Frische Luft statt Schadstoff-Mief
Chemiker der Universität Jena entwickeln Umluftaufbereitungssystem für Fahrzeuge.
Chemiker der Universität Jena entwickeln Umluftaufbereitungssystem für Fahrzeuge
Jena - Ein neues Auto erkennt man nicht nur an blitzendem Lack und neuester Technik - man erkennt es auch am Geruch. Denn wer in einen Neuwagen steigt, wird in der Regel von einem ganzen Cocktail chemischer Substanzen eingehüllt: Alles riecht irgendwie "neu": verantwortlich dafür sind vor allem flüchtige Verbindungen, die aus den Baumaterialien des Fahrzeuginnenraums ausgasen. Und die sorgen unter Umständen nicht nur für einen etwas unangenehmen Geruch, sondern können auch eine Gefahr für die Gesundheit sein.
"Die Luft im Fahrgastraum möglichst effizient von potenziellen Schadstoffen zu befreien, ist deshalb eine Notwendigkeit für die Autoindustrie", sagt Prof. Günter Kreisel von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Doch das sei schwieriger als es sich zunächst anhöre, so der Professor am Institut für Technische Chemie und Umweltchemie (ITUC) weiter. Denn die flüchtigen Substanzen entweichen in der Regel über einen langen Zeitraum. Selbst nach Jahren könnten die verbauten Kunststoffe noch Schadstoffe ausgasen. Prof. Kreisel und sein Team haben nun gemeinsam mit der helsa-automotive GmbH ein Modell für ein Umluftaufbereitungssystem entwickelt, das schädliche Gase, wie sie z. B. in Autos vorkommen, kontinuierlich abbaut. In ihrem Minireaktor verwenden die Jenaer Chemiker dazu leistungsstarke Leuchtdioden (LEDs). "Deren Einsatz in der Chemie ist bislang kaum verbreitet", so Kreisels Mitarbeiter Andreas Kirsch. Bisher sind diese vor allem zu Anzeigezwecken und für Spezialbeleuchtungen üblich.
Die Chemiker der Jenaer Universität haben für ihren Minireaktor die LEDs in einem sogenannten Array angeordnet, den sie zusammen mit der Firma Innotas Elektronik GmbH entwickelt haben. "Die verwendeten LEDs senden Licht im UV-A-Bereich aus, das an einem zugehörigen Katalysator die Bildung freier Radikale fördert", erläutert Kirsch. Als Katalysator nutzen die Chemiker ein Drahtgeflecht aus Aluminium, das nach dem eigenem SOLECTRO®-Verfahren mit Titanoxid beschichtet ist. "Die entstehenden freien Radikale sind hochreaktiv und reagieren mit den Schadstoffen, die sie dabei zersetzen", erläutert der Chemiker Kirsch das Wirkprinzip.
Die Effizienz ihres Reaktors hat die Arbeitsgruppe am ITUC an mehreren Testgasen erprobt, darunter Toluol und Acetaldehyd. Durch die Bestrahlung mit den LEDs über einen Zeitraum von zwei Stunden sank der Gehalt an Acetaldehyd im Versuchsaufbau um ca. die Hälfte. Der Anteil an Toluol nahm um etwa ein Drittel ab. "Damit konnten wir zeigen, dass das System prinzipiell geeignet ist, diese Schadstoffe abzubauen", sagt Andreas Kirsch. Nun komme es darauf an, das System weiter zu optimieren.
Wann ein solches System zur Umluftaufbereitung in der Praxis eingesetzt werden könne, ist nach Einschätzung der Jenaer Chemiker jedoch noch offen. "Bis dahin bedarf es noch einiges an Forschungs- und Entwicklungsarbeit", so Prof. Kreisel. Er und seine Mitarbeiter werden sich daher auch weiterhin diesem Thema widmen und das Projekt mit der helsa-automotive GmbH fortsetzen. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) unterstützt das Vorhaben mit rund 200.000 Euro.
Quelle: idw
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