Molekulares Teppichknüpfen
Wissenschaftlern ist es gelungen, stabile zweidimensionale Netzwerke aus Boronsäure-Molekülen herzustellen.
Selbst der teuerste Orientteppich ist nicht perfekt geknüpft. Es wird erzählt, dass die religiösen Teppichknüpfer aus Demut bewusst kleinste Fehler in ihre feinen Teppiche einbauen, denn nur Gott käme das Recht zu frei von Fehlern zu sein. Davon sind molekulare Teppiche, wie sie die Nanotechnologie gerne hätte, noch weit entfernt. Physiker um Markus Lackinger von der Technischen Universität München (TUM) und Thomas Bein von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) haben nun ein Verfahren entwickelt, mit dem sie aus Boronsäure-Bausteinen polymere Netzwerke hoher Qualität aufbauen können.
Abb.: So wird ein Teppich aus Boronsäure-Molekülen geknüpft. (Bild: ACS Nano)
Auch bei Molekülteppichen gibt es fast fehlerfreie Modelle. Leider sind diese nicht sehr stabil. Bei ihnen basiert die Verknüpfung der Moleküle untereinander auf schwachen Bindungen wie beispielsweise Wasserstoff-Brückenbindungen oder van der Waals-Kräften. Der Vorteil dieser Variante ist, dass Fehler in der regelmäßigen Struktur noch während des Selbstorganisationsprozesses behoben werden können, indem sich fehlerhafte Verknüpfungen wieder lösen und sich die korrekten Verknüpfungen ausbilden können.
Viele Anwendungen erfordern jedoch molekulare Netzwerke, die mechanisch, thermisch oder auch chemisch stabil sind. Solche belastbaren Molekülteppiche können entstehen indem man die Moleküle über starke chemische Bindungen verknüpft. Dann sind die normalerweise nicht vermeidbaren Knüpffehler wegen der großen Bindungsstärke aber nicht mehr korrigierbar.
Markus Lackinger und seine Kollegen haben nun einen Weg gefunden, einen Molekülteppich mit stabilen kovalenten Bindungen ohne größere Webfehler herzustellen. Die Methode beruht auf einer Verknüpfungsreaktion, die aus einzelnen Boronsäure-Molekülen einen molekularen Teppich entstehen lässt. Bei der eingesetzten Kondensationsreaktion werden Wasser-Moleküle freigesetzt. Lässt man die Verknüpfung bei Temperaturen knapp über 100 Grad Celsius in Gegenwart geringer Mengen von Wasser ablaufen, können Webfehler während des Knüpfens nun doch korrigiert werden. So entsteht der gewünschte Zauberteppich: Moleküle in einer stabilen und korrekt angeordneten einschichtigen Struktur.
TUM / PH