05.12.2013

Gut getunnelt ist halb gespart

Im Projekt UltraLowPow entwickeln Wissenschaftler erste stromsparende Anwendungen mit Tunnel-Feldeffekttransistoren.

Die Informationstechnik hält in immer mehr Lebensbereichen Einzug. Stromeinsparungen sind daher dringend notwendig. Als besonders energiesparende Komponenten bieten sich Tunnel-Feldeffekt-Transistoren (TFET) an. In dem vom Forschungszentrum Jülich koordinierten Projekt UltraLowPow entwickeln Wissenschaftler nun erste Schaltkreise und Sensoren.

Abb.: Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme: Nanodraht-Transistor mit zwanzig Nanometer Durchmesser. Im Projekt UltraLowPow soll die Technologie unter anderem für nur zehn Nanometer dünne Nanodrähte weiterentwickelt werden. (Bild: FZ Jülich)

 

Einen ersten bahnbrechenden Erfolg wollen die Jülicher Wissenschaftler Ende des Jahres auf dem International Electron Devices Meeting in den USA vorstellen: einen Inverter, der mit einer Betriebsspannung von nur 0,25 Volt auskommt. Darauf aufbauend werden die Forscher zunächst einfache Schaltungen, etwa für Speicherzellen (SRAM) und Signalverarbeitung, sowie hochempfindliche und energieeffiziente Beschleunigungs-, Druck- und Flüssigkeitssensoren entwickeln.

Transistoren sind das wichtigste elektronische Bauelement zum Verarbeiten von Informationen und auch zum Aufbau von Sensoren geeignet. Konventionelle Speicher und Prozessoren bestehen aus Metalloxid-Halbleiter-Feldeffekttransistoren (MOSFETs). Ihre Gateoxid-Schichtdicke ist nach jahrzehntelanger Miniaturisierung mittlerweile bei wenigen Atomlagen angelangt. Die unweigerlich hervorgerufenen Leckströme sind eines der Kernprobleme, die für die großen Standby-Verluste im IT-Bereich verantwortlich sind. Vor allem aber hat die Betriebsspannung seit einigen Chipgenerationen eine untere Grenze von etwa 0,7 Volt erreicht, die sich nicht weiter senken lässt, ohne dass das Schaltungsverhalten einbricht.

TFETs arbeiten dagegen noch mit Spannungen bis zu 0,25 Volt. So lässt sich der Energieverbrauch auf ein Zehntel verringern. Die Ladungsträger bewegen sich in TFETs nicht klassisch von der Source-Elektrode in das Halbleitermaterial. Sie tunneln nach quantenmechanischen Prinzipien durch die Kontaktfläche. Das reduziert Leckströme und führt dazu, dass TFETs deutlich empfindlicher auf kleine Spannungsschwankungen reagieren können als konventionelle Transistoren. Die steilere Schaltcharakteristik hilft nicht nur, Energie zu sparen. Sie ist auch eine ideale Voraussetzung zum Bau hochperformanter Schaltungen sowie hochempfindlicher Sensoren.

„Anstelle eines Standard-Transistors werden wir in UltraLowPow verschiedene Typen von TFETs entwickeln, die auf unterschiedliche Anforderungen und Hersteller zugeschnitten sind“, erläutert Projektleiter Siegfried Mantl vom Peter Grünberg Institut. „Für leistungsstärkere Transistoren verfolgen wir eine ganze Palette verschiedener Materialien für neuartige Architekturen, bei denen Nanodrähte mit einem Durchmesser von rund zehn Nanometer zum Einsatz kommen. Darüber hinaus sind aber auch einfache, planare Transistoren und Sensoren geplant. Diese kommen schon mit einem erheblich geringeren Herstellungsaufwand aus und sind daher bereits für mittelständische Unternehmen attraktiv.“

Das Projekt UltraLowPow wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 2,34 Millionen Euro gefördert. Weitere Partner neben dem FZ Jülich sind die RWTH Aachen und die TU München. Es zielt auf verschiedene Anwendungen ab: von der Automobilelektronik über zusätzliche energieeffiziente Schaltungen in Mobilgeräten, die im Standby den Betrieb aufrechterhalten, bis hin zu intelligenten Regelungs- und Sensorsystemen. Letztere könnten selbst kleine Mengen an Energie gewinnen, etwa mithilfe von Solarzellen oder Generatoren (Energie-Harvesting). Unabhängig von einer äußeren Stromzuführung wären solche Systeme praktisch wartungsfrei und damit perfekt geeignet für den Einsatz in innovativen Anwendungsfeldern, die gerade erst entstehen: Durch eine Rundum-Überwachung der Körperfunktionen könnten sie Patienten neue Freiräume ermöglichen, in Smart Homes zum Energiesparen beitragen oder in großen Netzwerken Daten über die Umwelt erfassen.

FZ Jülich / AH

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