19.11.2012

Gletscherschmelze dominiert Anstieg der Meeresspiegel

Alpen verlieren bis 2040 die Hälfte ihres Eises, Ozeanpegel steigen um zwanzig Zentimeter bis zum Jahr 2100.

Seit dem Jahr 1900 ist der globale Meeresspiegel um etwa zwanzig Zentimeter angestiegen. Eine der Ursachen ist das Abschmelzen der Gletscher. Daneben spielen die Erwärmung und die damit verbundene Ausdehnung des Meerwassers, das Schmelzen der Eisschilde in Grönland und der Antarktis, sowie die Änderung des im Grundwasser und Stauseen gespeicherten Wassers eine Rolle. Ein Team von Wissenschaftlern der Universität Innsbruck hat nun ermittelt, wie groß der Anteil der Gletscher am Meerespiegelanstieg im Laufe des 20. Jahrhunderts war. Dazu haben sie die Veränderungen jedes einzelnen Gletschers auf der Erde – insgesamt rund 300.000 – mit einem numerischen Modell berechnet und viele tausend Einzelmessungen herangezogen, um das Modell zu verifizieren.

Abb.: Bei den in verschiedene Regionen (Kästen) zusammengefassten Gletschern sind die einzeln modellierten in rot markiert, die 255 für die Kreuzvalidierung verwendeten in blau. Grüne Ringe zeichnen die 341 Gletscher aus, die zur Validierung der modellierten integrierten Volumen- und Oberflächenveränderungen dienten. (Bild: Marzeion et al.)

„Aus diesen Berechnungen geht hervor, dass die Gletscher zwischen 1902 und 2009 rund elf Zentimeter zum Meeresspiegelanstieg beigetragen haben“, sagt Ben Marzeion vom Institut für Meteorologie und Geophysik. „Sie waren damit die wichtigste Ursache für die Veränderung des Meeresspiegels.“ Interessanterweise ist die Abschmelzrate über die Jahre relativ konstant geblieben: Die Temperaturen waren in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts zwar deutlich kälter als heute. Die Gletscher waren damals aber noch größer, so dass sie in tiefere und damit wärmere Lagen gereicht haben. Zusätzlich gab es in den 1930er- und 1950er-Jahren deutliche, relativ kurze Erwärmungen in der Arktis, die dort zu großen Gletscherrückgängen führten.

Anhand von fünfzehn unterschiedlichen Klimamodellen untersuchten die Innsbrucker Forscher auch, wie es um die Zukunft der Gletscher bestellt ist. „Hier gibt es große regionale Unterschiede“, sagt Marzeion. „Auch das zukünftige Verhalten der Menschheit, das heißt wie viel Kohlendioxid und andere Treibhausgase in Zukunft ausgestoßen werden, spielt eine große Rolle.“ In den Klimamodellen wurden die Unterschiede im Treibhausgas-Ausstoß durch vier verschiedene Szenarien zur zukünftigen wirtschaftlichen, sozialen und technologischen Entwicklung der Welt berücksichtigt. „Regionen mit vergleichsweise kleinen Gletschern, wie die Alpen, werden in den nächsten Jahrzehnten einen Großteil des Eises verlieren“, erklärt der Ozeanograph. „In den Alpen wird um das Jahr 2040 herum nur noch etwa die Hälfte des momentanen Eisvolumens vorhanden sein. Absolut gesehen ist dieser Verlust aber relativ gering – die Alpen werden bis dahin etwa 0,2 Millimeter zum Meeresspiegelanstieg beitragen.“ Regionen mit sehr großen Gletschern hingegen werden absolut gesehen zwar sehr viel Eis verlieren, relativ zum vorhandenen bleibt aber viel erhalten: In der kanadischen Arktis würden im Jahr 2100 noch etwa 70 Prozent des momentanen Eisvolumens vorhanden sein, allein diese Region habe bis dahin aber rund zwei Zentimeter zum Meeresspiegelanstieg beigetragen.

Insgesamt steigt der Meeresspiegel alleine aufgrund abschmelzender Gletscher bis 2100 zwischen 15 und 22 Zentimeter an. „Ob eher die untere oder obere Grenze eintritt, haben dabei die Menschen in der Hand – es hängt hauptsächlich davon ab, wie viele Treibhausgase in die Atmosphäre emittiert werden“, sagt Marzeion. Auch die weiteren Aussichten hängen im Wesentlichen davon ab, wie sich die Menschheit in Zukunft verhält: „Bis zum Jahr 2300 kann mit einem Meeresanstieg durch Gletscherschmelze zwischen 25 und 42 Zentimeter gerechnet werden, wobei im letzten Fall die Gletscher weltweit – von einigen kleinen, sehr hoch gelegene Resten abgesehen – verschwunden wären.“ Auch in Zukunft wird der Meerspiegel aber nicht nur durch Gletscherschmelze ansteigen, auch die Erwärmung des Meerwassers, das Abschmelzen der Eisschilde in Grönland und der Antarktis und Grundwasseränderungen und Stauseen sind zu berücksichtigen.

U. Innsbruck / OD

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