Komplexe Beschichtungen für Ultraschallsensoren
Digitalisiertes Verfahren verbessert Herstellung piezoelektrischer Schichten für hochauflösende Ultraschallsensoren.
Piezoelektrische Schichten spielen eine Schlüsselrolle bei der Herstellung von Ultraschallmikroskopen, die immer kleinere Halbleiterbauelemente und biologische Zellstrukturen untersuchen. Die steigenden Anforderungen an die Qualität und Reproduzierbarkeit dieser Schichten stellen hohe Ansprüche an die komplexen Beschichtungsprozesse. Um diese Herausforderung zu meistern, entwickelt das Fraunhofer FEP einen digitalen Zwilling des Beschichtungsverfahrens für piezoelektrische Dünnschichten. Dies ermöglicht die digitale Abbildung und Optimierung der Prozesse und führt zu einer deutlichen Verbesserung der Leistung und Reproduzierbarkeit von Ultraschallsensoren.
Piezoelektrische Dünnschichten sind hochkristalline Schichten, bei denen durch Anlegen einer elektrischen Spannung eine Verformung des Materials auftritt, wodurch etwa Schallimpulse ausgesendet werden können. Durch angepasste Schichteigenschaften und Schichtdicken, sowie sehr schnelles Anlegen dieser Spannung lassen sich Ultraschallimpulse aussenden. Für höhere Frequenzen und damit bessere Auflösung der Ultraschallmikroskope sind immer kürzer werdende Abstände der Schallimpulse notwendig. Die Anforderungen an die Schichtqualität und dementsprechend Prozessqualität steigen damit mit zunehmender Zielfrequenz stark an.
Um diesen wachsenden Anforderungen gerecht zu werden, arbeiten sechs Partner im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Gemeinschaftsprojektes DigiMatUs an der Digitalisierung von Beschichtungsprozessen zur Herstellung hochauflösender piezoelektrischer Ultraschallsensoren. Das Fraunhofer-Institut für Elektronenstrahl- und Plasmatechnik FEP in Dresden entwickelt in diesem Kontext einen digitalen Zwilling des Beschichtungsverfahrens für piezoelektrische Dünnschichten auf Basis von Aluminiumnitrid (AlN) und Aluminiumscandiumnitrid (AlScN).
Die Schichtabscheidung findet an den Clusteranlagen des Fraunhofer FEP mittels Puls-Magnetron-Sputterprozessen statt. Dabei werden die vielfältigen Prozessparameter und Einflussfaktoren und deren Auswirkungen auf die Schichteigenschaften untersucht und digital erfasst. Die Basis der Datenanalyse stellt eine gemeinsam mit den Projektpartnern erarbeitete Ontologie für Dünnschichtmaterialien und -prozesse dar. Eine Ontologie beschreibt hierbei ein formales System zur Klassifizierung und Strukturierung von Wissen in einem bestimmten Fachgebiet, um Zusammenhänge und Eigenschaften klar abzubilden. Die dadurch zu realisierende digitale Abbildung der Materialien und Verfahren ermöglicht eine präzise Modellierung und Optimierung der Prozessabläufe. So lassen sich Prozess- und Materialeigenschaften detailliert analysieren, was zu einer verbesserten Leistung und Reproduzierbarkeit der Ultraschallsensoren führt und auch weitere Entwicklungsschritte effizienter umsetzbar macht.
„Die Entwicklung der Modelle stellt eine besondere Herausforderung dar, da eine Vielzahl von Prozessparametern und deren Wechselwirkungen berücksichtigt werden müssen. Insbesondere die vergleichsweise geringe Anzahl an Datenpunkten bei gleichzeitig großem Parameterraum stellt hohe Anforderungen an die Entwicklung einer robusten Abbildung der Realität. Das Fraunhofer FEP bringt hier seine langjährige Expertise in der Dünnschichtprozessierung und -charakterisierung ein und schafft damit die Grundlage für eine effizientere und digital gestützte Produktion,“ erklärt Stephan Barth, Projektleiter am Fraunhofer FEP.
Das Projekt nutzt modernste Technologien wie Ontologien und Künstliche Intelligenz (KI), um die Zusammenhänge zwischen den Prozessparametern zu analysieren und zu beschreiben. So können beispielsweise Vorhersagen darüber getroffen werden, wie Veränderungen im Beschichtungsprozess – wie die Anpassung der Kathodenspannungen, der Substrattemperatur oder des Beschichtungsdrucks – die Materialeigenschaften beeinflussen. Dies ermöglicht eine gezielte Optimierung der Schichten und verbessert die Effizienz der Prozessentwicklung.
Im Rahmen des bisherigen Projektablaufs wurde gemeinsam mit den Projektpartnern eine erste Version der Dünnschicht-Ontologie entwickelt, die digitale Erfassung und Verarbeitung von Anlagen- und Prozessparametern der Anlagen am Fraunhofer FEP erweitert, sowie verschiedene Materialeigenschaften der Dünnschichten auf den Glaskörpern der Objektive in Abhängigkeit dieser Parameter bestimmt. Testsubstrate wurden an den Anlagen des Fraunhofer FEP beschichtet und an die Projektpartner übergeben, um eine Charakterisierung entlang der weiteren Wertschöpfungskette zu realisieren. Die bisher gesammelten Daten bilden die Grundlage für die Entwicklung der KI-Modelle des Projektpartners Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Im Projektverlauf werden die Ontologie und KI-Modelle sukzessive weiterentwickelt, um eine bessere Abbildung der Realität umzusetzen. Anhand der erarbeiteten Modelle erfolgen weitere Beschichtungen von Testsubstraten für die Charakterisierung am Fraunhofer FEP und bei den Projektpartnern zu Verbesserung der Modelle.
Neben der Optimierung der Ultraschallsensorik eröffnen die Projektergebnisse auch neue Möglichkeiten für andere Anwendungen, die auf Dünnschichttechnologien basieren. Die digitale Abbildung der Material- und Prozessdaten durch die Dünnschicht-Ontologie und die KI-Modelle kann wiederverwendet und auf ähnliche Beschichtungsprozesse übertragen werden, was die Forschung und Entwicklung neuer Materialien in Zukunft stark beschleunigen wird.
Fh.-FEP / DE