14.11.2024

Noch kein Wendepunkt bei den fossilen CO2-Emissionen

Globaler CO2-Ausstoß wird 2024 voraussichtlich auf 41,6 Milliarden Tonnen steigen.

Trotz der Fortschritte bei sauberen und erneuer­baren Energien treibt der wachsende Erdgas- und Ölverbrauch die globalen fossilen Emissionen weiter in die Höhe: Sie werden im Jahr 2024 voraus­sichtlich 37,4 Milliarden Tonnen CO2 erreichen. Trotz der dringenden Notwendigkeit, die Emissionen zu senken, um den Klimawandel zu verlang­samen, scheint es noch keine Anzeichen dafür zu geben, dass die Welt den Höhepunkt der fossilen CO2-Emissionen erreicht hat. Das zeigt der aktuelle Bericht des inter­nationalen Global Carbon Project, an dem auch Forschende des Alfred-Wegener-Instituts/der Universität Bremen und der Ludwig-Maximilians-Universität München beteiligt waren.

Abb.: Wichtige CO2-Senke: Die Ozeane haben im vergangenen Jahrzehnt...
Abb.: Wichtige CO2-Senke: Die Ozeane haben im vergangenen Jahrzehnt durchschnittlich 10,5 Gigatonnen pro Jahr aufgenommen.
Quelle: S. Hendricks

In den vergangenen zehn Jahren haben sich die gesamten CO2-Emissionen auf einem relativ stetigen Plateau eingependelt, nach dem sie in den Jahren 2004 bis 2013 durch­schnittlich um zwei Prozent pro Jahr stark angestiegen waren. Das deute zwar auf Fortschritte auf dem Weg zu den Pariser Klimazielen hin, reiche aber bei weitem nicht aus, um deutlich unter Zwei-Grad-Ziel zu bleiben und langfristig die globalen Emissionen Richtung Netto-Null zu bringen. Damit die CO2-Emissionen bis 2050 Netto-Null erreichen, müssten die gesamten Emissionen jährlich um durch­schnittlich 1,6 Gigatonnen sinken. Blieben die Emissionen auf dem Niveau wie bisher, wäre das Kohlenstoff­budget, das uns bleibt, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, schon in diesem Jahrzehnt aufgebraucht. Das Global Carbon Project (GCP) projiziert die weltweiten Treibhausgas­emissionen und ihre Ursachen in seinem jährlichen Bericht. Forscherinnen und Forscher des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) koordinieren die Beiträge aus den Ozeansenken beziehungs­weise der Landnutzung. 

Dass die globalen fossilen Emissionen im Jahr 2024 wahrscheinlich ansteigen werden, liegt daran, dass es weiter vermehrt Emissionen aus Gas- und Öl­verbrennung gibt, zum Beispiel aus dem internationalen Luft- und Schiffsverkehr. Dieser wird 2024 voraus­sichtlich um 7,8 Prozent zunehmen, bleibt aber noch unter dem Niveau vor der Pandemie 2019. Gleichzeitig steigen die Kohle­emissionen leicht um 0,2 Prozent an. Diese machen etwa 41 Prozent der weltweiten Emissionen aus. Die Vereinigten Staaten konnten 2024 ihre Emissionen voraussichtlich um 0,6 Prozent gegenüber 2023 senken (13 Prozent der weltweiten Emissionen). Die Europäische Union konnte ihre Emissionen um 3,8 Prozent senken (7 Prozent der weltweiten Emissionen (EU27)). Im Gegensatz hierzu steigen die Emissionen in China voraus­sichtlich um 0,2 Prozent (32 Prozent der weltweiten Emissionen) und in Indien um 4,6 Prozent (8 Prozent der weltweiten Emissionen). 

Vielen Ländern scheint es gelungen zu sein, ihren Ausstoß an fossilen CO2-Emissionen zu reduzieren oder zu verlangsamen. In 22 Ländern, die 23 Prozent der weltweiten fossilen CO2-Emissionen ausmachen, sind diese in der Dekade 2014-2023 zurückgegangen, während ihre Volks­wirtschaften wuchsen. Dieser merkbare Trend zur Dekar­bonisierung der Energiesysteme reicht aber insgesamt nicht aus, um die globalen Emissionen auf einen Abwärtspfad in Richtung Netto-Null zu bringen. 

Auch 2024 nehmen der Ozean sowie Pflanzen und Böden an Land weiterhin etwa die Hälfte des anthropogenen CO2 auf, das in die Atmosphäre gelangt. Der Klimawandel setzt jedoch beiden Senken zunehmend zu. So haben die Ozeane im vergangenen Jahrzehnt durchschnittlich 10,5 Gigatonnen pro Jahr aufgenommen, das sind 26 Prozent der gesamten Emissionen. „Der Klimawandel hat die Fähigkeit der Ozeane, CO2 aufzunehmen, in den letzten zehn Jahren um etwa sechs Prozent verringert,“ sagt Judith Hauck, Umweltforscherin am AWI. „Das ist wahrscheinlich zurück­zuführen auf veränderte Winde, welche die Ozean­zirkulation stören, und darauf, dass die Ozeane immer wärmer werden, was die Löslichkeit von CO2 verringert.“ Die vorläufige Schätzung für die ozeanische Senke liegt laut dem Bericht mit 10,8 Gigatonnen CO2 für das Jahr 2024 leicht über dem Wert von 2023. „Wir konnten die vorläufige Schätzung des letzten Jahres für 2023 bestätigen, dass die Ozeansenke nach drei Jahren zum ersten Mal wieder mehr CO2 aufgenommen hat.“ 

Die dreijährige Stagnation lag an einem außergewöhnlichen dreifachen La Niña-Ereignis, welches das GCP auch in seinem letzten Bericht beschrieben hat. „2023 gab es dann den Wechsel zu El Niño, bei dem die Ozeansenke immer etwas stärker ist, da weniger kohlenstoff­reiches Tiefenwasser an die Oberfläche gelangt.“ Die Ozeansenke wird aus Messungen des CO2-Gehalts im Oberflächenozean und Simulationen mit globalen Ozeanmodellen abgeschätzt. Besorgniserregend sei laut den Forschenden zudem, dass die Anzahl von Ozean­beobachtungen zurückgeht und sich nun wieder auf dem Level der frühen 2000er Jahre befände.

Der Klimawandel wirkt sich auch auf die CO2-Senke an Land aus: Zwischen 2014 und 2023 haben die Landmassen pro Jahr durchschnittlich 11,7 Gigatonnen – oder 29 Prozent der gesamten CO2-Emissionen – aufgenommen. „Weniger Niederschläge und die immer stärker werdende Erwärmung haben die Aufnahme­fähigkeit der terrestrischen Ökosysteme allerdings um etwa 27 Prozent verringert,“ sagt Julia Pongratz, Geographin an der LMU. Die Ökosysteme stehen auch aus anderem Grund unter massivem Druck: die sich ändernde und ausdehnende Landnutzung. „Zwar bleiben die globalen CO2-Emissionen aus Landnutzungs­änderungen mit voraussichtlich 4,2 Gigatonnen im Jahr 2024 recht hoch, insgesamt sehen wir hier aber in den letzten Jahrzehnten einen rückläufigen Trend.“ Das liege vor allem daran, dass Wälder weniger abgeholzt und Flächen zunehmend aufgeforstet werden. Allerdings hat die permanente Entwaldung in den letzten zehn Jahren immer noch rund 3,7 Gigatonnen CO2 verursacht und wird nur knapp zur Hälfte durch Aufforstung wett gemacht. „Die hohen Emissionen verdeutlichen noch mal, wie wichtig es ist, die Entwaldung komplett zu stoppen, um Emissionen zu reduzieren.“ 

Die gesamten CO2-Emissionen werden 2024 voraussichtlich 41,6 Gigatonnen erreichen, etwa zwei Prozent mehr als 2023. Sie haben sich in den letzten zehn Jahren auf einem relativ stetigen Plateau eingependelt, was auf Fortschritte bei der Bekämpfung des Klima­wandels hindeutet, aber nicht ausreicht, um die globalen Emissionen auf einen Abwärts­pfad zu bringen, der für die Bekämpfung des Klimawandels erforderlich ist. 2024 haben sich in der Atmosphäre voraus­sichtlich etwa 422,5 ppm (parts per million) angesammelt. Das sind 2,8 Teile CO2 pro Million Luftteile mehr als 2023 und mehr als doppelt so viele gegenüber dem vor­industriellen Niveau. Verant­wortlich für den Anstieg sind die CO2-Emissionen, wobei der genaue Anstieg auch von der Reaktion der CO2-Senke an Land und in geringerem Maße im Ozean auf die klima­tischen Bedingungen abhängt. Dürre und Brände sorgten dafür, dass die Ökosysteme an Land weniger CO2 aufnehmen konnte. Der Ozean konnte zwar unter El Niño mehr CO2 aufnehmen, aber den Rückgang an Land nicht kompensieren, weshalb mehr CO2 in der Atmosphäre verblieb. 

RUB / JOL

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