„Meilenstein auf dem Weg zum CO2-freien Kraftwerk“
Neues Verfahren soll Kohlendioxid-Ausstoß kostengünstig und energieeffizient senken.
Das an der TU Darmstadt in den vergangenen vier Jahren untersuchte Carbonate-Looping-Verfahren zur Kohlendioxid-Abscheidung könnte die CO2-Emissionen von Kraftwerken um über 90 Prozent senken und dabei sowohl deutlich weniger Energie verbrauchen als auch weniger Kosten verursachen als bisherige Ansätze. Ein weiterer wesentlicher Vorteil des Verfahrens: Es lässt sich in bestehenden Kraftwerken nachrüsten.
Abb.: In ihrer Versuchsanlage zur Abscheidung von Kohlendioxid haben Wissenschaftler der TU Darmstadt das Carbonate-Looping-Verfahren erfolgreich erforscht. Bild: Thomas Ott
Bei der Verbrennung fossiler Energieträger wie Kohle und Erdgas entstehen große Mengen des Klimagases Kohlendioxid. Eine Schlüsseltechnologie für emissionsärmere Kraftwerke ist daher die Abscheidung und Weiterverwendung des Kohlendioxids aus Kraftwerksabgasen (Carbon Capture and Utilisation, CCU). Dies könnte die Emissionen aus dem Einsatz fossiler Brennstoffe in der Stromerzeugung und der Industrie reduzieren und so dazu beitragen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern. Die bisherigen Ansätze zur CO2-Abscheidung erfordern allerdings einen hohen Energie- und Kostenaufwand, was die Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz dieser Verfahren in Frage stellt.
Das Carbonate-Looping-Verfahren nutzt natürlich vorkommenden Kalkstein, um das CO2 zunächst in einem ersten Reaktor aus dem Abgasstrom des Kraftwerks zu binden. In einem zweiten Reaktor wird das reine Kohlendioxid wieder freigesetzt und kann anschließend weiterverarbeitet oder gespeichert werden. Grafik: EST / TU Darmstadt
In einer Versuchsanlage erforscht das Institut für Energiesysteme und Energietechnik der TU Darmstadt verschiedene neuartige Verfahren zur CO2-Abscheidung. Sie sollen bei äußerst geringem Energieaufwand und geringen Kosten CO2-Emissionen fast vollständig vermeiden.
Bei den Versuchen stellt insbesondere das sogenannte Carbonate-Looping-Verfahren einen vielversprechenden Ansatz dar, das von den Darmstädter Forschern in mittlerweile über 1.000 Betriebsstunden untersucht wurde: Beim Carbonate-Looping-Verfahren wird natürlich vorkommender Kalkstein genutzt, um das CO2 zunächst in einem ersten Reaktor aus dem Abgasstrom des Kraftwerks zu binden.
In einem zweiten Reaktor wird das reine Kohlendioxid wieder freigesetzt und kann anschließend weiterverarbeitet oder gespeichert werden. In der Versuchsanlage der TU Darmstadt konnte das Carbonate-Looping-Verfahren über 90 Prozent des Kohlendioxids abscheiden. Gleichzeitig wurden die bisher zur CO2-Abscheidung nötige Energie sowie die Kosten auf weniger als die Hälfte reduziert.
Ein weiterer Vorteil des Carbonate-Looping-Verfahrens ist, dass auch bestehende Kraftwerke mit dem Verfahren nachgerüstet werden können. „Dieses Verfahren stellt einen Meilenstein auf dem Weg zum CO2-freien Kraftwerk dar. Dadurch könnten Kohle-, Erdgas-, Biomasse- und Müllverbrennungskraftwerke zuverlässig und kostengünstig Strom und Wärme erzeugen, ohne die Umwelt zu belasten“, sagt Institutsleiter Prof. Dr.-Ing. Bernd Epple, der das Verfahren mit seinen über 30 Mitarbeitern erforscht.
Video: Kohlekraft ohne Kohlendioxid?
Video zur Einweihung der Versuchsanlage zur Abscheidung von Kohlendioxid an der TU Darmstadt (03.11.2010).
Verfahren für Einsatz in großtechnischen Anlagen geeignet
Da verschiedene begleitende Untersuchungen und Simulationen eine großtechnische Eignung des Verfahrens versprechen, werden die an der TU Darmstadt gewonnenen Erkenntnisse derzeit auf einen etwa 20-fach größeren Maßstab hochskaliert. Ziel dieses Projekts, das vom Bundeswirtschaftsministerium und verschiedenen Industriepartnern unterstützt wird, ist die Planung einer 20-fach größeren Anlage in einem bestehenden deutschen Kraftwerk. An welchem Kraftwerksstandort die Anlage installiert wird, steht derzeit noch nicht fest.
Die Erforschung des Carbonate-Looping-Verfahrens wurde bisher vom Bundeswirtschaftsministerium und verschiedenen Industriepartnern mit mehr als 5 Millionen Euro gefördert. Ein weiteres Projekt, das von der Europäischen Union und der Industrie mit 1,5 Millionen Euro gefördert wird, soll die Energieeffizienz des Verfahrens weiter verbessern.
csi