Moleküle erstmals in der Milchstraße nachgewiesen
Erste Ergebnisse mit dem deutschen GREAT-Empfänger an Bord des Flugzeug-Observatoriums SOFIA.
SOFIA, das Stratosphären-Observatorium für Infrarotastronomie, hat die erste Serie von Wissenschaftsflügen mit dem "German Receiver for Astronomy at Terahertz Frequencies" (GREAT) abgeschlossen. Die Vielseitigkeit dieses neuen Forschungsinstruments zeigt sich in Berichten über die Erstentdeckung von zwei neu im Weltraum gefundenen Molekülen und Untersuchungen zu unterschiedlichen Phasen der Sternentstehung.
Abb.: Das farbenprächtige Sternentstehungsgebiet um den Stern Rho Ophiuchi in circa 400 Lichtjahren Entfernung. Der massearme Protostern IRAS16293-2422 ist mit einem roten Kreis markiert; in dieser Richtung konnte das Molekül OD erstmalig im Weltraum nachgewiesen werden. Das mit dem GREAT-Empfänger beobachtete Spektrum zeigt die Moleküllinie bei 1,3915 Terahertz (0,215 Millimetern Wellenlänge). (Bild: Hintergrund: ESO/S. Guisard; Spektrum: MPIfR/B. Parise)
Die erste Serie wissenschaftlicher Beobachtungsflüge mit dem Instrument an Bord wurde im November 2011 erfolgreich beendet. Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern berichtet nun in insgesamt 22 Einzelbeiträgen über die wissenschaftlichen Ergebnisse sowie über die dem Experiment zugrunde liegenden Technologien. GREAT wurde von einem Konsortium deutscher Forschungsinstitute unter Leitung von Rolf Güsten (Max-Planck-Institut für Radioastronomie, MPIfR) entwickelt.
SOFIA, ein Gemeinschaftsprojekt der NASA und des DLR, betreibt ein Teleskop von 2,70 Metern Durchmesser in einer umgebauten Boeing 747SP. Das Flugzeug fliegt in Höhen bis zu 13.700 Metern und ermöglicht damit den Zugang zu astronomischen Signalen bei ferninfraroten Wellenlängen, die ansonsten vom Wasserdampf in der Erdatmosphäre absorbiert würden. Das weltweit einzige Flugzeug-Observatorium im Einsatz öffnet so den Himmel für hochauflösende Spektroskopie im ferninfraroten Spektralbereich.
Abb.: Das Ferninfrarot-Spektrometer GREAT ist auf der Gegenseite in der Druckkabine an den Teleskopflansch angeschlossen. Während des Fluges bewegt es sich in einem Winkelbereich von plus/minus 20 Grad aus der Senkrechten. (Bild: GREAT-Team (R. Güsten))
Viele der aktuellen Veröffentlichungen erforschen den Sternentstehungsprozess in seinen frühesten Phasen, in denen der junge Stern noch in heftiger Wechselwirkung mit den umgebenden Molekülwolken steht. Er zerstört seine Geburtswolke, heizt das umgebende Material auf und ionisiert es. Die hohe spektrale Auflösung von GREAT ermöglicht es, durch die Untersuchung der Emission des ionisierten Kohlenstoffs in einer Reihe von Sternentstehungsgebieten das Geschwindigkeitsfeld des Gases in der umgebenden Molekülwolke zu analysieren. In den Hüllen von drei Protosternen gelang so der direkte Nachweis des Kollapses der protostellaren Hüllen, was unmittelbar Rückschlüsse auf die dynamischen Prozesse bei der Entstehung eines Sterns erlaubt.
Zwei Moleküle wurden erstmalig im Weltraum nachgewiesen: OD, eine isotopische Variante von Hydroxyl (OH), bei der das Wasserstoffatom durch sein schwereres Isotop Deuterium ersetzt wurde, sowie das Sulfanyl-Radikal SH, bestehend aus einem Schwefel- und einem Wasserstoffatom. Eine technologische Meisterleistung stellen erste spektroskopische Beobachtungen bei 2,5 Terahertz (0,120 Millimeter Wellenlänge) dar; damit wird neues astrophysikalisches Territorium erkundet. Weiterhin untersuchten die Forscher die Hülle eines Sterns in der Spätphase seiner Entwicklung. Die Hülle wird durch den heißen Stern im Inneren aufgeheizt und ionisiert. Außerdem erhielten sie Daten zur heftigen (Schock-)Wechselwirkung eines Supernova-Überrests mit dem umgebenden interstellaren Medium. Die physikalische Natur der zirkum-nuklearen Gasscheibe im Zentrum der Milchstraße wurde erforscht, die das massereiche Schwarze Loch mit Materie anfüttert, sowie die Sternentstehung im Zentralbereich der nahen Galaxie IC342.
Veröffentlichungen auf der Grundlage von ersten Wissenschaftsflügen mit der amerikanischen IR-Kamera FORCAST an Bord von SOFIA wurden kürzlich in der amerikanischen Wissenschaftszeitschrift "Astrophysical Journal" (Band 749) publiziert.
DLR / PH