24.01.2005

Flüssiggas statt Wasser

Acht Tage nach der Landung der Sonde «Huygens» auf dem Saturn-Mond Titan haben Wissenschaftler eine erstaunlich irdische Welt vorgestellt.


Flüssiggas statt Wasser

Paris (dpa) - Acht Tage nach der spektakulären Landung der europäischen Raumsonde «Huygens» auf dem eisigen Saturn-Mond Titan haben Wissenschaftler eine erstaunlich irdische Welt vorgestellt. Die beim Abstieg der Sonde auf den Mond gemachten Fotos zeigten, «dass sich die physikalischen Vorgänge auf der Oberfläche des Titan kaum von denen auf der Erde unterscheiden», erläuterte der für die Fotos verantwortliche Martin G. Tomasko am Freitag in Paris.

«Statt Wasser wie auf der Erde gibt es auf Titan allerdings flüssiges Methan, statt Silikatgestein Wassereis und die Vulkane des Titan speien keine Lava wie auf der Erde, sondern sehr kaltes Eis», erklärte Tomasko bei einer Vorstellung der ersten Ergebnisse und Titan-Fotos am Sitz der Europäischen Weltraumorganisation (ESA).

Der geheimnisvolle Saturn-Mond ist nach den ersten Auswertungen eine «uns alle begeisternde Welt», sagte der «Huygens»-Projektwissenschaftler Pierre Lebreton. «Die gelieferten Daten sind so überwältigend, dass die Fachleute die ganze Woche unermüdlich gearbeitet haben.» Sie verstehen den Mond, auf dem es möglicherweise Jahreszeiten gibt, bereits besser: Von der Erde her bekannte geophysikalische Prozesse laufen auf dem Titan mit sehr exotischen Verbindungen unter ganz anderen Bedingungen ab. So deute die verblüffende Entdeckung des Edelgases Argon-40 an, dass Vulkane Wassereis und Ammoniak spuckten.

«Wir können die hohen Methankonzentrationen in Bodennähe nachweisen, das ist also eine entflammbare Naturgas-Welt, eine außergewöhnliche Sache», erklärte der Atmosphärenfachmann Toby Owen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass aus dem Boden des Saturn- Mondes immer neues Methan austritt, können sich den Vorgang aber noch nicht genau erklären. Das auf der Erde als Grubengas bekannte Methan ist eine organische Verbindung, die bei den Temperaturen von minus 170 Grad Celsius auf dem Titan flüssig oder gasförmig vorkommt.

Dort, wo «Huygens» vor einer Woche gelandet ist, «sieht es aus wie in einem ausgetrockneten Flussbett in Arizona», sagte «Huygens»-Projektleiter Jean-Pierre Lebreton. Die Flüsse und Seen in der abgelichteten Titan-Region scheinen gegenwärtig ausgetrocknet. Vor nicht zu langer Zeit dürfte es dort jedoch Methan geregnet haben.

«Wir können jetzt ganz ernsthaft davon träumen, Landeroboter wie beim Mars auf den Titan zu entsenden», meinte Lebreton. Der Erfolg der Sonde gibt der europäischen Wissenschaft und Raumfahrt Auftrieb. «Noch nie war das Interesse der Öffentlichkeit an einer europäischen Mission so stark», sagte ESA-Generaldirektor Jean-Jacques Dordain. Er hob als eine der nächsten ESA-Forschungsflüge im Sonnensystem den im November vorgesehenen «Venus Express» zu dem Nachbarplaneten hervor.

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