18.12.2014

Die Suche nach der Miniladung

Neues Experiment schränkt die Existenz hypothetischer Teilchen mit sehr geringen Ladungen weiter ein.

Als Robert A. Millikan in seinem berühmten Öltröpfchen-Versuch die Elementarladung bestimmte, bestätigte er damit nur, was schon lange vermutet wurde: Die elektrische Ladung ist quantisiert. Freie Teilchen sind entweder neutral oder tragen ein ganzzahliges Vielfaches der Elementarladung. Selbst Quarks mit ihren Drittel-Ladungen stellen keine Ausnahme dar, da sie nur in gebundenen Zuständen vorkommen. Dennoch ist die Existenz freier Teilchen mit geringeren Ladungen keineswegs ausgeschlossen – in einigen Erweiterungen des Standardmodells werden sie sogar konkret vorhergesagt. Auf der Suche nach solchen Teilchen haben Forscher der Universität Stanford in Kalifornien die Möglichkeit deren Existenz nun aber deutlich eingeschränkt.

Abb.: Ein senkrechter Laserstrahl hält die Probe im Vakuum in Schwebe. Zwei weitere Strahlen bestimmen ihre genaue Position. Zwischen zwei Elektroden (Inset) herrscht ein oszillierendes elektrisches Feld, das die Kugel auch bei sehr geringer Ladung in Bewegung versetzen würde. (Bild: D. C. Moore et al.)

Für einzelne, leichte Teilchen ist das Vorhandensein sehr geringer Ladungen bereits so gut wie ausgeschlossen. Das ergibt sich sowohl aus astrophysikalischen Beobachtungen als auch aus Laborversuchen. Dagegen ist die Frage, ob solche Ladungen vielleicht in größeren Massen gebunden sind, noch weitgehend ungeklärt. Die Empfindlichkeit entsprechender Experimente betrug bislang lediglich ein Zehntel der Elementarladung. Die Forschergruppe rund um David C. Moore konnte diese Grenze nun mit einem eindrucksvollen Experiment auf ein Hunderttausendstel herabsetzen – ohne dabei die Spur einer Ladung zu finden.

Als Probe diente den Forschern eine winzige Siliziumkugel, die sie mithilfe eines Laserstrahls zum Schweben brachten. Der Hauptstrahl war von unten auf die Kugel gerichtet und glich durch den Strahlungsdruck die Schwerkraft aus. Zwei weitere Strahlen vermaßen ihre exakte Position. Um Störungen durch Stöße mit Gasmolekülen zu vermeiden, befand sich die Kugel in einem Hochvakuum. Dadurch war ihre Bewegung jedoch völlig ungedämpft. Um sie dennoch stabil zu halten, steuerte eine Feedbackschleife sowohl die Intensität als auch die Position des Hauptstrahls. Die so gelagerte Kugel war extrem empfindlich auf äußere Kräfte und reagierte bereits auf Anregungen von weniger als einem Attonewton.

Bevor die Forscher jedoch mit ihrer Suche nach den geringen Ladungen beginnen konnten, mussten sie zunächst noch die ganzzahligen Ladungen entfernen. Schon während des Einbringens in die Laserfalle stellten sie deshalb sicher, dass die Kugel positiv geladen war. So konnten sie mit Fotoelektronen, die sie durch gezielte Lichtblitze freisetzten, die Ladung ausgleichen – zunächst in größeren Schritten, dann Elektron für Elektron. Daraufhin setzten sie die Kugel schließlich einem oszillierenden, elektrischen Feld aus. Das hätte zu einer messbaren Bewegung geführt, wenn in ihr nur ein Hunderttausendstel einer Elementarladung enthalten gewesen wäre. In Anbetracht der Masse der Kugel wäre so ein einziges gering geladenes Teilchen pro 4 × 1013 Nukleonen nachweisbar gewesen.

Die momentane Grenze für die Messgenauigkeit führen die Forscher hauptsächlich auf die Eigenschaften der verwendeten Siliziumkugeln zurück. Diese weisen womöglich permanente Dipolmomente auf, die durch das oszillierende, elektrische Feld in Schwingung geraten. Um derartige Effekte in zukünftigen Experimenten zu vermeiden, wollen sie Kugel während der Messung in Drehung versetzen und so etwaige Inhomogenitäten ausgleichen. Aber wer weiß – vielleicht waren ja doch Miniladungen die Ursache.

Thomas Brandstetter

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