18.11.2025 • AstronomieGroßgeräte

Vier Laser für das VLTI

Die umfangreiche Aufrüstung des Paranal-Observatoriums verbessert die Beobachtungskapazität und die Abdeckung des südlichen Sternhimmels.

Anfang November wurden erstmals vier Laser gleich­zeitig über dem Stand­ort Paranal der Euro­pä­i­schen Süd­stern­warte (ESO) in Chile in den Himmel geschos­sen. Jeder Laser er­zeug­te einen künst­li­chen Stern, mit des­sen Hilfe Astro­nomen die durch die Erd­atmo­sphäre verur­sachte Unschärfe messen und anschließend korri­gieren können. Der beein­druckende Start dieser Laser, jeweils einer an jedem der 8-Meter-Unit-Tele­scopes, ist ein wichtiger Meilen­stein des Projekts GRAVITY+, einer bedeu­tenden Auf­rüs­tung des Very Large Telescope Inter­fero­meter (VLTI), das von einem europäi­schen Kon­sor­tium unter der Lei­tung des Max-Planck-Insti­tuts für extra­terres­tri­sche Physik (MPE) ent­wor­fen und ent­wickelt wurde. GRAVITY+ ermög­licht die Beob­achtung licht­schwächerer Objekte als bisher und erwei­tert die Erfas­sung des Himmels durch das VLTI erheb­lich.

Dieses Foto zeigt vier Laser am Paranal-Observatorium der ESO, die jeweils von einem der vier 8-Meter-Teleskope vor Ort aus abgefeuert werden.
Quelle: A. Berdeu/ESO

Das VLTI kombiniert das Licht der einzelnen Teleskope des Very Large Telescope (VLT) und nutzt dabei entweder die 8-Meter-Einzelteleskope oder die kleineren verschiebbaren Hilfsteleskope mittels Interferometrie. GRAVITY+, entwickelt von einem Konsortium europäischer Institute unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik (MPE) und unterstützt von der Max-Planck-Förderstiftung, dient als Upgrade für das VLTI und GRAVITY, ein Instrument, das in den letzten Jahren die Astronomie mit hoher Winkelauflösung revolutioniert hat. GRAVITY hat Präzisionstests der allgemeinen Relativitätstheorie mit dem Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße ermöglicht, Exoplaneten und junge stellare Objekte abgebildet und die Massen supermassereicher Schwarzer Löcher im gesamten Universum bestimmt. Mit GRAVITY+ wurden die Teleskope und der unterirdische Strahlkombinator nun umfassend modernisiert. Die kürzlich erfolgte Installation von Lasern an jedem der zuvor nicht ausgestatteten 8-Meter-Teleskope stellt einen – gut sichtbaren – Meilenstein des Projekts dar. Die Laser verbessern die Leistungsfähigkeit des weltweit leistungsstärksten optischen Interferometers noch weiter.

Mehr zu VLT und VLTI

Photo
Photo
Photo
Photo
Photo

Das MPE spielte eine zentrale Rolle bei der Entwick­lung von GRAVITY+ und leitete das Gesamt­design. Das Institut ent­wick­elte und instal­lierte außer­dem vier neue, hoch­moderne Wellen­front­sensoren. Diese Sensoren werden zur Beob­achtung der künst­lichen Sterne verwendet, die durch die neu instal­lierten Laser­leit­sterne erzeugt werden, und ermög­lichen eine fort­schritt­liche adaptive Optik­korrek­tur für das VLTI. Diese Technik gleicht die durch die Erd­atmo­sphäre verur­sachten Unschärfe­effekte aus, und GRAVITY+ stattet das VLTI mit moderns­ten Sensoren, Lasern und verform­baren Spiegeln aus.

Vor der Installation des Lasers musste die Korrektur der atmo­sphäri­schen Sicht­verhält­nisse am VLTI auf helle natürliche Referenz­sterne zurück­greifen. In den meisten Fällen gibt es jedoch keinen geeig­neten Stern in der Nähe des interes­sieren­den Ziels, was die Anzahl der beobacht­baren Objekte stark ein­schränkte. Mit den neuen Lasern können nun künst­liche Sterne an jeder belie­bigen Stelle am Himmel erzeugt werden. Das Laser­licht regt einen kleinen Punkt in einer Schicht aus Natrium­atomen in der Atmo­sphäre an, etwa neunzig Kilometer über der Erd­ober­fläche, und erzeugt so einen Laser­leit­stern. Dies erweitert den Beobach­tungs­bereich des VLTI erheb­lich und ermöglicht den Zugang zum gesamten südlichen Himmel.

Die Infrarotgruppe des MPE plant, die neuen adaptiven Optik­systeme mit Laser­leit­sternen für bahn­brechende Studien in zwei wichtigen Forschungs­bereichen einzu­setzen: dem galak­ti­schen Zentrum und Quasaren im frühen Univer­sum.

Im galaktischen Zentrum wird das Team dank der verbesserten Schärfe und Empfindlichkeit noch schwächere Sterne entdecken und verfolgen können, die das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße umkreisen – und damit den Weg für eine direkte Messung der Rotation des Schwarzen Lochs ebnen. Nach der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein rotiert die Raumzeit um das Schwarze Loch mit diesen mysteriösen Objekten und beeinflusst insbesondere die Umlaufbahnen von Sternen, die nahe genug herankommen – ein Bereich, den nur das VLTI untersuchen kann.

Die verbesserten Fähigkeiten werden es den Forschenden außerdem ermöglichen, das Gas, das schnell um supermassereiche Schwarze Löcher in weit entfernten Galaxien wirbelt, räumlich aufzulösen. Die Methode funktioniert über die gesamte kosmische Zeit hinweg und führt zu einer direkten Messung der Masse des Schwarzen Lochs. „Diese Verbesserungen ermöglichen Beobachtungen von Objekten im frühen Universum, weniger als ein paar hundert Millionen Jahre nach dem Urknall. Wir werden in der Lage sein, die Massen von Schwarzen Löchern präziser als je zuvor zu messen, und zwar zu einem kritischen Zeitpunkt, als sich Schwarze Löcher und ihre Wirtsgalaxien rasant entwickelten“, sagt Taro Shimizu, Astronom am MPE und Mitglied des Instrumentenkonsortiums.

An dieser Stelle befindet sich ein eingebundenes Video von Youtube.

Durch die Darstellung werden personenbezogene Daten (wie IP-Adresse) an Youtube übertragen.

Bitte lesen Sie die Datenschutzbestimmungen um genaue Informationen zu erhalten.

Zu Testzwecken wurde als erstes Ziel ein Cluster massereicher Sterne im Zentrum des Tarantelnebels ausgewählt, einer Sternentstehungszone in der Großen Magellanschen Wolke, einer Nachbargalaxie der Milchstraße. „Bereits diese ersten Beobachtungen zeigten, dass ein helles Objekt im Nebel, das als der massereichste bekannte Einzelstern galt, tatsächlich ein Doppelsternsystem aus zwei eng beieinander liegenden Sternen ist“, erklärt Guillaume Bourdarot vom MPE. Dies verdeutliche die beeindruckende Auflösungsleistung und das wissenschaftliche Potenzial des verbesserten VLTI.

Insgesamt ist diese Verbesserung weit mehr als nur ein Update und wurde bereits vor Jahrzehnten ins Auge gefasst. Die Idee eines Laserleitsystems wurde 1986 erstmals vorgeschlagen, lange bevor das VLT und das VLTI überhaupt existierten. „Wenn es in der Praxis funktionieren würde, käme dies einem Durchbruch gleich“, hieß es im Abschlussbericht des „Very Large Telescope Project“, dessen Mitautor der MPE-Direktor und Nobelpreisträger Reinhard Genzel war. Mit GRAVITY+ ist dieser Durchbruch nun Realität geworden. [MPE / ESO / dre]

Anbieter

Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik

Gießenbachstr. 1
85748 Garching
Deutschland

Kontakt zum Anbieter







Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Anbieter des Monats

SmarAct GmbH

SmarAct GmbH

Mit der Entwicklung und Produktion von marktführenden Lösungen im Bereich hochpräziser Positioniertechnik, Automatisierungslösungen und Metrologie begleitet die SmarAct Group ihre Kunden zuverlässig bei der Realisierung ihrer Ziele.

Meist gelesen

Themen