14.02.2014

Fokus ohne Fehl und Tadel

Exotische Effekte für die Grundlagenforschung – weltweit erste Veselago-Linse für Materiewellen nachgewiesen.

Die Theorie ihrer optischen Effekte wurden vor Jahrzehnten in der Sowjetunion entwickelt, nun haben Physiker der Universität Bonn weltweit erstmals experimentell nachgewiesen, dass „Veselago-Linsen" auch für Materiewellen möglich sind. Von Anwendungen ist die Wissenschaft noch weit entfernt, doch für die Grundlagenforschung sind die Ergebnisse sehr relevant.

Abb.: Gezeigt ist die anfängliche Ausdehnung der atomaren Materiewellen in zwei Teilstrahlen, die in der Bildmitte refokussiert werden und sich dann weiter rechts wieder treffen. (Bild: AG Weitz / NPG)

Unter Linsen versteht man gewöhnlich Gläser mit gewölbten Oberflächen, die die parallel einfallenden Lichtstrahlen auf einen Punkt fokussieren und dadurch eine optische Vergrößerung erlauben. Exotischer verhalten sich dagegen Linsen, die der sowjetische Wissenschaftler Victor Veselago erstmals in den 1960er Jahren theoretisch beschrieben hat. Voraussetzung für eine solche Veselago-Linse ist ein negativer Brechungsindex des Linsenmaterials.

„Normalerweise ist die Auflösung von optischen Systemen durch die Wellenlänge des Lichts begrenzt“, sagt Martin Weitz vom Institut für Angewandte Physik der Universität Bonn. Diese Grenze könnte mit Veselago-Linsen unterlaufen werden, hoffen Forscher weltweit. Das könnte zum Beispiel die Entwicklung von viel leistungsfähigeren Computerchips vorantreiben. „Für Licht gibt es inzwischen Ansätze, die dem von Veselago vorhergesagten Linseneffekt grundsätzlich zeigen“, berichtet der Physiker der Universität Bonn.

Mit seinem Forschungsteam hat Weitz nun als erster weltweit experimentell nachgewiesen, das eine Veselago-Linse auch für Materiewellen möglich ist. Licht hat die Eigenschaft, dass es im freien Raum immer die gleiche Ausbreitungsgeschwindigkeit hat: annähernd 300.000 Kilometer pro Sekunde. In dem Experiment kühlten die Physiker der Universität Bonn Rubidium-Atome sehr stark ab und luden sie auf einer Art „Wellpappe“ aus Licht, einem sogenannten optischen Gitter.

„Mit den Rubidium-Atomen im optischen Gitter können wir einen Bereich untersuchen, in dem die Atome genauso wie Licht überall die gleiche Ausbreitungsgeschwindigkeit haben“, sagt Martin Leder aus Weitz Team. Die beträgt hier nur rund einen Zentimeter pro Sekunde, ist also lediglich so schnell wie eine kriechende Schnecke. Nach einer anfänglichen Ausbreitung im optischen Gitter brachten die Forscher die Atome mit einem optischen Lichtpuls in einen Bereich mit negativem Brechungsindex.

Die Physiker konnten mit den Rubidium-Atomen den von Veselago theoretisch vorhergesagten Linseneffekt für eine Raumrichtung experimentell nachweisen. Der Traum von neuen Computerchips geht damit aber so schnell noch nicht in Erfüllung: Da die Wissenschaftler bei ihrem Versuchsaufbau mit Laserlicht arbeiteten, war von Anfang an klar, dass sie nicht die Auflösungsgrenze von einer Wellenlänge unterschreiten konnten. Viel wichtiger ist den Physikern jedoch die Bedeutung der Resultate für die Grundlagenforschung. „Die Ergebnisse erlauben neue Einblicke in die Eigenschaften von ultrakalten Materiewellen“, sagt Weitz. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten, feine Strukturen und fragile Quantenzustände mit optischen Gittern zu untersuchen.

U. Bonn / PH

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