen und somit eine verzögerte Anziehung zwischen Elektronen bewirken. Aufgrund dieser Wechselwirkung entstehen Elektronenpaare, die Cooper-Paare, und der normalleitende Zustand wird instabil (Infokasten „Cooper-Instabilität und BCS-Theorie“). Dies führt schließlich zum supraleitenden Zustand mit Flussquantisierung, Meißner-Ochsenfeld-Effekt und Dauerströmen. ...
Vor fünfzig Jahren gelang der Nachweis der Flussquantisierung in Supraleitern.
Die Entdeckung der Flussquantisierung gilt selbst in einem Gebiet wie der Supraleitung, das so reich an Überraschungen ist, als herausragendes Ereignis, mit weitreichender Bedeutung für Anwendungen und andere Gebiete der Physik. Erstaunlicherweise haben zwei Arbeitsgruppen diese wichtige Entdeckung fast zeitgleich und ohne Kenntnis voneinander gemacht.
Die entscheidende Zutat der mikroskopischen Erklärung der Supraleitung durch John Bardeen, Leon Cooper und Robert Schrieffer aus dem Jahre 1957 ist die Paarhypothese [1]. Im supraleitenden Zustand bilden sich demnach Elektronenpaare. Diese Quasibosonen haben die doppelte Elementarladung, also q=k e mit k=2. Da allerdings auch die Masse und die Dichte der Quasibosonen mit k skalieren, kürzt sich dieser Faktor in vielen physikalischen Größen wie der Londonschen Eindringtiefe heraus und lässt sich somit nicht messen. Anders ist dies jedoch bei der Quantisierung des magnetischen Flusses, Φ=n Φ0 (n=0, ±1, ±2,...). Bei der Größe Φ0=h/ke kürzt sich der Faktor k gerade nicht heraus. Die Bestimmung von Φ0 zu h/2e, also k=2, bot daher die Möglichkeit, die Paarhypothese der BCS-Theorie experimentell zu belegen.
Heute wissen wir, dass streng genommen nur das Fluxoid quantisiert ist und dies eine direkte Folge der makroskopischen Quantennatur des supraleitenden Grundzustands ist (Infokasten). Der magnetische Fluss ist dagegen nur in einigen Spezialfällen quantisiert wie in den beiden entscheidenden Experimenten mit supraleitenden Hohlzylindern aus dem Jahre 1961 [2, 3], die wir im Folgenden vorstellen möchten. Dass von der Entdeckung der Supraleitung durch Kamerlingh Onnes [4] bis zum Nachweis der Flussquantisierung fünfzig Jahre vergehen mussten, resultiert sowohl aus dem über viele Jahrzehnte mangelnden theoretischen Verständnis der Supraleitung als auch den großen experimentellen Herausforderungen. ...
Bereits vor 75 Jahren entdeckte Lew Wassiljewitsch Schubnikow die Typ-II-Supraleitung.
Die Geschichte der Typ-II-Supraleitung und ihres Entdeckers Lew Wassiljewitsch Schubnikow ist eine tragische Episode der Physik. Sie gewährt nicht nur Einblicke in die Geschichte der Supraleitung, sondern auch in die politische und wissenschaftliche Kultur der Sowjetunion in den späten 1930er-Jahren.
Bereits rasch nach ihrer Entdeckung beschäftigten sich einige der besten Köpfe unter den Physikern mit der Supraleitung. Dennoch entwickelte sich ein echtes Verständnis nur äußerst langsam. Versuche, die von Kamerlingh Onnes entdeckten Elementsupraleiter zu legieren, begannen in den späten 1920er-Jahren unter seinem Nachfolger Wander Johannes de Haas. Bekannt war, dass reine Metalle ihre Supraleitfähigkeit bei einem wohldefinierten, kritischen Feld Hc verlieren, wobei sich dieser Übergang sowohl in der Wiederherstellung des Widerstandes als auch in dem Verlust des perfekten Diamagnetismus äußert. Doch die Experimente von de Haas und anderen zeigten, dass supraleitende Legierungen ein „unordentliches“ Verhalten an den Tag legen: So verschwindet der Diamagnetismus bereits bei deutlich schwächeren Feldern, als sie zur Wiederherstellung der normalen Leitfähigkeit erforderlich sind. Da die meisten Legierungen damals weder homogen noch thermisch behandelt waren, führte man die Ausdehnung des widerstandslosen supraleitenden Zustandes hin zu Feldern von ein paar hundert Millitesla (mT), also zwei bis drei Mal so hoch wie Hc in reinen Metallen, meist auf kleine filamentartige Inhomogenitäten zurück, mit Ausdehnungen deutlich unter der Eindringtiefe im Supraleiter λ. Aus diesen Vorstellungen entstand schrittweise die „Mendelssohn-Schwamm“-Hypothese, welche davon ausging, dass aufgrund inhomogener Zusammensetzung, Struktur oder innerer Spannungen dünne vielfach verbundene Strompfade entstanden, welche die Supraleitung bei Feldern oberhalb Hc aufrecht erhielten [1]. Diese Hypothese erhielt durch die 1935 entwickelten Modelle von Gorter [2] und London [3] weitere Unterstützung und blieb für 25 Jahre unangefochten, bevor in den 1960er-Jahren gezeigt wurde, dass sie falsch ist. ...
Die Grenzfläche zwischen zwei isolierenden Oxiden lässt sich mit einem elektrischen Feld zwischen dem supraleitenden und dem isolierenden Zustand hin- und herschalten.
In einer Eisen-Arsenid-Verbindung wurde Supraleitung bei über 50 Kelvin gefunden.
Im Dezember 1957 erschien in der Zeitschrift Physical Review eine Veröffentlichung mit dem Titel „Theory of Superconductivity". Auf 30 Seiten enthielt diese Arbeit eine umfassende mikroskopische Theorie der „Supraleitung" − der bekannten Eigenschaft vieler Metalle, den elektrischen Strom verlustfrei zu leiten [1]. Den Autoren dieses Artikels, John Bardeen, Leon Cooper und Robert Schrieffer, später mit dem Kürzel BCS zusammengefasst, gelang es damit, ein Phänomen zu erklären, das jahrzehntelang ein Rätsel geblieben war.
An supraleitenden Teilchenbeschleunigern wurden in den letzten Jahren wichtige Durchbrüche der Teilchenphysik erzielt wie z. B. die Entdeckung des top-Quarks. Auch bei dem im Bau befindlichen Large Hadron Collider am CERN oder dem geplanten International Linear Collider setzt man auf die Supraleitung. Die Anforderungen an die supraleitenden Materialien unterscheiden sich sehr stark, je nachdem ob sie für Magnete zur Ablenkung und Fokussierung der Teilchenstrahlen oder für Hochfrequenzresonatoren zur Beschleunigung der Teilchen eingesetzt werden sollen.
Schwere-Fermionen-Metalle enthalten Ladungsträger, die aus dominanten lokalen f-Elektronen- und delokalisierten Leitungselektronen-Anteilen zusammengesetzt sind. In einer wachsenden Zahl solcher Materialien bilden diese ''Schweren Fermionen'' anisotrope Cooper-Paare, Träger unkonventioneller Supraleitung. Im Falle von Ce-Verbindungen existiert die Supraleitung häufig nur in unmittelbarer Umgebung eines quantenkritischen Punktes, der nach heutigem Kenntnisstand vom itineranten (Spin-Dichte-Wellen-) Typ ist. In der Nähe eines erst kürzlich entdeckten lokalen quantenkritischen Punktes, an welchem die zusammengesetzten Ladungsträger auseinander zu brechen scheinen, wurde bislang keine Supraleitung beobachtet.
Bei den konventionellen Supraleitern, wie sie seit 90 Jahren bekannt sind, spielt die Kopplung der Elektronen an die Schwingungsanregungen des Festkörpergitters eine entscheidende Rolle. Aber eine Frage beschäftigt nicht erst seit der Entdeckung der Hochtemperatur-Supraleiter all diejenigen, die sich mit den Ursachen der Supraleitung befassen: Gibt es noch andere, nicht mit den Gitterschwingungen assoziierte Kopplungsmechanismen? Seit kurzem lässt sich diese Frage mit ''Ja'' beantworten. Interessanterweise ist dieser Nachweis bei der Verbindung UPd2Al3 gelungen, die eher am unteren Ende der Temperaturskala, bei Tc = 2K, Supraleitung zeigt. Diese Verbindung gehört zur Klasse der Schwere-Fermionen-Systeme, in der Koexistenz von Supraleitung und Antiferromagnetismus beobachtet wird. Vieles spricht dafür, dass der Mechanimus, der die Supraleitung induziert, auf einer besonderen Art der magnetischen Wechselwirkung basiert: dem Austausch eines magnetischen Exzitons.
Im Frühjahr 1986 reichten Georg Bednorz und Alex Müller ein Manuskript bei der Zeitschrift für Physik ein, in dem sie noch zurückhaltend über ihre Entdeckung eines Übergangs in den supraleitenden Zustand in (La,Ba)2CuO4 bei etwa 35 Kelvin (-238°C) berichteten, eine Steigerung von 50 % über die bis dahin höchste bekannte Übergangstemperatur [1]. Die Veröffentlichung erschien im Septemberheft 1986. Noch gab es Zweifel und wenig Aufregung. Aber als gegen Ende 1986 die Supraleitung in diesen Proben durch die Beobachtung des nur in Supraleitern auftretenden Meissner-Effekts eindeutig nachgewiesen wurde und im Januar 1987 Meldungen von Supraleitung bei ca. 90 Kelvin in YBa2Cu307 erschienen - jetzt schon nicht mehr in physikalischen Journalen, sondern in Tageszeitungen -, setzte weltweit ein beispielloser "Forschungsrausch" zur Hochtemperatur-Supraleitung ein, der die Festkörper- und Materialforschung nachhaltig beeinflusst hat und bis heute beeinflusst.
Auf dem Portal 'Welt der Physik" gibt es eine Themenseite zur Supraleitung