08.01.2025

Annäherung an ein schwarzes Loch und seine Jets

Zwei Teleskop-Netzwerke zoomen in das Zentrum der Galaxie NGC 1052.

Nachdem das bahnbrechende Event Horizon Telescope und das Global mm-VLBI Array die ersten Bilder von schwarzen Löchern in den Zentren von Galaxien aufgenommen haben, sind sie auf dem besten Weg zu zeigen, wie schwarze Löcher energiereiche Jets ins All schleudern. Ein Forscherteam unter der Leitung von Wissenschaftlern des Onsala Space Observatory, der Uni Würzburg und des MPI für Radioastronomie konnte jetzt darstellen, wie mit dem Event Horizon Telescope detaillierte Bilder eines supermassereichen schwarzen Lochs und seiner Jets in der Galaxie NGC 1052 möglich werden. Die Messungen, die mit den beiden Netzwerken von Radioteleskopen durchgeführt wurden, bestätigen auch starke Magnetfelder in unmittelbarer Nachbarschaft des zentralen Schwarzen Lochs.

Abb.: Wie emittieren schwarze Löcher ihre gewaltigen Jets? Künstlerische...
Abb.: Wie emittieren schwarze Löcher ihre gewaltigen Jets? Künstlerische Darstellung des Zentrums der Galaxie NGC 1052, die durch Gas- und Staubschichten hindurch das supermassereiche schwarze Loch beinahe sichtbar macht. Neue Messungen zeigen, dass die endgültige Abbildung des schwarzen Lochs – und damit der Ursprung seiner Jets – in der Reichweite des Event Horizon Telescope liegen.
Quelle: Chalmers UoT / 3dVision / J. Bournonville / A.-K. Baczko

Wie schleudern supermassereiche schwarze Löcher galaxiengroße Ströme hochenergetischer Teilchen – Jets genannt – mit nahezu Lichtgeschwindigkeit ins All? Wissenschaftler haben einen wichtigen Schritt zur Beantwortung dieser Frage unternommen, indem sie das Zentrum der Galaxie NGC 1052 in einer Entfernung von sechzig Millionen Lichtjahren von der Erde in Richtung des Sternbilds Cetus genau vermessen haben.

Das Forscherteam führte koordinierte Messungen mit mehreren Radioteleskopen durch, die neue Einblicke in die Funktionsweise einer Galaxie und ihres supermassereichen schwarzen Lochs im Zentrum ermöglichten.  Dazu nutzten sie zwei weltumspannende Netzwerke von Radioteleskopen, das Event Horizon Telescope EHT bei 1,3 Millimeter und das Global mm-VLBI Array GMVA bei 3,5 Millimeter Wellenlänge.  Die Technik, die diese Teleskope miteinander verbindet, heißt Very-Long-Baseline-Interferometrie VLBI.

„Das Zentrum der Galaxie NGC 1052 ist ein vielversprechendes Ziel für die Beobachtung mit dem Event Horizon Telescope, aber es ist auch eine schwache Radioquelle und damit komplex und schwieriger als alle anderen Quellen, die wir bisher untersucht haben“, sagt Anne-Kathrin Baczko vom Onsala Space Observatory in Schweden und dem MPI für Radioastronomie.

Die Studie ist der vorläufige Höhepunkt eines vor über acht Jahren gestarteten Forschungsprojekts, das ursprünglich an der Uni Würzburg von Matthias Kadler in Zusammenarbeit mit Eduardo Ros vom MPI für Radioastronomie konzipiert und dann während der Doktorarbeit von Baczko am MPIfR unter ihrer gemeinsamen Betreuung fortgesetzt wurde.

Die Galaxie NGC 1052 beherbergt ein supermassereiches schwarzes Loch von etwa 150 Millionen Sonnenmassen. Es ist die Quelle zweier starker Jets, die sich in entgegengesetzter Richtung Tausende von Lichtjahren durch den Weltraum ausdehnen.

„Wir wollen nicht nur das schwarze Loch selbst und seine unmittelbare Umgebung untersuchen, sondern auch den Ursprung der Zwillingsjets, die von ihm ausgehen.  Wir haben die Gelegenheit genutzt, die GMVA und EHT bieten, um ein besonders wichtiges und zentrales Objekt an der Schnittstelle verschiedener Arten von aktiven Galaxien ins Visier zu nehmen“, sagt Eduardo Ros vom MPIfR, ein Mitglied des Forschungsteams.

Das Team führte die Messungen mit nur fünf Teleskopen des globalen EHT-Netzwerks durch, darunter das Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array ALMA in Chile in einer Konfiguration, die die bestmögliche Abschätzung seines Potenzials für künftige Beobachtungen ermöglicht. Das wurde ergänzt durch Messungen mit anderen Teleskopen, darunter dem GMVA.

„Bei einem so schwachen und unbekannten Zielobjekt waren wir nicht sicher, ob wir überhaupt Daten erhalten würden. Aber die Strategie ist aufgegangen, vor allem dank der Empfindlichkeit von ALMA und den ergänzenden Daten von vielen anderen Teleskopen“, sagt Baczko.

Die Wissenschaftler sind sich nun sicher, dass eine erfolgreiche Bildgebung in Zukunft möglich sein wird, und zwar dank zweier neuer Schlüsselinformationen. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Region um das schwarze Loch, in der sich die Zwillingsjets bilden, groß genug ist, um sie mit mm-VLBI-Beobachtungen abzubilden. Und sie leuchtet genau mit der richtigen Frequenz von Radiowellen, um die Stärken der nächsten Generation von VLBI Netzwerken auszuspielen", sagt Matthias Kadler von der Uni Würzburg.

Aus ihren Messungen haben die Wissenschaftler auch die Stärke des Magnetfelds in der Nähe des Ereignishorizonts des schwarzen Lochs abgeschätzt. Die Feldstärke von 2,6 Tesla ist etwa 40.000-mal stärker als das Magnetfeld der Erde. Das stimmt mit früheren Schätzungen für diese Galaxie überein.

„Dieses Magnetfeld ist so stark, dass es wahrscheinlich den Einfall von Materie in das schwarze Loch verhindern kann. Das wiederum kann helfen, die beiden Jets der Galaxie in Gang zu setzen“, sagt Christian Fromm, ebenfalls von der Uni Würzburg und Mitarbeiter am MPIfR.

Auch wenn die Quelle eine große Herausforderung darstellt, sieht die Zukunft vielversprechend aus, Die Radioastronomen bereiten sich auf noch größere Teleskopnetze vor, wie die neue Generation des Very Large Array ngVLA des NRAO und künftige 1,3-mm-Arrays mit neuen Antennen und verbesserter Ausrüstung.

Die neuen Messungen geben eine klarere Vorstellung davon, wie das innerste Zentrum der Galaxie bei verschiedenen Wellenlängen leuchtet. Das Spektrum der Zentralquelle ist bei Millimeterwellenlängen hell genug, um die schärfsten Bilder zu liefern. Bei Wellenlängen um 2,3 Millimeter ist es sogar noch heller, was es zu einem erstklassigen Ziel für die nächste Generation von Radioteleskopen macht.

„Dank Instrumenten wie dem EHT und dem GMVA machen wir nun bemerkenswerte Beobachtungen, die den großen Fortschritt in der Radioastronomie durch technologische Innovation und internationale Zusammenarbeit zeigen. Messungen an NGC 1052, die von der Magnetfeldstärke bis zur Umgebung von schwarzen Löchern reichen, liefern wertvolle Einblicke in die Prozesse der Jet-Bildung und Akkretion“, sagt Anton Zensus, Gründungsvorsitzender der EHT-Kollaboration und Direktor am MPIfR. „Mit neuen Teleskopen und der nächsten Generation von Netzwerken werden wir unser Verständnis dieser faszinierenden kosmischen Phänomene weiter vertiefen.“

MPIfR / RK

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