Riesenstern auf Diät
Geheimnis des Gewichtsverlusts eines alternden Sterns enthüllt.
Astronomen ist mit dem Very Large Telescope (VLT) der ESO die bisher detailreichste Aufnahme des Hyperriesensterns VY Canis Majoris gelungen. Die Beobachtungen zeigen, wie unerwartet große Staubteilchen, die den Stern umgeben, es ihm ermöglichen, eine gewaltige Menge an Masse zu verlieren, sobald er zu sterben beginnt. Dieser Prozess, der damit jetzt endlich verstanden wurde, ist für solch gewaltige Sterne notwendig, um sie auf ihren explosiven Untergang als Supernovae vorzubereiten.
Abb.: VLT-Aufnahme von der Umgebung von VY Canis Majoris, erstellt von SPHERE. (Bild:ESO)
VY Canis Majoris ist ein stellarer Goliath, ein roter Hyperriese, einer der größten bekannten Sterne in der Milchstraße. Er besitzt die 30- bis 40-fache Masse der Sonne und ist 300.000 Mal leuchtkräftiger. In seinem derzeitigen Zustand würde der Stern die Umlaufbahn von Jupiter umfassen, da er sich in den letzten Phasen seines Lebens enorm ausgedehnt hat.
Die neuen Beobachtungen dieses Sterns wurden mit dem SPHERE-Instrument am VLT durchgeführt. Das System Adaptiver Optik des Instruments korrigiert Bilder deutlich besser als frühere Adaptive Optiksysteme. Das ermöglicht es, Strukturen, die sehr nah an der hellen Lichtquelle liegen, detailliert beobachten zu können. SPHERE zeigte deutlich, wie das hellleuchtende Licht von VY Canis Majoris Materiewolken aufleuchten lässt, die ihn umgeben.
Mit dem ZIMPOL-Modus von SPHERE konnten die Astronomen nicht nur tiefer in das Zentrum der Wolke aus Gas und Staub um den Stern hineinspähen, sondern konnten auch beobachten, wie das Sternenlicht durch die umgebende Materie gestreut und polarisiert wurde. Diese Messungen waren für die schwierige Bestimmung der Eigenschaften der Staubteilchen entscheidend.
Gründliche Auswertungen der Polarisationsmessergebnisse ergaben, dass diese Staubkörner mit einem Durchmesser von 0,5 Mikrometern vergleichsweise großen Partikeln entsprechen, was zwar winzig erscheinen mag, allerdings sind Körner dieser Größe etwa 50 Mal größer als die Staubteilchen, die sonst im interstellaren Raum gefunden wurden.
Während sie sich ausdehnen, verlieren massereiche Sterne große Mengen an Materie – jedes Jahr stößt VY Canis Majoris das 30-fache der Erdmasse von seiner Oberfläche in Form von Staub und Gas aus. Diese Materiewolke wird weiter nach außen gedrückt, bevor der Stern schließlich explodiert und ein Teil des Staubs vernichtet wird, während der Rest in den interstellaren Raum geschleudert wird. Diese Materie kann sich dann zusammen mit schwereren Elementen, die während der Supernovaexplosion entstanden sind, bei der Entstehung von Planeten wiederfinden.
Wie der Stern die Materie in der oberen Atmosphäre in den Weltraum stößt, bevor er explodiert, blieb lange ein Geheimnis – bis jetzt. Am ehesten schien als mögliche Erklärung der Strahlungsdruck in Frage zu kommen, also die Kraft, die vom Sternenlicht ausgeübt wird. Da dieser Druck sehr schwach ist, sind die großen Staubkörner für diesen Prozess unerlässlich, da sonst die Oberfläche nicht ausreicht, um einen nennenswerten Effekt herbeizuführen.
„Massereiche Sterne leben ein kurzes Leben”, erläutert Peter Scicluna vom Academia Sinica Institute for Astronomy and Astrophysics in Taiwan, der Erstautor der aktuellen Studie. „Wenn ihre letzten Tage gekommen sind, verlieren sie viel Masse. In der Vergangenheit konnten wir nur Vermutungen darüber aufstellen, wie das genau geschieht. Mit den neuen SPHERE-Daten haben wir jetzt aber große Staubkörner um den Hyperriesen gefunden. Sie sind groß genug, um vom starken Strahlungsdruck des Sterns weggestoßen zu werden, was den schnellen Massenverlust des Sterns erklärt.“
Das Vorhandensein solch großer Staubkörner, die sich so nah am Stern befinden, bedeutet, dass die Wolke tatsächlich das sichtbare Licht des Sterns streuen und durch den Strahlungsdruck vom Stern weggestoßen werden kann. Durch die Größe der Staubkörner dürfte ein Teil davon die Strahlung, die durch den dramatischen Tod von Canis Majoris als Supernova entsteht, wahrscheinlich überleben. Der Staub vermischt sich dann mit der interstellaren Materie in der Umgebung, was die Entstehung zukünftiger Generationen an Sternen fördert, und animiert diese Sterne dazu, Planeten zu bilden.
ESO / PH