20.02.2019

Experimentieren mit Schwergewichten

Das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung feiert in diesem Jahr sein 50-jähriges Bestehen.

Fast wäre die Beschleunigeranlage nicht im Norden Darmstadts auf der grünen Wiese, sondern am Kernforschungszentrum Karlsruhe entstanden: Die Entscheidung, die Gesellschaft für Schwerionenforschung in Hessen anzusiedeln, kam nicht zuletzt durch die Zusage der Hessischen Regierung zustande, den Bau mit doppelt so vielen Landesmitteln wie üblich zu finanzieren. Ende 1969 auf Betreiben der Kernphysikalischen Arbeitsgemeinschaft Hessen (KAH) gegründet, entwickelte sich das Forschungszentrum innerhalb weniger Jahre zu einem Labor mit internationalem Renommee – und ist heute als GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung weltweit bekannt.

Bereits 1966 gründeten Kernphysiker der Universitäten in Darmstadt, Frankfurt und Marburg die KAH mit dem Ziel, eine universitätsnahe Forschungsanlage als User Facility aufzubauen. Herzstück des Labors sollte ein Linearbeschleuniger für schwere Ionen werden, an dessen Entwicklung Christoph Schmelzer von der Universität Heidelberg seit Beginn der 1960er­Jahre arbeitete: der UNI­LAC. Nach drei Jahren forschungspolitischer Überzeugungsarbeit und langwierigen Diskussionen zur Finanzierung der Anlage willigten das Bundesforschungsministerium in Bonn und das hessische Kultusministerium ein, die Baukosten in Höhe von 180 Millionen DM gemeinsam zu tragen.

Bei den Bauarbeiten Anfang der 1970er-Jahre entstehen die Experimentierhalle...
Bei den Bauarbeiten Anfang der 1970er-Jahre entstehen die Experimentierhalle und das Gebäude für den UNILAC-Beschleuniger. (Quelle: A. Zschau / GSI)

Nach der Gründung der Gesellschaft für Schwerionenforschung am 17. Dezember 1969 schloss sich diese im darauffolgenden Jahr der neu entstandenen Arbeitsgemeinschaft der Großforschungseinrichtungen an, der heutigen Helmholtz­Gemeinschaft. Nach nur fünf Jahren Bauzeit waren 1975 erstmals Experimente am UNILAC möglich, der nach kontinuierlichen Upgrades noch heute als erste Stufe der Beschleunigeranlage dient.

Zu den wissenschaftlichen Highlights, die allgemeine Aufmerksamkeit erregten, gehören die Entdeckung sechs neuer chemischer Elemente und deren Anerkennung durch die IUPAC sowie die Entwicklung der Tumortherapie mit Kohlenstoffionen. Letztere fand seit den 1990er­Jahren statt und machte vom Ringbeschleuniger SIS­18 Gebrauch, der höhere Energien zur Verfügung stellt als der UNILAC. Der nachfolgende Fragmentseparator für Experimente mit instabilen Isotopen und der Speicherring ESR komplettieren die Beschleunigeranlage in Darmstadt. Hier lassen sich die Reaktionsmechanismen und Eigenschaften exotischer Isotope untersuchen, um die Kernmaterie besser zu verstehen und damit beispielsweise der Elementsynthese in Supernova­Explosionen auf die Spur zu kommen. Seit 2008 ist an der GSI auch das Hochleistungslasersystem PHELIX in Betrieb.

Anlässlich des Jubiläumsjahres hat das GSI Helmholtzzentrum für...
Anlässlich des Jubiläumsjahres hat das GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung einen großformatigen Fotokalender erstellt. (Quelle: L. Weitz / GSI)

Im Jubiläumsjahr sind verschiedene Veranstaltungen und Aktionen geplant. Den Anfang machte ein Fotokalender für 2019 mit großformatigen Bildern aus 50 Jahren GSI­Geschichte. Auch die öffentliche Vortragsreihe „Wissenschaft für Alle“ steht im Zeichen des runden Geburtstages – und richtet gleichzeitig den Blick auf ein weiteres besonderes Ereignis in diesem Jahr: Die monatlich stattfindenden Vorträge sind Teil des International Year of the Periodic Table of Chemical Elements der UNESCO aus Anlass des 150. Geburtstags des Periodensystems. Auf der bisherigen Erfolgsgeschichte ruht man sich in Darmstadt allerdings nicht aus. Seit einigen Jahren sind die Bauarbeiten für das neue internationale Beschleunigerzentrum FAIR im Gange. In Kooperation mit 16 Partnerländern entsteht eine Anlage, die Antiprotonen­ und Ionenstrahlen mit bisher unerreichter Intensität und Qualität zur Verfügung stellen wird – damit auch in den kommenden Jahrzehnten Forscherinnen und Forscher aus aller Welt am GSI Helmholtzzentrum neue Einblicke in den Aufbau der Materie und die Entwicklung des Universums gewinnen können.

Kerstin Sonnabend

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