Blasenbildung im All
Supermassereiches Schwarzes Loch erzeugt Plasmablase – mit Radioteleskop erstmals in hoher Qualität vermessen.
Ganz wie in einer Symbiose, stehen das Leben einer Galaxie und die Entwicklung ihres supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum in enger Beziehung. Die Details geben den Astronomen aber immer noch viele Rätsel auf. Einige Schwarze Löcher verschlucken aktiv Materie. Überraschenderweise verschwindet nicht die gesamte Materie, die ein Schwarzes Loch schluckt, auf Nimmerwiedersehen; ein Bruchteil der Teilchen entkommt diesem Schicksal. Die ausgestoßene Materie bildet einen heißen Plasmastrahl und verlässt die Heimatgalaxie des Schwarzen Lochs mit nahezu Lichtgeschwindigkeit. Das Plasma wird allmählich abgebremst und erzeugt dabei eine große und extrem dünne Blase, die neben der gesamten Galaxie auch ihre Umgebung umfasst.
Abb.: Diese Falschfarbenaufnahme zeigt die Galaxie M87. Optisches Licht ist in weiß/blau dargestellt (SDSS), die Radiostrahlung in gelb/orange (LOFAR). Im Zentrum befindet sich der Plasmastrahl, der vom supermassereichen Schwarzen Loch angetrieben wird. (Bild: F. de Gasperin, LOFAR)
Für optische Teleskope ist diese Plasmablase unsichtbar, bei niedrigen Radiofrequenzen ist sie allerdings sehr markant, wie jüngste Beobachtungen mit dem LOFAR-Radioteleskop gezeigt haben. Ein internationales Team von Astronomen unter Leitung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik hat mit LOFAR im Frequenzbereich von 20 bis 160 Megahertz eines der bisher besten Bilder einer derartigen riesigen Blasen aufgenommen.
Das Bild wurde während der Testphase von LOFAR aufgenommen und zeigt die riesige elliptische Galaxie, Messier 87 (M87), in der Mitte eines Galaxienhaufens im Sternbild Jungfrau. Diese Galaxie ist 2000 Mal massereicher als unsere Milchstraße und beherbergt in ihrem Innern eines der massereichsten Schwarzen Löcher, die bisher entdeckt wurden. Dieses besitzt 6 Milliarden Mal mehr Masse als unsere Sonne und ist weit davon entfernt, ein ruhiges Leben zu führen. Alle paar Minuten verschlingt dieses Schwarze Loch eine Materiemenge äquivalent zur Größe der Erde, wobei ein Teil davon in Strahlung und ein größerer Teil in Jets mit ultra-schnellen Teilchen umgewandelt wird, die für die beobachtete Radiostrahlung verantwortlich sind.
„Es ist das erste Mal, dass qualitativ derart hochwertige Bilder bei solch niedrigen Frequenzen möglich sind“, sagt Heino Falcke von der Radboud University, Nijmegen, und dem MPIfR in Bonn, Vorsitzender des Vorstandes des ILT und Co-Autor der Studie. „Diese Region ist eine der schwierigsten am Himmel für eine Radioteleskop - wir hatten nicht erwartet, schon so früh nach der Inbetriebnahme von LOFAR so hochwertige Ergebnisse zu bekommen.“
Abb.: Die LOFAR-Antennenstation bei Unterweilenbach wird vom MPA betrieben. Sie ist eine der 6 Stationen in Deutschland und 40 Stationen in den Niederlanden, die im Verbund den bisher weitgehend unerforschten Frequenzbereich zwischen etwa 10 und 240 MHz erkunden. (Bild: R. Hassfurter/MPA)
Um das Alter der Blase zu bestimmen, nutzten die Autoren auch Radiobeobachtungen bei anderen Frequenzen vom Very Large Array in New Mexico und dem 100 Meter-Radioteleskop in Effelsberg bei Bonn. Das Team fand heraus, dass die durch Plasmastrahlen entstandenen Blasen überraschend jung sind; ihr Alter von nur etwa 40 Millionen Jahren ist auf kosmischen Zeitskalen nur ein Augenblick. Die Beobachtungen bei kleinen Frequenzen zeigen keine Emissionen außerhalb der recht scharf abgegrenzten Blase, dies bedeutet, dass die Blase kein Relikt von Aktivitäten aus ferner Vorzeit ist sondern ständig mit frischen Teilchen gefüllt wird, die vom Schwarzen Loch ausgestoßen werden.
„Besonders faszinierend dabei ist, dass diese Ergebnisse uns viel über die gewaltigen Prozesse zur Materie-Energie-Umwandlung verraten, die sehr nahe an einem Schwarzen Loch stattfinden“, sagt Andrea Merloni vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching, der de Gasperin bei seiner Promotion betreut. „In diesem speziellen Fall scheint das schwarze Loch sehr viel effizienter dabei zu sein, den Plasmastrahl zu beschleunigen als sichtbare Strahlung zu erzeugen.“
MPIA / PH