12.02.2015

Das dunkle Herz der Milchstraße

Erstmals dunkle Materie auch im Zentrum unserer Galaxie nachgewiesen.

Die allgegenwärtige Präsenz der dunklen Materie im Universum ist heute ein zentraler Grundsatz der modernen Kosmologie und Astrophysik. In verschiedenen Galaxien wurde ihre Existenz seit den 1970er Jahren mit einer Reihe von Methoden belegt. Eine dieser Methoden ist die Messung der Drehgeschwindigkeit von Gas und Sternen. Wissenschaftler können so eine Galaxie „wiegen“ und ihre Gesamtmasse bestimmen. Auch in den äußeren Bereichen unserer eigenen Galaxie, die wir bei klarem Nachthimmel als „Milchstraße“ sehen können, wurden die Astronomen mit diese Methodik fündig. Doch im inneren Bereich unserer Galaxie war es bisher unmöglich, die Anwesenheit dunkler Materie sicher zu belegen.

Abb.: Blick Richtung Zentrum unserer Galaxie mit eingezeichneten Rotationsmarkierungen (Bild: S. Brunier / NASA)

Der Durchmesser unserer Galaxie beträgt etwa 100.000 Lichtjahre. Unser Sonnensystem ist etwa 26.000 Lichtjahre vom Zentrum der Milchstraße entfernt. Je näher man der Mitte kommt, desto schwieriger wird es, die Rotation des Gases und der Sterne mit der benötigten Genauigkeit zu messen.

Auf Basis der Messung von Sternenbewegungen haben nun Wissenschaftler der Technischen Universität München (TUM), der Universität Stockholm, der Freien Universität Madrid, des Internationalen Zentrums für Theoretische Physik des Südamerikanischen Instituts für Grundlagenforschung (ICTP-SAIFR) in São Paulo und der Universität Amsterdam erstmalig einen Beweis für die Anwesenheit dunkler Materie im Inneren der Milchstraße vorgelegt. Dunkle Materie existiert danach auch im Bereich unseres Sonnensystems und in unserer direkten kosmischen Nachbarschaft.

In einem ersten Schritt erstellten die Forscher die umfassendste Sammlung veröffentlichter Messungen der Bewegung von Gas und Sternen in der Milchstraße. Dann berechneten sie auf Basis aktuellster Forschungsergebnisse die Rotationsgeschwindigkeit, die die Milchstraße haben müsste, wenn sie nur aus sichtbarer Materie bestünde. Der Vergleich der gemessenen und der berechneten Geschwindigkeit zeigte eindeutig, dass hier die dunkle Materie einen entscheidenden Beitrag leistet.

„Wir konnten mit unserer Arbeit belegen, dass sich das Gas und die Sterne in unserer Galaxie ohne den Beitrag der dunklen Materie nicht mit den beobachteten Geschwindigkeiten drehen könnten“, sagt Miguel Pato, der die Analyse an der TU München durchführte. „Allerdings wissen wir immer noch nicht, aus was die dunkle Materie besteht.“

Auch für geringe Entfernung vom Zentrum der Milchstraße besitzen die Daten der Forschungsarbeit eine hohe Evidenz. Sie erschließen damit neue Wege zur Bestimmung der Verteilung dunkler Materie in unserer Galaxie. Zukünftige astronomische Beobachtungen könnten damit die Verteilung der dunklen Materie in unserer Galaxie mit bisher unerreichter Genauigkeit bestimmen.

„Damit können wir das Verständnis der Struktur und der Entwicklung unserer Galaxie wesentlich verbessern. Und es wird präzisere Vorhersagen für die vielen Experimente ermöglichen, die weltweit nach Teilchen der dunklen Materie suchen“, sagt Miguel Pato, der inzwischen zum Oskar-Klein-Zentrum für Astroteilchen-Physik an der Universität Stockholm gewechselt ist.

TUM / DE

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