28.02.2013

Erstmals entstehenden Planeten entdeckt?

Proto-Riesenplaneten-Kandidat im stellaren Mutterleib mit Very Large Telescope ausgemacht.

Ein internationales Team unter der Leitung von Sascha Quanz von der ETH Zürich in der Schweiz hat die Gas- und Staubscheibe um den jungen Stern HD 100546 untersucht, der sich mit einer Entfernung von nur 335 Lichtjahren in relativer Nachbarschaft zu unserem Sonnensystem befindet. Die Forscher waren überrascht, als sie Anzeichen für einen Planeten fanden, der sich – eingebettet in die Materiescheibe um den jungen Stern – noch im Entstehungsprozess befindet. Dieser mögliche Planet wäre ein Gasriese, ähnlich dem Jupiter in unserem Sonnensystem.

Abb.: Künstlerische Darstellung eines Gasriesen, der sich in der staubigen Umgebung des jungen Sterns HD 100546 bildet. (Bild: ESO, L. Calçada)

„Planetenentstehung war bisher ein Forschungsgebiet, in dem hauptsächlich mittels Computersimulationen gearbeitet wurde”, berichtet Sascha Quanz. „Wenn unsere Entdeckung wirklich ein Planet im Entstehungsstadium ist, dann versetzt das die Wissenschaft zum ersten Mal in die Lage, Entstehung und Wechselwirkung eines Planeten mit seiner Geburtsumgebung in einer sehr frühen Phase empirisch zu untersuchen.”

Das System von HD 100546 ist gut untersucht, da man schon länger einen weiteren Riesenplaneten mit dem sechsfachen Abstand der Erde zur Sonne um den Stern vermutet. Der neu entdeckte Planet befindet sich in den äußeren Bereichen des Systems, nochmals etwa zehnfach weiter vom Zentralstern entfernt.

Der mögliche neue Planet im HD 100546-System wurde unter Anwendung neuartiger Analysemethoden als schwacher Lichtfleck entdeckt – mit der adaptiven Optik NACO am Very Large Telescope der ESO. Die Beobachtungen wurden mit dem Koronografen von NACO durchgeführt, der im nahinfraroten Spektralbereich arbeitet und das gleißend helle Licht des Sterns ausblenden kann, das ansonsten an der Position des Protoplaneten-Kandidaten noch immer alles überstrahlen würde.

Laut bisher gängigen Modellvorstellungen wachsen Riesenplaneten, indem sie einen Teil des Gases und Staubes einfangen, das bei der Bildung des Zentralsterns übrigbleibt. In der neuen Aufnahme der Scheibe um HD 100546 haben die Astronomen Belege für diese Hypothese gefunden. Nahe am potentiellen Protoplaneten hat man in der Staubscheibe Strukturen entdeckt, die auf Wechselwirkungen zwischen dem Planeten und der Scheibe zurückgehen könnten. Außerdem scheint der Protoplanet seine Umgebung durch seinen Entstehungsprozess aufzuheizen.

Adam Amara, ein weiteres Teammitglied, ist geradezu enthusiastisch in Anbetracht der Entdeckung: „Die Erforschung von Exoplaneten ist ein extrem spannender Teilbereich der modernen Astronomie, und direkte Abbildungen von Exoplaneten sind ein völlig neues Feld, das von jüngsten Fortschritten in der Instrumentierung und Datenanalyse besonders profitiert. Für unsere Studie haben wir Analysemethoden verwendet, die eigentlich für die Kosmologie entwickelt wurden. Fruchtbarer Austausch zwischen verschiedenen astronomischen Disziplinen kann also zu außergewöhnlichen Fortschritten führen.”

Obwohl die Existenz des Protoplaneten die wahrscheinlichste Erklärung für die Daten ist, werden weitere Untersuchungen nötig sein, um die Entdeckung zweifelsfrei zu bestätigen und andere Szenarien auszuschließen. Das beobachtete Helligkeitssignal könnte anstatt von einem Planeten auch von einem Hintergrundobjekt des HD 100546-Systems stammen, auch wenn dies sehr unwahrscheinlich ist. Ebenso könnte es sich statt um einen Protoplaneten um einen bereits vollständig ausgebildeten Planeten handeln, der aus einer ursprünglichen Umlaufbahn herausgeschleudert wurde, die sich näher am Zentralstern befunden hat. Sollte sich aber bestätigen, dass es sich bei dem neu entdeckten Objekt um einen Planeten handelt, der sich – eingebettet in die Materiescheibe um den jungen Stern – noch im Entstehungsprozess befindet, dann wäre damit ein einzigartiges Laboratorium für die Erforschung der Bildung eines Planetensystems gefunden.

ESO / PH

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