04.08.2017

Promotion im Umbruch

Wissenschaftsakademien haben Empfehlungen zur Reform der Promotionspraxis gegeben.

Standardisierungen im Zuge des Bologna-Prozesses, die steigende Zahl von Doktoranden durch die Exzellenzinitiative, das Promotionsrecht für Hochschulen für Angewandte Wissenschaften oder auch Plagiatsfälle – all dies hat zu Diskussionen über die Promotion, ihre Bedeutung und das Verfahren zur Erlangung des Doktorgrades geführt. So stellen die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina, die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften acatech und die Union der deutschen Akademien der Wissenschaften in einer gemeinsamen Stellungnahme fest, dass sich die Promotion derzeit drastisch wandelt. Gleichzeitig geben sie Empfehlungen zu einer Verbesserung der Promotionspraxis im deutschsprachigen Raum. Wichtige Punkte der über 60-seitigen Stellungnahme betreffen die institutionelle Verantwortung bei der Promotion – insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Vergabe des Promotionsrechts an Fachhochschulen und außeruniversitäre Einrichtungen –, mögliche Mechanismen zur Qualitätssicherung sowie das Berufsdoktorat.

Die Akademien sprechen sich gegen die Ausweitung des Promotionsrechts aus und empfehlen stattdessen kooperative Promotionen, in denen Professorinnen und Professoren einer Hochschule, die den Doktorgrad verleihen darf, die Ko-Betreuung übernehmen. Denn eine Ausweitung könne laut der Stellungnahme absehbar die Anerkennung von Doktorgraden verändern. „Hier sehe ich sowohl die Hochschulen für Angewandte Wissenschaften als auch die Universitäten in der Pflicht, aufeinander zuzugehen“, sagt Gertrud Zwicknagl, Physikprofessorin an der TU Braunschweig und Mitglied der Akademien-Arbeitsgruppe.

Das Prinzip der Doppelbetreuung durch zwei Hochschullehrerinnen oder Hochschullehrer aus verschiedenen akademischen Einrichtungen käme laut der Stellungnahme zugleich der Qualitätssicherung zugute. Dafür gelte es zudem, die Notengebung differenzierter und transparenter zu gestalten sowie Standards- und Zulassungsbedingungen für die Promotion fächerübergreifend anzugleichen.

Aufgrund der steigenden Promotionszahlen sehen die Akademien die Gefahr, dass sich das Doktorat zum berufsbildenden Abschluss wandelt. Auch in der Physik sind die Zahlen stetig seit 2009 auf inzwischen über 1800 Promotionen pro Jahr gestiegen. „Hier zeigt sich deutlich die Exzellenzinitiative, die 2006 eingesetzt und zahlreiche Doktorandenstellen geschaffen hat“, erläutert Gertrud Zwicknagl. In der Physik komme zudem hinzu, dass die Promovierenden häufiger als in anderen Fächern dazu eingesetzt würden, Drittmittelprojekte durchzuführen.

Strikt abgelehnt wird die im Zuge des Bologna-Prozesses geforderte Einbeziehung der Promotion in die Ausbildung. Die Akademien machen in ihrer Stellungnahme deutlich, dass die Promotion als Nachweis der Fähigkeit zu eigenständiger Forschungsarbeit gelte und die Forschung in Deutschland stark von Doktoranden getragen würde, während das in den USA oder Großbritannien eher für die Post-Docs gilt. „Die Promotion darf kein betreutes Abarbeiten von Themen sein, sondern muss in einer individuellen Forschungsleistung bestehen“, bekräftigt auch Gertrud Zwicknagl und ergänzt: „Die deutsche Physikpromotion hat international ein hohes Ansehen. Daher dürfen wir die Standards auf keinen Fall absenken und müssen darauf achten, diesen guten Ruf zu bewahren.“

Maike Pfalz

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