Magnetischer Kohlenstoff mit winzigen Mustern
Mikro- und Nanostrukturierung per Lithographie – Potenzial für MEMS, NEMS sowie bildgebende Techniken.
Forschern am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ist es erstmals gelungen, mikro- und nanostrukturierten magnetischen Kohlenstoff herzustellen. Gemeinsam mit Wissenschaftlern an der Universität Freiburg versahen sie Polymere per Lithographie mit winzig kleinen Strukturen und wandelten sie über Pyrolyse um. So erhielten sie pyrolytischen magnetischen Kohlenstoff (PMC). Dieser ist kostengünstig, lässt sich bei Raumtemperatur nutzen und eignet sich für Mikro- und Nano-elektromechanische Systeme (MEMS und NEMS).
Abb.: Das Modell des PMC zeigt die für die magnetischen Eigenschaften verantwortlichen ungepaarten Elektronenspins (rot; Bild: S. Sharma, KIT)
Reiner Kohlenstoff ist normalerweise nicht magnetisch. Daher konzentrierte sich die Nanotechnologie beim Einsatz von Kohlenstoff bisher auf dessen Fähigkeit zum Elektronentransport. Kohlenstoff mit magnetischen Eigenschaften wurde zwar bereits vereinzelt hergestellt, jedoch ohne die Produktion auf die Mikro- und Nanoskala zu übertragen. Forschern um Jan Korvink am Institut für Mikrostrukturtechnik des KIT ist es zusammen mit Wissenschaftlern um Stefan Weber am Institut für Physikalische Chemie der Uni Freiburg nun erstmals gelungen, mikro- und nanostrukturierten magnetischen Kohlenstoff herzustellen. Der von ihnen gefertigte pyrolytische magnetische Kohlenstoff ist kostengünstig, bleibt anders als die meisten magnetischen Materialien auch bei extrem hohen Temperaturen stabil, erfordert keine speziellen Lagerungsbedingungen, lässt sich bei Raumtemperatur nutzen und ist mit den meisten skalierbaren lithographischen Techniken kompatibel.
Die Forscher verwendeten als Ausgangsstoff Polymere, wie sie bei der Fertigung von mikro-elektromechanischen Systemen eingesetzt werden. MEMS sind winzige Bauteile, die elektrische und mechanische Informationen verarbeiten, unter anderem in der Mess- und Sicherheitstechnik, Medizin- und Automobiltechnik. Die verwendeten Polymere lassen sich durch verschiedene Verfahren mit Mikro- und Nanostrukturen versehen; die Karlsruher und Freiburger Wissenschaftler bedienten sich dazu der Photolithographie und der Zwei-Photonen-Lithographie. Bei Ersterer werden die in einer Maske gespeicherten Informationen durch fotografische Abbildung in eine strahlungsempfindliche Schicht übertragen. Letztere härtet flüssiges Harz durch fokussierte Laserstrahlen aus und schafft so in hohem Tempo winzige dreidimensionale Strukturen.
Die Wissenschaftler unterzogen die strukturierten Polymere einer Pyrolyse, wobei die Temperatur bei nur etwa 600 Grad Celsius lag, was für eine ganze Reihe von MEMS-Materialien verträglich ist. So wandelten sie die Polymere in Kohlenstoff um. „Dieser pyrolytische magnetische Kohlenstoff, kurz PMC, unterscheidet sich grundlegend von glasartigem Kohlenstoff, der klassischen Form des pyrolytischen Kohlenstoffs. PMC besitzt intrinsische magnetische Eigenschaften, weil er während der Pyrolyse seine Mikrostruktur verändert und ungepaarte Elektronenspins aufgebaut hat“, erklärt Swati Sharma vom IMT. „Je mehr ungepaarte Elektronenspins vorliegen, desto stärker sind die magnetischen Eigenschaften.“
Der nach dem dargestellten Verfahren hergestellte PMC ist dank seiner Stabilität und der günstigen Herstellungskosten für viele Anwendungen attraktiv, wie für die nächste Generation der Mikroelektromechanischen Systeme (MEMS) und die weiter miniaturisierten Nanoelektromechanischen Systeme (NEMS), für Magnetresonanzspektroskopie und weitere bildgebende Techniken sowie die Herstellung von magnetischen Kompositen. Darüber hinaus ist PMC interessant für die grundlegende Erforschung magnetischer Phänomene in Kohlenstoff.
KIT / OD