Kupfer mit Geschichte
Eisbohrkern aus den Anden offenbart Beginn der Kupferverhüttung in Südamerika.
Der Bergbau Südamerikas versorgt den halben Globus mit Kupfer. In den Anden liegen die weltgrößten Minen. Doch wann die Kupferproduktion dort begann, blieb bislang unklar. Von den frühen Hochkulturen in Peru, Chile und Bolivien sind kaum Überlieferungen und Artefakte erhalten. Forscher des Paul Scherrer Instituts PSI in Villigen sind dem Geheimnis nun trotzdem auf die Spur gekommen. Durch die Analyse des Eises am Illimani-
Abb.: Blick von La Paz auf den Gletscher des Nevado Illimani in Bolivien (Bild: T. Jenk / PSI)
Kupferbergbau hat in Südamerika eine enorme Bedeutung: Chile und Peru sind die beiden größten Kupferproduzenten der Welt; allein Chile fördert über 30 Prozent des globalen Aufkommens. Die Anfänge dieses zentralen Wirtschaftszweiges lagen bislang jedoch im Dunkeln. Gewissheit hatte man nur aus Zeiten der Moche-
Das Eis eines Gletschers ist im Prinzip eine Art Archiv; in seiner Schichtung sind wie in den Jahresringen eines Baums die regionale Klimaentwicklung und Luftqualität der Vergangenheit gespeichert. Jedes Jahr kommt eine neue Schicht gefrorener Niederschlag obendrauf. Und jedes Mal werden Staubteilchen eingelagert, die zu jener Zeit durch die Luft schwebten. Bohrt man also tief in den Gletscher hinein und zieht eine lange Säule Eis heraus, kann man sie vorsichtig und unter Kühlung in ein Labor bringen und untersuchen. Und so nahm sich das Team um Anja Eichler und Projektleiterin Margit Schwikowski einen 139 Meter langen Eisbohrkern vor, der 1999 während einer Expedition in rund 6300 Metern Höhe auf dem Illimani-
In einem Kühlraum des PSI schmolzen die Forscher den Eisbohrkern mit einem eigens entwickelten Gerät kontinuierlich Schicht für Schicht ein und analysierten das Schmelzwasser mit einem Massenspektrometer. Dieses Instrument kann verschiedene chemische Elemente voneinander trennen und mengenmässig bestimmen. „So arbeiteten wir uns in der Zeit zurück bis ungefähr 4500 v. Chr. – das entsprechende Eis dieser Zeit lag in ungefähr 134 Metern Tiefe“, berichtet Anja Eichler. „Und wir stellten fest, dass die ersten höheren Kupferkonzentrationen, die auf den Menschen zurückgehen müssen, um das Jahr 700 v. Chr. auftraten.“
Abb.: Anja Eichler (links) und Margit Schwikowski im Kühlraum des PSI mit dem Eisbohrkern (Bild: T. Jenk / PSI)
Zu jener Zeit lebte nordwestlich des Gletschers die Chavin-
Anja Eichler recherchierte daraufhin in den Archiven zahlreicher Museen und konnte als Belege immerhin zwei Kupferartefakte aus jener Zeit finden: Eine verbogene Nadel der Chiripakultur, die 1934 gefunden wurde und seither im American Museum for Natural History in New York aufbewahrt wird. Und ein Armband, das in Bolivien gefunden wurde und ausgestellt wird, sich aber keiner Kultur klar zuordnen ließ. Zwar gibt es auch Kupferobjekte aus der Zeit zwischen 1400 und 1100 v. Chr. – also noch früher. „Dabei handelt es sich aber um gehämmerte Bleche aus gediegenem Kupfer“, erklärt Margit Schwikowski. „Das ist elementares Kupfer, das so auch in der Natur vorkommt. Es ist aber sehr selten. Für Kupfer in größeren Mengen muss man Erz abbauen und daraus durch Schmelzen das reine Kupfer gewinnen.“
Überlieferungen von entsprechenden Schmelzöfen gibt es zwar erst aus der späteren Moche-
Die Kupferpartikel in den Schichten eines Gletschers stammen aus zwei verschiedenen Quellen: Natürlicher Mineralstaub, der durch den Wind von der Gesteinsoberfläche der Berge abgetragen wird und neben anderen Metallen Kupfer enthält. Und die Staubpartikel, die bei der Kupferverhüttung in die Luft gelangen. Um herauszufinden, wann diese Verhüttung einsetzte, mussten die PSI-
Zwar schwankt auch der natürliche Eintrag im Laufe der Zeit. So war die Kupferkonzentration zwischen 4500 und 2500 v. Chr. sogar höher als zu Zeiten der späteren Hochkulturen. Ein Vergleich mit dem Verlauf des Seespiegels des Titicacasees ergab jedoch, dass dies an einer langen Periode ausgeprägter Trockenheit und entsprechend größeren Staubmengen in der Luft gelegen haben muss. Deshalb war parallel dazu auch der Cer-
Mit ihrer Studie korrigieren die Forscher ein Bild, das eine andere Studie einige Jahre zuvor ergeben hatte. In dieser postulierte eine andere Forschergruppe, die Kupferverhüttung in Südamerika habe noch früher, schon um 2000 v. Chr. begonnen. Die Gruppe hatte auf ähnliche Weise einen Torfbohrkern aus Feuerland analysiert und bereits für diese frühe Zeit einen starken Anstieg der Kupferkonzentration festgestellt. Torf bildet ähnlich wie Eis Schichten über die Jahre und Jahrhunderte, die die Umweltverschmutzung vergangener Zeiten speichern. „Allerdings liegt Feuerland rund 3000 Kilometer südlich von den Zentren der Metallurgie in den Anden“, sagt Anja Eichler. „Außerdem reichte der Torfbohrkern in der Zeit nur wenig weiter zurück als jene 2000 v. Chr. – unser Eisbohrkern dagegen bis über 4500 v. Chr. hinaus. Dadurch waren wir in der Lage, die natürlichen Schwankungen in der Ablagerung von Kupferstaub vor dem Beginn der Verhüttung zu quantifizieren. Und unsere Ergebnisse legen nahe, dass der damalige Anstieg in Feuerland eine regionale natürliche Schwankung war.“
PSI / DE