Einmal Weltraum-Eis bitte!
Neutronenstreu-Experimente entschlüsseln die hochpörosen Eisstrukturen in Kometeneis.
Als die Raumsonde Rosetta im November 2014 den Lander Philae auf den Kometen Tschurjumow-
Abb.: Blick in die Versuchanordnung am Rutherford Appleton Laboratory in Großbritannien (Bild: U. Innsbruck)
Thomas Lörting und sein Team haben nun im Labor untersucht, welche Bedingungen in diesen Eis-Poren herrschen. „Wenn Kometen auf die Sonne zufliegen, erwärmt sich das Eis und erweicht“, sagt der Chemiker. „Wir wollten uns das im Detail anschauen und haben das amorphe Eis mit einer ganz neuen Methode näher untersucht.“ Die in einem von Lörtings Team entwickelten Verfahren an der Uni Innsbruck hergestellten Proben wurden dazu nach England überführt und dort im Rutherford Appleton Laboratory in der Nähe von Oxford in einem gepulsten Neutronenreaktor analysiert. „Anhand der Kleinwinkelstreuung lässt sich die Porenstruktur des Eises sehr gut erkennen“, erzählt Lörting. Gemeinsam mit Kollegen von der Open University in Milton Keynes untersuchten die Innsbrucker Forscher nun, bei welchen Temperaturen und wie genau sich die Mikroporen des Eises verändern: „Die anfangs rauen, zylinderförmigen Poren des Eises werden zunächst glatt und sacken dann in sich zusammen“, schildert Thomas Lörting seine Beobachtungen. „Man kann sich das vorstellen, wie einen Joghurtbecher, der im Backrohr langsam zusammensackt.“ Das Eis bildet dann lamellenförmige, zweidimensionale Strukturen aus. Gleichzeitig reduziert sich die Oberfläche auf weniger als ein Quadratmeter pro Gramm.
Eine wichtige weitere Entdeckung: Oberhalb einer Temperatur von minus 150 Grad Celsius bildet sich flüssiges Wasser, das erst bei minus 120 Grad auskristallisiert und die in den Poren gesammelten Moleküle freigibt. Diese bilden beim Flug zur Sonne den für Kometen charakteristischen Schweif. „Die zweidimensionalen Strukturen und das flüssige Wasser bei so extrem tiefen Temperaturen sind eine sehr spezielle Umgebung für chemische Prozesse. Wir wollen in einem nächsten Schritt diese Prozesse mit im Eis eingelagerten Molekülen näher untersuchen“, blickt Lörting bereits in die Zukunft. Die von den Chemikern im Labor gesammelten Daten sind wichtig für die Kometenforschung, umgekehrt wartet das Innsbrucker Forschungsteam gespannt auf weitere Daten der Rosetta-
U. Innsbruck / DE