18.12.2012

Geknickter Hoyle-Zustand

Neues vom legendären Kohlenstoffkern: Schnappschuss der Simulation gibt Einblick in die Elemententstehung.

Ein internationales Forscherteam hat im vergangenen Jahr erstmals den Kohlenstoffkern berechnet. Jetzt berichten die Wissenschaftler über einen weiteren Durchbruch bei der Erforschung des Hoyle-Zustands von C-12: Auf einem „Schnappschuss“ einer Computersimulation ist förmlich zu sehen, wie sich Partikel zusammenschließen, um das Element zu bilden. Aus der Grafik ergibt sich eine Struktur, die wie ein gebeugter Arm aussieht.

Der Hoyle-Zustand ist eine Anregung des Kohlenstoffkerns. Er ist der Bergpass, über den man von einem Tal ins andere gelangt: von drei Heliumkernen zum sehr viel größeren Kohlenstoffkern. Diese Verschmelzungsreaktion findet im heißen Inneren schwerer Sterne statt. Gäbe es den Hoyle-Zustand nicht, könnten im Weltall nur sehr wenig Kohlenstoff oder andere höhere Elemente wie Sauerstoff, Stickstoff und Eisen entstehen. Ohne diese Art von Kohlenstoffkern wäre daher vermutlich auch kein Leben möglich gewesen. Ulf Meißner vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn, Evgeny Epelbaum und Hermann Krebs vom Institut für Theoretische Physik II der RUB und Dean Lee von der NCSU gelang es 2011, den seit 1954 bekannten Hoyle-Zustand zu berechnen.

Kohlenstoff-12 kann nur existieren, wenn sich drei Alphateilchen auf eine ganz bestimmte Weise zusammenschließen. Die  Forscher bestätigten die Existenz dieses Hoyle-Zustands mit Hilfe eines numerischen Gitters, auf dem sie simulierten, wie die Protonen und Neutronen zusammenwirken. Außerdem wollten sie herausfinden, wie die Nukleonen angeordnet sind. Dies würde ihnen erlauben, die Struktur des Hoyle-Zustandes zu „sehen“. Mit Hilfe des gleichen Gitters stellten die Forscher nun zusammen mit Timo Lähde vom Forschungszentrum Jülich fest, dass die sechs Protonen und sechs Neutronen von Kohlenstoff-12 drei „Alpha-Cluster“ mit jeweils vier Nukleonen bilden. Bei geringer Energie neigen die Cluster dazu, in einer kompakten dreieckigen Formation zusammen zu klumpen. Doch im Hoyle-Zustand, einem angeregten Zustand mit höherer Energie, schließen sich die drei Alpha-Cluster zu einer Struktur zusammen, die einem gebeugten Arm ähnelt.

„Es ist interessant, dass für den Hoyle-Zustand die bevorzugte Teilchenanordnung nicht in einer geraden Kette zu bestehen scheint“, so Lee. „Eine Biegung in der Kette scheint erforderlich zu sein. Diese Arbeit führt uns zu der Frage, welche anderen Kerne über solche Alpha-Cluster-Strukturen verfügen. Dies wären in der Kernphysik ziemlich exotische Anordnungen, die einige wirklich spannende Fragen zur Form und Stabilität aufwerfen würden. Beispielsweise, ob Alpha-Cluster längere Ketten bilden können. Wir überprüfen diese Möglichkeiten.“ Epelbaum ergänzt: „Die weitere Erforschung des Hoyle-Zustands gehört zu den interessantesten, schwierigsten und aktuellsten Herausforderungen in der Kernphysik.“

RUB / OD

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