28.08.2012

Die Energie-Barriere überwinden

Multi-Exziton-Spaltung könnte Wirkungsgrad von Solarzellen erhöhen.

Wenn Solarzellen Sonnenenergie in Strom umwandeln, ist ihr Wirkungsgrad grundsätzlich begrenzt. Um das Limit zu umgehen und mehr Leistung zu bekommen, kann man die Elektron-Loch-Paare spalten, die jedes Lichtteilchen erzeugt, das von der Sonne geschickt wird. Diesen „Aus eins mach zwei und mehr“-Vorgang bezeichnet man in organischen Molekülen als Singulett-Spaltung. Obschon seit langem bekannt, wurde er nie vollständig verstanden. Ein internationales Forscherteam hat jetzt gezeigt, dass die klassischen Modelle, die den Prozess beschreiben, nicht ausreichen.

Um es vorwegzunehmen: Die Arbeit der Wissenschaftler wird die Entwicklung der Photovoltaik nicht auf den Kopf stellen. Doch um mehr aus der konventionellen Technik herauszuholen – sie hat derzeit einen Wirkungsgrad von 20 bis 25 Prozent –, muss man natürlich die Mechanismen verstehen.

In einer handelsüblichen Solarzelle erzeugt jedes Lichtteilchen, sprich Photon, ein Elektron-Loch Paar, welches beweglich ist und somit zu einem Stromfluss führt. Es kann aber maximal nur rund 30 Prozent der eingestrahlten Sonnenenergie umgewandelt werden. Dieses „Shockley-Queisser-Limit“ lässt sich jedoch umgehen. „Man erzeugt zunächst ein Elektron-Loch-Paar hoher Energie, das dann anschließend in zwei oder mehrere Paare niedriger Energie zerfällt. Man nennt sie Multi-Exzitonen und den Prozess Singulett-Spaltung oder englisch: Singlet Fission“, erklärt Manuel Ligges von der von der Universität Duisburg-Essen (UDE).

„Die bisher verwendeten Modelle zur Beschreibung des Prozesses gehen davon aus, dass die Spaltung entweder exotherm oder endotherm stattfinden“, erklärt der 32-Jährige weiter. „Das heißt, es wird entweder Energie bei der Spaltung frei oder man muss welche hinzufügen, um das primär angeregte Elektron-Loch Paar zu teilen.“

Genau mit letzterem Fall haben sich die drei Wissenschaftler beschäftigt. „In einem endothermen Prozess müsste die Effizienz der Spaltung sehr stark von der Temperatur abhängen. Ein solches Verhalten konnten wir aber nicht feststellen. Die klassischen Modelle sind somit nicht haltbar.” Eine weitere Arbeit des Trios stützt diesen Befund.

„Wir haben ein ganz anderes Verhalten beobachtet. Es lässt darauf schließen, dass das primär angeregte Elektron-Loch-Paar kohärent an den Endzustand, also das Multi-Exziton, koppelt”, so Ligges. „Das besagt im Grunde, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit der Elektronen verschwimmt. Dagegen ist man bisher davon ausgegangen, dass das Elektron von einem Zustand zum anderen ‚hüpft‘, was es eben nicht macht.“

Was bleibt also zu tun? Will man ergründen, was beim Spaltungs-Prozess im Detail abläuft, müssen die klassischen Modelle überarbeitet werden. Dann könnte in fünf bis zehn Jahren Jahren tatsächlich die Effizienz von Solarzellen über das konventionelle Limit von 30 Prozent gesteigert werden, prognostiziert Experimentalphysiker Ligges vorsichtig. „Man muss nun von theoretischer Seite darangehen und die Erkenntnisse auch technisch umsetzen.“

UDE / PH

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