Erdähnliche Planeten auch um Braune Zwerge?
ALMA nimmt kosmische Staubkörner in der Umgebung eines „gescheiterten Sterns“ unter die Lupe.
Mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) ist es Astronomen zum ersten Mal gelungen, millimetergroße Körner in den äußeren Bereichen der Staubscheibe um einen Braunen Zwerg zu finden, wie man sie auch in den dichteren Scheiben um neugeborene Sterne nachweisen kann. Die überraschende Entdeckung stellt bisherige Theorien zur Entstehung von Gesteinsplaneten in Frage und könnte bedeuten, dass diese häufiger sind als bisher angenommen.
Abb.: Diese Aufnahme aus Daten des Digitized Sky Survey 2 im sichtbaren Spektralbereich zeigt die Rho-Ophiuchi-Sternentstehungsregion mit dem Braunen Zwerg ISO-Oph 102, dessen Position mit einem Kreuz markiert ist. (Bild: ESO / NAOJ / NRAO / DSS2 / D. De Martin)
Astronomen gehen davon aus, Gesteinsplaneten entstünden durch zufällige Kollisionen und das „Zusammenkleben“ von Material in den Scheiben um junge Sterne. Ihre grundlegenden Bausteine sind demnach mikroskopisch kleine Staubteilchen in diesen Scheiben. Dieser kosmische Staub ähnelt extrem feinem Sand oder Ruß. In den äußeren Bereichen der Scheiben um Braune Zwerge – sternähnliche Objekte mit zu geringer Masse, um nennenswerte Leuchtkräfte zu entwickeln – sollten derartige Körner gar nicht erst entstehen können. Die Scheiben sollten zu dünn und außerdem die Geschwindigkeit der Partikel viel zu groß sein, um nach Kollisionen aneinander haften zu bleiben. Außerdem sagen gängige Theorien voraus, dass die Körner – selbst, wenn sie sich doch bilden könnten – sehr schnell nach innen in Richtung des Braunen Zwerges wandern würden. In den äußeren Bereichen der Scheibe würde man sie also nicht mehr nachweisen können.
„Es war für uns völlig überraschend, in dieser kleinen Scheibe millimetergroße Staubkörner zu finden”, berichtet Luca Ricci vom Caltech, der das Team von Wissenschaftlern aus den USA, Europa und Chile leitete, dem die Entdeckung gelang. „Feste Körner dieser Größe sollten sich eigentlich in den kalten äußeren Bereichen einer Scheibe um einen Braunen Zwerg gar nicht bilden können. Dennoch sieht es so aus, als ob genau das passiert. Wir können zwar nicht mit Sicherheit sagen, ob sich dort auch ein ganzer Gesteinsplanet bilden könnte – oder sich sogar schon gebildet hat. Aber zumindest sehen wir die ersten Schritte auf dem Weg dahin. Dementsprechend werden wir unsere Annahmen zu den Bedingungen, unter denen feste Körper wachsen können, ändern müssen.“
Das gegenüber früheren Teleskopen viel größere Auflösungsvermögen von ALMA ermöglichte den Astronomen auch den erstmaligen Nachweis von gasförmigem Kohlenmonoxid in der Scheibe eines Braunen Zwerges. Zusammen mit der Beobachtung der millimetergroßen Körner legt diese Entdeckung die Annahme nahe, dass die hier beobachtete Scheibe den Staubscheiben um junge Sterne viel ähnlicher ist als bisher vermutet.
Abb.: Mutmaßliches Aussehen einer Scheibe aus Gas und kosmischem Staub um einen Braunen Zwerg. (Bild: ESO / NAOJ / NRAO / M. Kornmesser)
Die Forscher richteten ALMA auf den jungen Braunen Zwerg ISO-Oph 102 in der Rho-Ophiuchi-Sternentstehungsregion im Sternbild Schlangenträger. Er hat etwa die 60-fache Masse des Jupiters. Das entspricht nur 0,06 Sonnenmassen und ist damit nicht genug, um in seinem Inneren jene thermonuklearen Reaktionen zu entfachen, die für die Leuchtkraft normaler Sterne sorgen. Dennoch glimmt der Braune Zwerg schwach rötlich, wenn auch mit sehr viel geringerer Helligkeit als ein Stern, da er Energie gewinnt indem er sich langsam durch seine eigene Schwerkraft zusammenzieht.
ALMA fing bei dieser Beobachtung Licht mit einer Wellenlänge von etwa einem Millimeter auf, das von dem durch den Braunen Zwerg erwärmten Material der Scheibe stammt. Staubkörner wie die in der Scheibe geben bei Wellenlängen, die größer als die Korngröße sind, nur sehr wenig Strahlung ab. Dementsprechend entsteht an dieser Stelle ein charakteristischer Einbruch der gemessenen Strahlungsintensität, so gelang eine Größenbestimmung der Körner. Die Astronomen verglichen dazu die Helligkeiten der Scheibe bei den Wellenlängen 0,89 mm und 3,2 mm. Der Einbruch zwischen diesen beiden Messpunkten war nicht so scharf wie erwartet, was zeigt, dass zumindest ein Teil der Körner Größen von einem Millimeter oder mehr hat.
ESON / OD