30.10.2006

Kampf gegen Klimawandel

Durch den Klimawandel drohe der internationalen Wirtschaft ein Rückgang um rund 20 Prozent, heißt es in einer in London vorgelegten Studie.

Kampf gegen Klimawandel

London (dpa) - Wenn ein dramatisches Schrumpfen der Weltwirtschaft mit verheerenden sozialen Folgen noch verhindert werden soll, muss der Kampf gegen die Erderwärmung nach einer neuen Studie international höchste Priorität bekommen. Durch den Klimawandel drohe der internationalen Wirtschaft ein Rückgang um rund 20 Prozent, heißt es in der am Montag in London vorgelegten Studie. Die Welt könne in eine Depression schwerer als jene Anfang der 30er Jahre abgleiten. Mehr als 200 Millionen Menschen könnten auf der Flucht vor Überschwemmungen oder Dürren Aufnahme in fremden Ländern suchen.

Premierminister Tony Blair und Schatzkanzler Gordon Brown appellierten an die internationale Gemeinschaft, gemeinsame Abwehrmaßnahmen gegen die drohende Gefahr nicht mehr länger hinauszuzögern. Die Folge weiterer Inaktivität wäre «im wahrsten Sinne des Wortes katastrophal», sagte Blair. «Und dieses Desaster droht nicht in einer fernen Science-Fiction-Zukunft, sondern in unserer Lebenszeit.»

«Wir haben aber noch die Zeit und wir haben das Wissen zu reagieren», erklärte der Leiter der von der britischen Regierung im Sommer 2005 in Auftrag gegebenen Untersuchung, der Wirtschaftswissenschaftler Sir Nicholas Stern. «Aber nur, wenn wir weltweit entschlossen und rasch handeln.»

Blair vermied es in seinem Appell an die internationale Gemeinschaft, direkt die USA und deren Weigerung anzusprechen, sich wieder dem Kyoto-Umweltschutzabkommen anzuschließen. Jedoch macht der der 700 Seiten umfassende Stern-Bericht deutlich, dass nach Auffassung seiner Autoren entschlossene internationale Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase im Gegensatz zur Argumentation der US-Regierung am Ende mehr Geld einbringen als kosten würden.

Blair sagte dazu bei der Vorstellung des Berichtes: «Investitionen werden sich auszahlen, nicht nur für die Umwelt, sondern auch wirtschaftlich.» Die Welt könne allerdings nicht «wieder fünf Jahre verhandeln wie beim Kyoto-Abkommen - wir haben so viel Zeit einfach nicht und wir müssen akzeptieren, dass wir weit darüber hinaus gehen müssen».

Die Aufwendungen für umfassende Aktionen zur Reduzierung der Erderwärmung, die vor allem durch so genannte industrielle Treibhausgase verursacht werde, seien durchaus aufzubringen, rechnete der frühere Chefökonom der Weltbank, Nicholas Stern, vor. Erforderlich seien Ausgaben in Höhe von etwa einem Prozent des weltweiten Bruttosozialprodukts. Der Kampf gegen die Folgen eines weiter anhaltenden Nichtstuns werde eines Tages ein Vielfaches mehr kosten, warnte Stern.

Nach seinen Berechnungen würde eine rasche globale Offensive gegen die zunehmende Belastung der Erdatmosphäre rund 350 Milliarden Dollar (275 Milliarden Euro) kosten. Dadurch bestünde allerdings nicht nur die Chance, verheerende Folgen der Erderwärmung für weite Teile der Welt abzuwenden. Die Weltwirtschaft könnte mit zielgerichteten Umweltinvestitionen bis 2050 sogar insgesamt einen «Profit» von etwa 2,5 Billionen Dollar erwarten. Hingegen würden die Kosten im Falle des Ausbleibens von Gegenmaßnahmen ein Mehrfaches ausmachen.

Zu den dringend erforderlichen Aktionen zur Gefahrenabwehr muss laut Stern gehören, dass die Ziele der Schadstoffreduzierung deutlich erhöht werden und dass sich Länder wie die USA, China und Indien an deren Einhaltung beteiligen. Zur Hilfe für ärmere Staaten müsse die Weltbank rasch einen Fond in Höhe von 20 Milliarden Dollar schaffen. Ländern wie Brasilien, Papua-Neuguinea und Costa Rica müsse geholfen werden, weite Teile der tropischen Regenwälder aufzuforsten.

Für den Fall, dass sich die internationale Gemeinschaft nicht zu entschlossenen und Schritten gegen den Klimawandel bereit findet, umreißt der Stern-Bericht ein Schreckensszenario: Weiter schmelzende Polkappen würden die Flutgefahr dramatisch erhöhen. Steigende Meeresspiegel würden weite Landflächen vernichten und 200 Millionen Menschen in die Flucht treiben. Vor allem in Afrika würden sich landwirtschaftliche Nutzflächen in unfruchtbare Trockenzonen verwandeln. 40 Prozent der Tier- und Pflanzenarten könnten vernichtet werden.

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