24.11.2015

Nano-Magnete in Ordnung

Forscher gravieren funktionelle Schichten für Spintronik direkt ins Material.

Miniaturisierung ist das Zauberwort für magnetische Bauelemente, die in neuartigen elektronischen Bauteilen zum Einsatz kommen sollen. Forscher aus dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) setzen für deren Herstellung auf Ionenstrahlen. Ein besonders feiner Strahl aus rund zehn Neon-Ionen genügte nun, um viele hundert Atome einer Eisen-Aluminium-Legierung in Unordnung zu bringen und damit funktionelle Nano-Schichten direkt im Material zu erzeugen. Eine spezielle Holographie-Technik am Transmissions-Elektronenmikroskop (TEM) der TU Dresden macht die magnetischen Feldlinien sichtbar und zeigt damit die exakten Abmessungen dieser Nano-Magnete.

Abb.: Magnetische Flusslinien der per Ionenstrahl erzeugten Nano-Magnete. (Bild: TU Dresden/Falk Röder)

Elektronenspins spielen für die Entwicklung neuartiger Sensoren oder Speichermedien eine große Rolle. So nutzen Leseköpfe von Computerfestplatten oder MRAM-Speicher (Magnetoresistive Random-Access Memory) bereits neben der Ladung der Elektronen auch deren Spin aus, an weiteren Spinelektronik-Anwendungen wird weltweit intensiv geforscht.

Unbehandelt verhält sich eine Legierung aus Eisen und Aluminium paramagnetisch. Die magnetischen Momente der Elektronen, die Spins, sind entkoppelt und rein zufällig orientiert. Eine mögliche Geometrie für spinelektronische Elemente sind Nano-Streifen aus nicht-magnetischen und magnetischen Bereichen. Solche Streifen haben die Forscher am HZDR direkt in eine hauchdünne Schicht aus Eisen-Aluminium geschrieben. „Wir können mit unserer Methode nun sehr schnell und unkompliziert beliebige magnetische Geometrien erzeugen“, erklärt Rantej Bali. Ein weiterer Vorteil: Die Nano-Magnete sind in einer elektrisch leitenden Schicht eingebettet, was die Entwicklung von Spinelektronik-Bauteilen erleichtert.

Wie aber funktioniert die selektive Magnetisierung per Ionenstrahl? Eisen ist ferromagnetisch, alle Elektronenspins zeigen also in dieselbe Richtung. In einer Eisen-Aluminium-Legierung haben viele Eisen-Atome jedoch Aluminium-Atome als Nachbarn, weshalb das Material paramagnetisch ist. Der Ionen-Beschuss bringt die Ordnung gehörig durcheinander, sodass mehr Eisen-Atome nebeneinander liegen als zuvor. Das Ergebnis: Mehr benachbarte Eisen-Atome können miteinander in Wechselwirkung treten, die Spins der Elektronen richten sich gleich aus und der behandelte Bereich wird ferromagnetisch. Daher ist das Materialsystem ideal geeignet für die hochaufgelöste Strukturierung mit einem fokussierten Ionenstrahl.

Theoretisch, vermutet Bali, wäre bereits ein Ion in der Lage, einen Nano-Magneten in der Eisen-Aluminium-Legierung (Fe60Al40) zu erzeugen. „Wie beim Billardspiel kann eine einzige Kugel eine Kaskade in Bewegung setzen“, erklärt er. „Wir haben berechnet, dass ein Ion bis zu 300 Atome deplatzieren kann.“

„Nur sechs Neon-Atome werden in eine Fläche von einem Quadratnanometer implantiert“, so der für die Anlage zuständige Wissenschaftler Gregor Hlawacek. „Für unsere ferromagnetischen Streifen rastern wir mit einem Strahl von gerade einmal zwei Nanometern Durchmesser die Probe ab.“ Das Resultat sind magnetische Streifen mit einer Breite von 50 bis 300 Nanometern. Dazwischen liegen rund 40 Nanometer schmale paramagnetische Streifen. Genau solch eine Abfolge zwischen ferro- und paramagnetischen Streifen ist für die Spinelektronik interessant. „Das Ionenmikroskop bietet mit dem fokussierten Ionenstrahl eine extrem hohe laterale Auflösung. Das erlaubt uns die flexible Erzeugung von Prototypen magnetischer Bauteile“, so Hlawacek.

Die Untersuchung der Nano-Magnete fand am Transmissions-Elektronenmikroskop (TEM) im Triebenberg-Labor der TU Dresden statt. Falk Röder beherrscht dort die spezielle Methode der TEM-Holographie. Dabei wird ein Elektronenstrahl in zwei kohärente Teilstrahlen aufgespalten. Während einer der Strahlen auf die Probe trifft und dort vom magnetischen Feld beeinflusst wird, bleibt der zweite Strahl ungestört. Bei der anschließenden Überlagerung dieser Teilstrahlen treten Phasenverschiebungen auf, die sonst im Verborgenen bleiben. „Damit können wir sehr direkt die magnetischen Flusslinien der Eisen- Aluminium-Legierung messen und im Detail sichtbar machen“, sagt Röder.

Das Forscherteam will die Methoden am HZDR und an der TU Dresden auch zukünftig gemeinsam nutzen, um Nano-Magnete in unterschiedlichen Formen herzustellen. Derzeit sorgt die Stoßkaskade dafür, dass der magnetische Streifen sich nach unten verbreitert. „Eine Optimierung der Dosis in weiteren Experimenten wird es erlauben, noch kleinere und besser definierte Magnete zu produzieren“, ist der Hlawacek überzeugt. „Für verschiedenartige spinelektronische Bauteile braucht man flexible magnetische Muster wie beispielsweise Kanäle für den Transport von Spin-Ladungen. Unser Ionenmikroskop bietet alle Freiheiten, mit sehr geringen Strömen von wenigen Ionen direkt und ohne störende Masken Nano-Magnete in Materialschichten zu schreiben.“

TU Dresden / PH

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