22.04.2013

Das Klima der Vergangenheit

Temperaturen früherer Jahrhunderte erstmals für einzelne Kontinente aufgeschlüsselt.

Die weltweiten Veränderungen des Klimas waren in der Vergangenheit durch regionale Unterschiede geprägt. Dies zeigt eine großangelegte Studie, die die Temperaturen der vergangenen tausend bis zweitausend Jahre erstmals in kontinentalem Maßstab rekonstruiert hat. Rund achtzig Forscher aus der ganzen Welt werteten dafür Daten aus allen Kontinenten aus.

Abb.: Während der Kleinen Eiszeit zwischen zirka 1250 und 1860 traten verschiedene Kälterückfälle auf, welche Künstler zu Bildern anregten. Diese Winterlandschaft wurde von Pieter Brueghel dem Jüngeren im Jahre 1601 nach einer Vorlage seines Vaters aus dem Jahre 1565 gemalt (Bild: S. U. Nussbaumer).

Der Vergleich der Temperaturentwicklung über die Kontinente hinweg zeigt, dass die Temperaturen je nach Erdteil in spezifischen Mustern schwankten. Dabei waren die Gemeinsamkeiten innerhalb der Hemisphären deutlich größer als jene zwischen Norden und Süden. „Markante Perioden wie die Mittelalterliche Wärmeanomalie oder die Kleine Eiszeit treten zwar regional hervor, zeigen jedoch global kein einheitliches Bild“, sagt Heinz Wanner, emeritierter Professor für Klimatologie an der Universität Bern und einer der Koordinatoren des Projekts. So fielen in der Mitte des letzten Jahrtausends die Temperaturen zwar überall unter den langfristigen Mittelwert. Dies geschah in der Arktis, in Europa und in Asien jedoch Jahrzehnte früher als in Nordamerika und auf der Südhemisphäre, was möglicherweise auf die dämpfende Wirkung der Ozeane zurückzuführen ist.

Die beste Übereinstimmung zwischen den Kontinenten in den vergangenen 2000 Jahren ist der langfristige Abkühlungstrend, für den wahrscheinlich neben Veränderungen der Erdbewegung auch Gruppen von Vulkaneruptionen, Schwankungen der Sonnenaktivität und Oberflächenveränderungen verantwortlich waren. Diese Abkühlung ging erst am Ende des 19. Jahrhunderts zu Ende.

Die Erwärmung der jüngsten Zeit, so die Studie, hat diese langfristige Abkühlung aufgehoben. Nicht überall auf der Welt stellen jedoch die gegenwärtigen Temperaturen Rekordwerte dar. In Europa zum Beispiel war die Zeit zwischen 21 und 80 nach Christus möglicherweise wärmer als die Periode von 1971 bis 2000. Die Analyse der gewichteten Mittelwerte über Dreißig-Jahre-Perioden ergibt, dass die globale Durchschnittstemperatur in den letzten 1400 Jahren wahrscheinlich nie höher lag als 1971 bis 2000. Einzig in der Antarktis blieb es kalt. Die Erwärmung des 20. Jahrhunderts war auf den Nordkontinenten im Mittel doppelt so groß wie auf denen der Südhemisphäre.

Kühlere Perioden von dreißig Jahren traten zwischen den Jahren 830 und 1910 besonders markant bei schwacher Sonnenaktivität und starken tropischen Vulkanausbrüchen auf. Diese beiden Phänomene zeigten sich zudem im zweiten Millennium oft gemeinsam. Zwischen 1251 und 1820 ließen sich in mehreren Regionen typische Abkühlungsphasen mit einer Länge von dreißig bis neunzig Jahren unterscheiden.

Das Großprojekt wurde initiiert und koordiniert vom Programm PAGES (Past Global Changes) an der Universität Bern, dessen Ziel es ist, Klimaschwankungen und Umweltveränderungen in der Vergangenheit besser zu verstehen. „Entscheidend war, dass wir regionale Experten in das Programm eingebunden haben, welche mit ihrem Raum absolut vertraut sind“, erklärt Wanner. Frühere Versuche, einen detaillierten Überblick über die klimatische Entwicklung zu liefern, hätten sich auf eine schmalere Datenbasis gestützt und nicht die regionalen Differenzen analysiert.

Für die nun vorliegende Studie haben die Forscher für Großregionen auf sieben Kontinenten Temperaturkurven anhand von 511 lokalen Klimaarchiven erstellt. Diese basieren auf der Analyse von Baumringen, Pollen, Korallen, See- und Meeressedimenten, Eisbohrkernen, Stalagmiten sowie auf historischen Dokumenten. Die verwendeten Daten weisen zumeist eine jährliche Auflösung auf. Rekonstruktionen für Afrika mussten wegen mangelnder Daten noch ausgeklammert werden.

U. Bern / AH

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