10.01.2014

Kosmischer BOSS

Genaue Kartierung der baryonischen akustischen Oszillationen legt enge Grenzen an die dunkle Energie.

Auf der Januar-Tagung der amerikanischen astronomischen Gesellschaft (AAS) gaben Wissenschaftler des BOSS-Teams (Baryon Oscillation Spectroscopic Survey) bekannt, dass sie den Abstand zu Galaxien in einer Entfernung von mehr als sechs Milliarden Lichtjahren mit einer Genauigkeit von einem Prozent gemessen haben. Gemeinsam mit Informationen über die Ausdehnungsgeschwindigkeit des Universums konnten Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) mit diesen Messungen die Eigenschaften der geheimnisvollen Dunklen Energie sehr genau einschränken.

Abb.: Modell der neuen Meßmethode. Die grauen Kugeln veranschaulichen das Muster der „baryonischen akkustischen Oszillationen“ aus dem frühen Universum. Die Galaxien zeigen heute eine geringe Tendenz sich auf diesen Kugelflächen anzuordnen. (Bild: Z. Rostomian, Lawrence Berkeley Nat. Lab.)

Die neuen Abstandsmessungen hat Daniel Eisenstein von der Harvard-Universität vorgestellt, der auch Direktor der Kollaboration Sloan Digital Sky Survey III (SDSS-III) ist. Entfernungen zu den Planeten in unserem Sonnensystem können mit Radar sehr genau gemessen werden, aber für weiter entfernte Objekte sind die Astronomen auf weniger direkte Methoden angewiesen. Nur ein paar hundert Sterne und einige wenige Sternhaufen sind nahe genug, damit man ihre Entfernungen mit einer Genauigkeit von einem Prozent messen kann. Fast alle diese Sterne sind nur ein paar tausend Lichtjahre entfernt. Die neuen BOSS-Messungen reichen nun bis zu Entfernungen, die eine Million mal größer sind, und sondieren das Universum weit über unsere eigene Galaxie hinaus mit bisher unerreichter Genauigkeit.

BOSS misst „baryonische akustische Schwingungen“ (BAOs), die sich in der Anordnung der Galaxien im Kosmos zeigen. Diese Schwankungen in der Materieverteilung entstanden durch Druckwellen im frühen Universum, die sich im Plasma ausbreiteten. Damals war das Universum so heiß und dicht, dass die Photonen eng mit Protonen und Neutronen gekoppelt waren. Die Größe dieser periodischen Schwankungen lässt sich direkt aus physikalischen Grundlagen berechnen und dient somit als Lineal, das sehr genau gemessen werden kann.

Ariel Sanchez und Francesco Montesano, Nachwuchswissenschaftler am MPE, sind Erstautoren für eine begleitende Veröffentlichung, in der dieses „BOSS-Lineal“ nicht nur senkrecht zur Sichtlinie gemessen wurde, sondern auch parallel dazu. Damit konnten sie zusätzlich die Anisotropie in der klumpigen Galaxienverteilung messen. „Damit können wir nicht nur bestimmen, wie weit diese Galaxien von uns entfernt sind, sondern auch wie schnell sie sich bewegen“, erklärt Ariel Sanchez. „Wir können also die Rate bestimmen, mit der das Universum sich ausdehnte und zwar vor sechs Milliarden Jahren.“

Bereits vor einem Jahr präsentierte das BOSS-Team vorläufige BAO-Messungen auf der Grundlage der frühen Galaxienkarten; die neue Analyse umfasst nun aber ein größeres Volumen des Universums. Die Messung ist somit deutlich genauer, die Standorte von 1,2 Millionen Galaxien sind inzwischen kartographiert. Die jetzigen Ergebnisse enthalten auch erste Messungen der BAOs aus einer Stichprobe von mehr nahen Galaxien.

„Die fernen Galaxien erlauben uns einen Blick zurück in eine Zeit, als das Universum etwa die Hälfte seines heutigen Alters hatte; die nahen Galaxien zeigen uns ein weiter entwickeltes Universum“, sagt Ariel Sanchez. „Wenn wir beide Messungen zusammen nehmen, erhalten wir sehr starke Einschränkungen für die Eigenschaften der Dunklen Energie, die wahrscheinlich für die aktuelle beschleunigte Ausdehnung des Universums verantwortlich ist.“

Bisher passen die BOSS-Messungen anscheinend zu einer Form der Dunklen Energie, die im Laufe der Geschichte des Universums konstant bleibt – im Gegensatz zu sowohl normaler als auch Dunkler Materie, die durch die Ausdehnung des Universums verdünnt werden. Diese Dunkle Energie, mathematisch als „kosmologische Konstante“ beschrieben, scheint mit dem Raum selbst verbunden zu sein. Diese Theorie ist inzwischen zum Standard-Modell für die Dunkle Energie geworden. „Da unsere Daten ständig besser und besser werden, können wir dieses Standardmodell immer strengeren Tests unterziehen“, sagt Ariel Sanchez.

MPE / DE

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