30.09.2021

Membranen im Detail verstehen

Neue Arbeitsgruppe widmet sich der Biophysik von Ionenkanälen.

Als „U-Boote des Wissens“ bezeichnete der Biochemiker Ernst-Ludwig Winnacker die Viren, weil sich an ihnen, reduziert auf das absolut Wesentliche, grundlegende Prozesse der Zellbiologie studieren lassen. In diesem Sinne nutzt Indra Schröder Ionenkanäle, die in Viren vorkommen, um daran die Struktur-Funktions­prinzipien dieser kleinsten Poren in den Zellmembranen zu untersuchen. Die 43-jährige Biophysikerin hat seit September eine von der Deutschen Forschungs­gemeinschaft (DFG) geförderte Heisenberg-Professur für Biophysik der Ionenkanäle an der Friedrich-Schiller-Universität Jena inne und erklärt: „Ionenkanäle verknüpfen in unserem Körper chemische und elektrische Informationen und spielen damit eine Schlüsselrolle für Stoff- und Signal­transporte.“ Die detaillierte Kenntnis ihrer Funktion bietet wichtige Ansatz­punkte für das Verständnis von Krankheits­mechanismen.

 

Abb.: Als Heisenberg­professorin am Universitäts­klinikum Jena erforscht...
Abb.: Als Heisenberg­professorin am Universitäts­klinikum Jena erforscht Indra Schröder die Biophysik von Ionen­kanälen. (Bild: M. Szabó, Uniklinikum Jena)

Ionenkanäle sind Protein­moleküle, die aus mehreren Untereinheiten aufgebaut sind; aufgrund elektrischer oder chemischer Signale ändert sich deren Struktur. Um den Virenkanälen und auch viel komplexer strukturierten, klinisch relevanten Kanal­proteinen beim Öffnen und Schließen zuschauen zu können, nutzt die Wissenschaftlerin ausgefeilte elektro­physiologische Methoden, sie baut künstliche Zellmembranen und misst mit Mikrometer-feinen Elektroden den durch einen Kanal fließenden Strom. Eine besondere methodische Herausforderung für die Messungen ist die Geschwindigkeit des Schalt­prozesses. „Wir erreichen im Idealfall eine Zeitauflösung bis in den Nanosekunden­bereich“, so die Professorin, „diese Messdaten ergänzen wir durch Zusammen­arbeit mit theoretisch arbeitenden Gruppen, um aus deren molekül­dynamische Simulations­rechnungen statistische Vorhersagen treffen zu können.“

Indra Schröder studierte Physik an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel und forschte bereits als Doktorandin am dortigen Institut für Angewandte Physik und Zentrum für Biochemie und Molekular­biologie an Ionenkanälen. Nach ihrer Promotion arbeitete sie als PostDoc an der TU Darmstadt und anderthalb Jahre lang an der Universität Mailand. In Darmstadt habilitierte sie sich mit der hoch­aufgelösten Analyse des Schalt­verhaltens von Ionenkanälen für die Fächer Biophysik und Zellbiologie. An der TU Darmstadt leitete sie eine eigene Junior­arbeits­gruppe im Fachbereich Biologie.

Im vergangenen Jahr wurde Indra Schröder in das Heisenberg-Programm der DFG aufgenommen. Die bis zu fünfjährige Förderung ermöglicht ihr den Ausbau ihrer wissenschaftlich eigenständigen Arbeitsgruppe. Diese ist am Institut für Physiologie II des Universitäts­klinikums angesiedelt, das schwerpunkt­mäßig an Ionenkanälen und Membran­rezeptoren forscht. In der hier koordinierten DFG-Forschungs­gruppe zur Dynamik von Ionenkanälen und Transportern leitet sie ein Teilprojekt. Als Heisenberg­professorin hat Indra Schröder keine Lehrverpflichtung, wird sich aber am interfakultären Masterstudiengang Medical Photonics und an der Physiologie­lehre für Studierende im Nebenfach beteiligen. Für ihr Forschungsgebiet hat die Biophysikerin schon zu vielen Arbeitsgruppen an Klinikum, Universität und den außeruniversitären Forschungs­einrichtungen auf dem Beutenberg Kontakte knüpfen können. „Ich freue mich, Teil des Jenaer Netzwerks im Bereich der Bio- und Medizin­photonik zu werden“, so Schröder.

Uniklinikum Jena / DE

 

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