12.11.2024

Nanoteilchen aus dem Regenschauer

Niederschläge im Amazonas-Regenwald lassen massenhaft natürliche Nanopartikel entstehen.

Atmosphärische Aerosol­partikel sind für die Bildung von Wolken und Niederschlag essenziell und beeinflussen so den Energie­haushalt, den Wasser­kreislauf und das Klima der Erde. Der Ursprung von Aerosolpartikeln in sauberer Luft über dem Amazonas-Regenwald während der Regenzeit ist bisher jedoch nicht geklärt. Eine neue Studie unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz zeigt, dass Regen­fälle zur Neubildung großer Mengen von Nanopartikeln in der Luft über dem Blätterdach des Waldes führen.

Abb.: Eine Regenfront nähert sich der Forschungsstation ATTO im...
Abb.: Eine Regenfront nähert sich der Forschungsstation ATTO im Amazonas-Regenwald.
Quelle: S. Brill, MPIC

Im Amazonas-Regenwald treten während der Regenzeit nachmittags regelmäßig starke Niederschläge auf. Damit sich Wolken und Regen bilden können, sind winzige Partikel in der Luft erforderlich, also Wolken­kondensationskerne, an denen Wasserdampf kondensieren und sich so Wolkentröpfchen bilden können. Die Quellen dieser Wolken­kondensationskerne über dem Regenwald konnten bisher allerdings nicht aufgeklärt werden. Ein internationales Forschungsteam aus Deutschland, Brasilien, Schweden und China hat nun gezeigt, dass Regenfälle zur massenhaften Bildung natürlicher Nanopartikel führen, die in weiterer Folge zu Wolken­kondensationskernen heranwachsen können. 

Die Wissen­schaftlerinnen und Wissenschaftler analysierten umfangreiche Langzeit­messungen von Aerosol­partikeln, Spurengasen und meteorologischen Daten des Amazon Tall Tower Observatory (ATTO), das mit wissenschaftlichen Instrumenten und Messtürmen ausgestattet ist, die bis zu 325 Meter hoch sind. Die Forschungsstation liegt mitten im Amazonas-Regenwald im Norden Brasiliens, etwa 150 Kilometer nordöstlich von Manaus, und wird gemeinsam von Forschenden aus Deutschland und Brasilien betrieben. Luiz Machado erklärt: „Durch den Regen werden Aerosol­partikel ausgewaschen und Ozon aus der Atmosphäre in das Kronendach des Waldes eingetragen. Das Ozon oxidiert von Pflanzen emittierte flüchtige organische Verbindungen, insbesondere Terpene. Die dabei entstehenden Moleküle können sich zusammen­lagern und Nanopartikel bilden.“

Die Forschenden stellten fest, dass die Nanopartikel­konzentration direkt über dem Blätterdach am höchsten ist und mit zunehmender Höhe abnimmt. „Dieser Gradient bleibt während der gesamten Regenzeit bestehen. Das deutet darauf hin, dass sich regelmäßig Partikel im Kronendach bilden und in höhere Luftschichten strömen. Dabei wachsen sie durch weitere Aufnahme schwerflüchtiger Moleküle an und können als Wolkenkonden­sationskerne dienen“, sagt Christopher Pöhlker vom Max-Planck-Institut für Chemie hinzu. Zu den schwerflüchtigen Molekülen, welche in die Bildung und das Wachstum natürlicher Nanopartikel in der Atmosphäre involviert sind, gehören sauerstoff- und stickstoff­haltige organische Verbindungen. Letztere entstehen bei der Reaktion von Ozon und Hydroxyl-Radikalen mit Isopren, Terpenen und anderen flüchtigen organischen Verbindungen, die von Pflanzen natürlich gebildet und in die Luft abgegeben werden.

Frühere Studien hatten die Bildung neuer Partikel im Nachgang von Gewitterwolken in der oberen Tropo­sphäre nachgewiesen, was einen Abwärtsstrom der Partikel anstelle eines Aufwärtsflusses nahegelegt. „Unsere Ergebnisse bedeuten einen Paradigmenwandel im wissen­schaftlichen Verständnis der Wechsel­wirkungen zwischen Regenwald, Aerosolen, Wolken und Niederschlag, die für das regionale und globale Klima wichtig sind“, sagt Ulrich Pöschl, Direktor am Max-Planck-Institut für Chemie.

MPIC / JOL

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