30.12.2024

Ein Radioteleskop auf der Zugspitze

Das Wetterstein-Millimeter-Teleskop ist Prototyp für ein weltweiten Netz von astronomischen Radioantennen.

Ein neues Radioteleskop auf der Zugspitze soll in Zukunft dabei helfen, Geheimnisse in den Tiefen des Weltraums zu lüften. Das 4,5 Millionen Euro teure Teleskop soll gleichzeitig Prototyp und deutscher Ableger in einem weltweiten Netz von Radioteleskopen sein. Damit könnte das neue Wetterstein-Millimeter-Teleskop dazu beitragen, die Geheimnisse des Weltraums zu lüften. Federführend in dem Projekt ist der Lehrstuhl für Astronomie der Uni Würzburg.

Abb.: Modell des Wetterstein-Millimeter-Teleskops an einem der möglichen...
Abb.: Modell des Wetterstein-Millimeter-Teleskops an einem der möglichen Standorte am Zugspitzplatt.
Quelle: MTEX Antenna Technologies / JMU Würzburg

„Aktuell arbeitet die amerikanische Forschungseinrichtung NRAO daran, ein Netzwerk aus über 260 zusammengeschalteten Einzelteleskopen aufzubauen – das Next Generation Very Large Array“, erklärt Matthias Kadler von der Uni Würzburg, treibende Kraft hinter dem neuen Teleskop an der Zugspitze. Dank der Verteilung über viele Standorte und eine große Fläche ermögliche solch ein Zusammenschluss vieler Teleskope Aufnahmen aus dem Weltraum mit einer hohen Empfindlichkeit und einem großen Auflösungsvermögen, erklärt der Astrophysiker.

Das nordamerikanische Netzwerk, kurz ngVLA genannt, wird nach seiner Fertigstellung Mitte der 2030er-Jahre das weltweit dominierende Großteleskop im kurzwelligen Radiobereich sein. Bisher war geplant, die einzelnen Teleskope ausgehend von einem spiralförmigen Kern in New Mexico auf eine Gesamtfläche zu verteilen, die von Hawaii bis Puerto Rico und von Kanada bis Mexiko reicht.

Kombiniert mit einer Reihe von strategisch positionierten Radioteleskopen an zusätzlichen Standorten in Deutschland, könnte dieses Netzwerk allerdings seine Leistungsfähigkeit signifikant steigern. Das entsprechende Konzept hat Kadler gemeinsam mit führenden Experten auf dem Gebiet der Radioastronomie entwickelt und vor kurzem vorgestellt. Das WMT spielt dabei als erstes deutsches ngVLA-Teleskop eine zentrale Rolle.

„Das Wetterstein-Millimeter-Teleskop soll mit dem nordamerikanischen ngVLA zusammengeschaltet werden können und auch selbstständig ein vielfältiges astrophysikalisches Forschungsprogramm durchführen. Es wird unter anderem schwarze Löcher und relativistische Jets in aktiven Galaxien untersuchen“, erklärt Kadler.

„Darüber hinaus stellt das Teleskop eine interdisziplinäre Forschungsplattform dar. Diese kann von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den Bereichen Geodäsie, Radar zur Weltraumlageerfassung, Atmosphärenphysik, Erprobung neuer Radio-Hochfrequenz Technik, Empfängertechnologien, Digitalität und vielem mehr genutzt werden“, ergänzt Tobias Ullmann von der Uni Würzburg.

Auch im Bereich Satellitentechnologie soll das WMT eingesetzt werden. Mit SONATE-2 betreibt die Uni Würzburg bereits einen Satelliten zur Erprobung von KI-Technologien im Weltraum. Zukünftige Entwicklungen bei der Satellitenkommunikation im Hochfrequenzbereich können perspektivisch in interplanetaren Kleinsatellitenmissionen des Interdisziplinären Forschungszentrums für Extraterrestrik eine wichtige Rolle spielen.

Gemeinsam wollen die Arbeitsgruppen der Uni Würzburg auch ein wissenschaftliches Programm zur Bewahrung des für die Menschheit astronomisch nutzbaren Frequenzbereichs des Radiohimmels durchführen. Dieser ist durch den rapiden Anstieg der kommerziellen Nutzung, beispielsweise für Satellitenkonstellationen, zunehmend bedroht und kann nur durch interdisziplinäre Forschung geschützt werden.

Nach seiner Fertigstellung wird das Teleskop eine sofort verfügbare wichtige Infrastruktur für die deutsche Astronomie darstellen. Möglich ist dann auch der Zusammenschluss mit europäischen und weltweiten Radioteleskop-Netzwerken wie dem European VLBI Netzwerk und dem Global Millimeter VLBI Array.

Die internationalen Astronomen jedenfalls sind davon überzeugt: „Das Wetterstein-Millimeter-Teleskop wird über Jahrzehnte hinweg in weltweiten Netzwerken wie dem ngVLA und im Verbund mit dem südafrikanischen Zukunftsteleskop SKA arbeiten und Spitzenforschung ermöglichen“, erklärt Anton Zensus, Direktor des MPI für Radioastronomie.

Auch national ruft das Projekt WMT großes Interesse hervor. So wird zum Beispiel bereits intensiv eine Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik diskutiert, in der das Teleskop als Empfangselement für Radarexperimente im Verbund mit der Großradaranlage TIRA zur Beobachtung und Analyse aktiver Satelliten, Weltraumtrümmer oder erdnaher Asteroiden eingesetzt werden kann.

Verantwortlich für das Antennendesign des nordamerikanischen Teleskope-Netzwerks ist übrigens eine deutsche Firma: Die MTEX Antenna Technologies haben es entwickelt und sind auch für den Bau der ersten Prototyp-Teleskope verantwortlich. Auch die in Bauart und Präzision weltweit bisher einmaligen Reflektor-Paneele basieren auf deutscher Ingenieurskunst. Gebaut von der Firma Concad haben deren Oberflächen eine Genauigkeit, die der Hälfte des Durchmessers eines menschlichen Haares entspricht.

JMU Würzburg / RK

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