20.11.2014

Nano-Glasfaser erzeugt ultrastarke Photonen-Kopplung

Wichtiges Werkzeug für die Quantentechnologie durch Wechselwirkung zweier Lichtteilchen.

Zwei Photonen im freien Raum beeinflussen einander nicht. Lichtwellen durchdringen einander ohne jede Wechselwirkung. Doch für viele Anwendungen in der Quantentechnologie ist eine Wechselwirkung zwischen Photonen ganz entscheidend, etwa wenn man Information über abhörsichere Quanten-Verbindungen übermitteln oder optische Logik-Schaltungen bauen will. An der TU Wien ist es nun gelungen, mit Hilfe einer Nano-Glasfaser eine extrem starke Wechselwirkung zwischen zwei Photonen zu erzielen. Für die Quantenoptik ergeben sich damit ganz neue Möglichkeiten.

Abb.: Das Licht in einer Glasfaser wird an einen flaschenförmigen Resonator angekoppelt. (Bild: TU Wien)

„Um Licht mit Licht wechselwirken zu lassen, verwendet man normalerweise ein nichtlineares Medium“, sagt Arno Rauschenbeutel vom Vienna Center for Quantum Science and Technology am Atominstitut der TU Wien. Die Eigenschaften eines solchen Materials werden durch das Licht beeinflusst, und das Material beeinflusst seinerseits wieder das Licht. So ergibt sich eine indirekte Wechselwirkung zwischen Photonen. Allerdings ist das normalerweise nur bei extrem hohen Lichtintensitäten möglich.

An der TU Wien wurde nun aber ein System gebaut, das eine nichtlineare Wechselwirkung zwischen zwei einzelnen Photonen erzeugt. Diese Wechselwirkung ist extrem stark: Sie führt zu einer Verschiebung der Schwingungsphase um 180 Grad. „Das ist so, als wäre eine schwingendes Pendel, das gerade ganz nach links ausgelenkt sein sollte, durch die Kopplung mit einem anderen Pendel ganz nach rechts ausgelenkt. Eine extremere Veränderung der Schwingung ist gar nicht möglich“, erklärt Rauschenbeutel. „Wir erzielen die größtmögliche Wechselwirkung mit der kleinstmöglichen Intensität an Licht.“

Abb.: In einer Glasfaser läuft Licht um deren Achse. Dabei kann das Licht entlang der Faser nicht entkommen, weil deren Durchmesser zu beiden Seiten abnimmt. (Bild: TU Wien)

Um das zu ermöglichen, muss das Licht auf eine ungewöhnliche Reise geschickt werden: Eine ultradünne Glasfaser wird an einen winzigen flaschenartigen Lichtresonator gekoppelt, sodass Licht teilweise in den Flaschen-Resonator eindringen, im Kreis wandern und wieder in die ursprüngliche Glasfaser zurückkehren kann. Dieser zusätzliche Umweg durch den Resonator führt dazu, dass die Phase des Lichtteilchens genau umgedreht wird: Wo sonst ein Wellenberg gewesen wäre, ist jetzt ein Wellental.

Wenn man nun allerdings ein einzelnes Rubidium-Atom an den Resonator koppelt, wird das System drastisch verändert. Wegen der Präsenz des Atoms dringt kaum mehr Licht in den Resonator ein und die Schwingungsphase des Lichtteilchens kann nicht mehr umgedreht werden. Sobald das Atom angekoppelt ist, erfahren die Photonen keine Phasenverschiebung mehr.

Anders ist die Situation, wenn man zwei Photonen genau gleichzeitig auf das System treffen lässt. „Das Atom ist ein Absorber, der gesättigt werden kann“, sagt Rauschenbeutel. „Ein Photon wird vom Atom für eine kurze Zeit absorbiert und dann wieder in den Resonator emittiert. In dieser Zeit kann das Atom kein weiteres Photon mehr absorbieren. Kommen also zwei Photonen gleichzeitig an, so kann nur eines absorbiert werden während das andere Photon wieder einen Phasenshift erfährt."

Quantenphysikalisch betrachtet kann man die beiden Photonen nicht unterscheiden. Man muss sie gemeinsam als Welle betrachten, die sich zur selben Zeit im Resonator und in der Glasfaser befindet. Die Photonen haben keine Individualität, man kann nicht sagen, welches von ihnen absorbiert und welches durchgelassen worden ist. Wenn beide Photonen gleichzeitig auf den Resonator getroffen sind, erfahren sie deshalb gemeinsam eine Phasenumkehr um 180 Grad. Gleichzeitig eintreffende, miteinander wechselwirkende Photonen verhalten sich somit also völlig anders als nacheinander ankommende Lichtteilchen.

„Auf diese Weise kann man auf sehr gezielte Weise einen maximal verschränkten Photonenzustand herstellen“, erklärt Rauschenbeutel. „So etwas braucht man in allen Bereichen der Quantenoptik – für Teleportation von Quanteninformation oder auch für Licht-Transistoren, mit denen man Quanten-Berechnungen durchführen könnte.“

Ein besonders großer Vorteil des nun vorgestellten Systems ist, dass es auf Glasfasertechnologie basiert, die heute ohnehin bereits für die Informationsübertragung im Internet verwendet wird. Nano-Glasfasern und Flaschen-Resonatoren sind mit bestehenden Technologien bestens kompatibel. Die gezielte Erzeugung von extrem starken Photon-Photon-Wechselwirkungen ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines weltweiten Quanten-Informations-Netzwerks, über das man abhörsicher Daten austauschen könnte.

TU Wien / OD

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