Einblick in magnetische Schichten
Entstehung von Spin-Filtern in magnetischen Sandwiches beobachtet – Ergebnisse können beim Design spintronischer Bauelemente helfen.
Messungen an BESSY II zeigen erstmals, wie sich die magnetischen Domänen an den Grenzflächen spintronischer Bauelemente gegenseitig beeinflussen. Ein internationales Forscherteam konnte so nachweisen, dass sich zwischen den äußeren ferromagnetischen Schichten und der innenliegenden antiferromagnetischen Isolatorschicht Spin-Filter bilden, die den Tunnelmagnetwiderstand (TMR) beeinflussen. Damit haben sie das Verständnis von relevanten Prozessen in zukünftigen TMR-Datenspeichern und anderen spintronischen Bauelementen erheblich erweitert.
Abb.: Die LFO-Schicht weist normalerweise eine antiferromagnetische Ordnung auf (AFM) und besitzt keine ferromagnetischen Domänen. Doch die ferromagnetischen Domänen (weiße Pfeile) der LSMO-Schichten bewirken, dass an den Grenzflächen in der LFO-Schicht ferromagnetische Domänen ausbilden, die antiparallel zu den angrenzenden Domänen der LSMO-Schicht ausgerichtet sind. (Bild: HZB)
In jeder Festplatte und jedem Schreib-Lesekopf stecken heute magnetische Schichtstrukturen: Sandwiches aus komplexen Heterostrukturen, deren einzelne Schichten nur wenige Nanometer dick sind. Entscheidend für ihre Funktion ist dabei ein quantenphysikalischer Effekt, der Tunnelmagnetwiderstand (TMR). Er tritt auf, wenn zwei ferromagnetische Schichten voneinander durch eine isolierende Schicht von wenigen Atomlagen Dicke getrennt sind. Solange die Magnetisierung in den beiden Schichten parallel ist, dürfen Elektronen durch die isolierende Schicht tunneln, so dass der Widerstand niedrig ist. Ändert sich jedoch in einer der Schichten die Magnetisierung, dürfen die Elektronen nicht mehr durch die mittlere Schicht tunneln und der Widerstand ist hoch. So lässt sich durch magnetischen Einfluss auf eine der Außenschichten der elektrische Widerstand präzise steuern und mit den binären Werten „Null“ und „Eins“ verbinden, mit denen sich rechnen lässt.
Das Team hat nun entdeckt, dass in Sandwich-Strukturen aus verschiedenen Übergangsmetalloxiden an den Grenzflächen Effekte auftreten, die den TMR-Widerstand stark beeinflussen. Messungen mit der Messkammer ALICE und am X-PEEM-Instrument der UE49-Beamline von BESSY II haben deutlich gemacht, was an den Grenzschichten zwischen den ferromagnetischen Schichten und der antiferromagnetischen Innenschicht geschieht. Mit dem XPEEM-Instrument konnten die Wissenschaftler entschlüsseln, wie sich die magnetischen Elemente Mangan und Eisen an den Grenzschichten jeweils ausrichteten. „Wir haben gesehen, dass an den Grenzen neue magnetische Phasen entstehen, die wie Spin-Filter wirken“, erklärt Sergio Valencia Molina, vom HZB für Materialen und Energie. „Vereinfacht gesagt: Die Eisen-Atome der Isolatorschicht werden an der Grenzschicht durch die Manganatome beeinflusst und richten ihre magnetischen Momente nun antiparallel zu denen der Mangan-Atome aus. Dadurch entsteht direkt an der Grenzschicht auch in der Isolatorschicht eine ferromagnetische Ordnung. Damit haben wir erstmals experimentell nachgewiesen, dass sich auch in nicht-ferromagnetischen Barriereschichten ferromagnetische Ordnung induzieren lässt“.
„Solche komplexen Oxid-Heterostrukturen könnten in der Spintronik zukünftig eine große Rolle spielen“, so Valencia weiter. Die Ergebnisse erklären einen wichtigen, bislang noch nicht beachteten Prozess und helfen damit beim Design von Tunnelbarrieren mit den gewünschten Eigenschaften.
HZB / RK