Biophotonik: Diagnose während Endoskopie
Neuartige Fasern für multimodale Bildgebung sollen das Erkennen von krankhaftem Gewebe unterstützen.
Viele Patienten kennen es, das oft quälende Warten auf den Befund nach einer Biopsie. Damit ihnen dies in Zukunft erspart bleibt, ist in Jena jetzt ein vom BMBF mit rund 2 Millionen Euro geförderter Forschungsverbund gestartet. Im Rahmen von „Fiber Health Probe“ werden Wissenschaftler des Institutes für Photonische Technologien (IPHT), der Universität Jena sowie des Universitätsklinikums Jena gemeinsam neue Konzepte für die medizinische Forschung und Diagnostik mit optischen Fasern entwickeln.
Abb.: Optimierte Faseroptiken sollen die Diagnose schon während der Endoskopie unterstützen. (Bild: IPHT)
Heute ist es noch nicht möglich, schnell und verletzungsfrei zu beurteilen, ob ein Gewebe krankhaft verändert ist. Man muss im Rahmen einer Endoskopie eine Probe entnehmen, diese schneiden und anfärben. Die an dem Projekt beteiligten Mediziner sind sich einig, dass es einen entscheidenden Vorteil bringen würde, wenn der Umweg über die Probennahme in Zukunft wegfiele. „Wenn der Arzt bereits während der Untersuchung entscheiden kann, ob und in welchem Stadium eine Erkrankung vorliegt, kann er früher mit der Behandlung beginnen“, sagt der Jenaer HNO-Spezialist Orlando Gunthinas-Lichius.
Das Kernstück der im Rahmen von „Fiber Health Probe“ zu erforschenden neuen Bildgebungsverfahren bilden optische Fasern. Denn um während der Endoskopie, zum Beispiel im Darm oder in Herzkranzgefäßen, eine spektroskopische Untersuchung vornehmen zu können, muss zunächst Licht einer bestimmten Wellenlänge direkt ins Körperinnere gebracht werden. Dieses erzeugt dann ein spezifisches Signal, das zur Auswertung wieder aus dem Körper herausgeleitet wird. „Damit wir das eine optische Signal zum Gewebe hin und das andere wieder zurück störungsfrei in ein und derselben Fasersonde führen können, brauchen wir maßgeschneiderte Faserkonzepte“, betont IPHT-Direktor Jürgen Popp. Für deren Erforschung kann das Jenaer Institut auf umfangreiche Spezialkenntnisse und eine weltweit nahezu einmalige technologische Ausstattung von der Materialkunde über alle Stufen des Faserherstellungsprozesses bis zur Charakterisierung zurückgreifen.
Mitarbeiter des Instituts für Physikalische Chemie (IPC) der Universität Jena untersuchen, welche optischen Fasern sich für welches Gewebe eignen und wie man die erhaltenen Signale optimal auswerten kann. „In der Speiseröhre beziehungsweise im Darm müssen unter Umständen andere Laserwellenlängen für unsere multimodale Bildgebung eingesetzt werden als im Gehirn, was wiederum einen direkten Einfluss auf die zu verwendenden Fasern hat“, so Popp. Die Erforschung der Verbindung von Spektroskopie und Bildgebung mit maßgeschneiderten Faserkonzepten stelle auf jeden Fall spannendes wissenschaftliches Neuland dar, so der Physikochemiker.
Zunächst erforschen die Jenaer Wissenschaftler mit Andreas Stallmach und Rolf Kalff vom Universitätsklinikum Jena das neue Verfahren an Darmkrebs beziehungsweise Gehirntumoren. Bei Tumoren im Kopf-Hals-Bereich arbeiten sie eng mit Orlando Gunthinas-Lichius zusammen und gemeinsam mit Stefan Lorkowski vom Institut für Ernährungswissenschaften und dem Kardiologen Bernhard Brehm untersuchen sie den Einsatz der neuartigen Fasersonden am Beispiel der Arteriosklerose. „Grundsätzlich ist die Methode aber auf jede endoskopisch zugängliche Krankheit anwendbar“, erläutert Popp. Und obwohl es sich bei dem Projekt zunächst um reine Grundlagenforschung handelt, hoffen er und seine Kollegen dazu beitragen zu können, dass in Zukunft viele Patienten ohne lange Wartezeiten ihren Befund und eine gezielte Behandlung bekommen.
IPHT / DE