29.12.2007

Köhler gibt Bildungspolitik schlechte Note

Bundespräsident Horst Köhler hat der Bildungspolitik in Deutschland die Note mangelhaft gegeben und als eine zentrale Ursache für soziale Ungerechtigkeit bezeichnet.

- Mehr «Reform-Ehrgeiz»

Berlin (dpa) - Bundespräsident Horst Köhler hat der Bildungspolitik in Deutschland die Note mangelhaft gegeben und als eine zentrale Ursache für soziale Ungerechtigkeit bezeichnet. In einem Gespräch mit der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Samstag) zeigte er sich besorgt über den Zusammenhalt der Gesellschaft und forderte Regierung und Parteien zu mehr Transparenz, Respekt vor den Leistungen der Bürger und zugleich zu mehr «Reform-Ehrgeiz» auf.

Köhler sagte: «Gleiche Bildungschancen sind die wichtigste Form sozialer Gerechtigkeit. Hier hapert es in Deutschland, und alle wissen es.» Arbeiterkinder hätten es viel schwerer, auf das Gymnasium und später auf die Universität zu kommen. Noch schlechter stehe es um Kinder von Zugewanderten. «Das ist ein unakzeptabler Zustand.» Eine Gesellschaft werde durch Chancengerechtigkeit zusammengehalten. Die Zahl von 3,4 Millionen Arbeitslosen sei immer noch viel zu hoch. Die meisten von ihnen seien Langzeitarbeitslose und Menschen mit geringer Qualifizierung. Ihre Lage sei der wichtigste Ausdruck von sozialer Ungerechtigkeit und eine der Hauptgründe für Kinderarmut.

Der Bundespräsident zeigte sich auch besorgt über eine zunehmend verunsicherte Mittelschicht. Die Einkommensschere klaffe immer weiter auseinander. Vergleichsweise wenige Arbeitnehmer erfreuten sich enormer Einkommenszuwächse, während die Bezüge der breiten Mittelschicht stagnierten oder sogar sänken. «Doch die Menschen in der Mitte der Gesellschaft erbringen den Löwenanteil dessen, was verteilt wird.» Ihre Anstrengung verdiene Respekt und Förderung durch den Staat. «Bei allem Werben der Politik um die Mitte: Die Steuer- und Beitragszahler merken am Geldbeutel, wie handfest die Unterstützung für sie wirklich ist.»

Vertrauen in die Demokratie gehe verloren, wenn die Bürger ein Bewusstsein entwickelten, dass sie für ihren Beitrag keine angemessene Gegenleistung erhielten, sagte Köhler. «Die Demokratie lebt davon, dass die Bürger ihre Grundregeln verstehen, verinnerlichen und bejahen. Die Komplexität des Steuer- und Abgabensystems kann einen Grad erreichen, der dem zuwiderläuft.» Ein einfaches, durchschaubares Steuer- und Sozialsystem wäre eine Stärkung von Demokratie und Staat.

Den etablierten Parteien könne es auch nicht schaden, mehr mit den Bürgern zu reden und ihnen genauer zuzuhören: «Die Diskussionen in Berlin haben mit der Wirklichkeit der Menschen zuweilen recht wenig zu tun», mahnte Köhler. Eine Direktwahl des Bundespräsidenten darf nach seinen Worten kein Tabuthema sein. Das Staatsoberhaupt solle für alle Menschen in Deutschland sprechen. «Dann sollte es nicht undenkbar sein, dass er von den Deutschen auch direkt gewählt wird.»

Köhler mahnte, am Konjunkturhimmel zögen Wolken auf. «Deshalb wünschte ich mir mehr Reform-Ehrgeiz.» Dazu sei politischer Mut nötig. «Wir haben ein Problem mit dem Aushaltenkönnen, bis Reformen wirken.» Deutschland habe sich noch nicht genügend auf die Chancen und Risiken der Globalisierung und die Alterung der Bevölkerung eingestellt. «Einem Schritt oder zweien voran folgt leider oft auch wieder ein Schritt zurück.»

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