15.07.2016

Fitnesstest für Asteroidenlander Mascot

Mit der Raumsonde Hayabusa-2 wird Mascot im Oktober 2018 den Asteroiden Ryugu erreichen.

Das Reisen durch das Weltall ist nicht ohne: erst der stressige Start mit kräftigen Erschüt­terungen, dann der lange Flug durch Kälte und Vakuum. Asteroiden­lander Mascot – Mobile Asteroid Surface Scout – ist mittlerweile seit anderthalb Jahren an Bord der japa­nischen Raumsonde Hayabusa-2 unterwegs und zurzeit rund 65 Millionen Kilometer von der Erde entfernt. Nun schalteten die Ingenieure des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt DLR aus dem Kontrollraum in Köln den schuhkarton­großen Lander und seine vier Instrumente aus Deutschland und Frankreich am 14. Juli 2016 erneut ein, um in den nächsten Tagen vor allem eines heraus­zufinden: Wie steht es um die Gesundheit von Mascot und den Experi­menten an Bord? „Das machen wir einmal jährlich, um zu untersuchen, ob alle System­komponenten und Instrumente noch voll funktions­tüchtig sind“, erläutert Christian Krause aus dem Kontroll­raum-Team des DLR.

Abb.: Die Hayabusa-2-Sonde vermisst und untersucht von einer Umlaufbahn aus den Asteroiden Ryugu (1999 JU3). Mit an Bord ist der Lander MASCOT, der auf dem Asteroiden aufsetzen und mit vier Instrumenten Messungen durchführen wird. (Bild: JAXA)

Am 3. Dezember 2014 startete die Hayabusa-2-Raumsonde der japanischen Raumfahrt­agentur JAXA mit dem deutsch-franzö­sischen DLR-Lander Mascot zu ihrer Mission. Ein Jahr später holte das Gespann noch einmal an der Erde neuen Schwung und sendete Fotos von unserem Planeten, bevor die Reise weiter in Richtung Asteroid Ryugu ging. Noch bis zum Sommer 2018 ist die Sonde durchs Weltall unterwegs und geht dann in eine Umlaufbahn um den Himmels­körper, den DLR-Planeten­forscher Ralf Jaumann schlichtweg als „schön primitives Objekt“ bezeichnet. „Wir untersuchen mit der Mission ursprüng­liches Material aus dem solaren Nebel, mehr als 4,5 Milliarden Jahre alt und kaum verändert.“

Während die Hayabusa-2-Sonde den Asteroiden von einer Umlaufbahn aus vermisst und untersucht, wird Mascot unmittelbar auf der Asteroiden­oberfläche wissen­schaftliche Messungen durchführen. Zudem wird die japanische Sonde Bodenproben aufnehmen und dieses Material 2020 zur Erde zurückbringen. „Das ist ein Gesamtpaket, wie wir es bisher noch nicht hatten: Wir beobachten und kartieren aus der Ferne, vermessen den Asteroiden, untersuchen ihn auf der Oberfläche und bringen Proben zur Erde zurück.“ Um das Gesamtpaket zu ermöglichen, arbeiten Ingenieure und Wissen­schaftler aus Deutschland, Frankreich und Japan in einer inter­nationalen Kooperation zusammen.

Mit Ryugu fliegen die Wissenschaftler dabei ein Ziel an, dass ebenso wie der Zwergplanet Ceres zu den Asteroiden der C-Klasse, der kohlenstoff­reichen Asteroiden, gehört und dessen Beo­bachtung von der Erde aus auf im Asteroiden­boden gebundenes Wasser hinweisen. Der Himmelskörper, der nach einem unter Wasser liegenden Schloss aus der japanischen Mytho­logie benannt wurde, ist zudem ein erdbahn­kreuzender Asteroid der Apollo-Gruppe. Auch wenn er selbst der Erde wohl nie gefährlich werden wird, wäre es für zukünftige Abwehr­missionen hilfreich, wenn die Forscher mehr über diese Art der Asteroiden erfahren würde. Hayabusa-2 und Mascot werden dabei als Team zusammenarbeiten: Hayabusa-2 liefert die Daten, um einen geeigneten Landeplatz für Mascot zu finden, Mascot untersucht die Asteroiden­oberfläche und liefert Informationen und Daten über die Umgebung der Bodenproben, die Hayabusa-2 zur Erde zurückbringt.

Damit dies auch möglichst reibungslos stattfinden kann, trainiert das Team mit einem Bodenmodell des Landers, das sich im DLR-Nutzer­zentrum für Weltraum­experimente MUSC befindet. „Mascot wird vor Ort so selbst­ständig wie möglich mit seinen vier Instrumenten arbeiten müssen“, erläutert Christian Krause vom Mascot-Kontroll­zentrum. Die große Entfernung bis zur Erde erlaubt keine Steuerung in Echtzeit. Die Ingenieure müssen dem Lander das entsprechende Wissen als Software für seine Asteroiden­mission mitgeben. In dem Inneren des 30 mal 30 mal 20 Zentimeter großen Landers sind insgesamt vier Instrumente eingebaut: Mit einem Radiometer und einer Kamera des DLR sowie einem franzö­sischen Spektro­meter und einem Magneto­meter der TU Braunschweig sollen die minera­logische und geologische Zusammen­setzung der Asteroiden­oberfläche untersucht und Oberflächen­temperatur sowie Magnet­feld des Asteroiden ermittelt werden.

Abb.: MASCOT (Mobile Asteroid Surface Scout) ist ein Asteroidenlander, der an Bord der japanische Sonde Hayabusa 2 Ende 2014 zum Asteroiden (162173) Ryugu startete. (Bild: DLR)

Mascot selbst kann nach der Landung über Sensoren feststellen, ob er kopfüber oder aufrecht auf der Asteroiden­oberfläche liegt. Ein Schwungarm im Inneren kann dann automatisch den Impuls geben, damit Mascot sich wieder in die richtige Lage bringt. Nach den ersten Messungen wird der Lander dann per Schwungarm zur nächsten Mess-Stelle hüpfen. „Wir planen so gut es geht, wissen aber auch, dass wir dabei mit vielen Unbe­kannten rechnen müssen“, sagt Christian Krause. Ryugu hat einen Durch­messer von etwa 900 Metern und nur etwa ein 60.000stel der Erdan­ziehungs­kraft. Ein Tag dauert etwa 7,6 Stunden. Gemessen wurden diese Werte allerdings von der Erde aus. Wie groß mögliche Fehler­abweichungen zur Realität sind, wird das Mascot-Team ganz genau erst nach der Ankunft in der Umlaufbahn von Ryugu erfahren.

Zuvor stellt das Mascot-Team seinen Lander bis zum 16. Juli 2016 auf die Probe. Zwei Tage lang heizte es dafür den Lander, der bei rund minus 30 Grad Celsius durchs All fliegt, auf Betriebs­temperatur. Nach dem ersten Einschalten werden nun zunächst einmal die entsprechenden Kommando-Sequenzen hochgeladen, mit denen Mascot seinen Gesundheits­check durchführen soll. Schon jetzt, zwei Jahre vor der Ankunft, benötigt jedes Signal eine Laufzeit von gut drei Minuten pro Weg. Die früheste Reaktion aus dem All erhält das Team im DLR-Kontroll­zentrum also erst etwa sieben Minuten, nachdem es eine Nachricht zu Mascot geschickt hat.

Neben den Daten, die Mascot über seinen eigenen Gesundheits­zustand senden soll, werten die Ingenieure und Wissen­schaftler am Boden auch aus, wie gut die vier Instrumente funktionieren und ob sie durch die bisherige Reise veränderte Parameter aufweisen. Leuchtdioden werden eingeschaltet, ein Kamera­bild aufgenommen, der Schwungarm vorsichtig in Bewegung versetzt. „Das darf alles nicht über Jahre hinweg ungenutzt bleiben, sondern muss bis zur Landung immer wieder aktiviert werden“, betont Krause. Auch das Zusammenspiel zwischen der Hayabusa 2-Raumsonde und dem Lander soll getestet werden, damit für die wissen­schaftliche Phase auf dem Asteroiden alles vorbereitet ist. Dann sollen die Daten von Mascot über die Sonde in das japanische Kontrollzentrum der JAXA und von dort aus in das DLR-Kontrollzentrum gesendet werden.

Bis zur Landung im Oktober 2018 wird das Mascot-Team immer wieder Kontakt mit seinem Lander aufnehmen. Mal wird die Gesundheit von Mascot im Mittel­punkt stehen, mal die Kali­brierung der Instrumente, damit die Daten nach der Landung exakt ausgewertet werden können. „Wir wollen nach der Landung nur noch dann eingreifen müssen, wenn etwas schiefläuft. Ansonsten arbeitet Mascot ohne unsere Hilfe selbstständig sein wissen­schaftliches Programm ab“, sagt Tra-Mi Ho, Mascot-Projekt­leiterin am DLR-Institut für Raumfahrtsysteme.

DLR / JOL

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