28.12.2023

Röntgenanalysen enthüllen neue Technik an einem berühmten Kunstwerk

Messungen an PETRA III zeigen: Rembrandt imprägnierte die Leinwand für Die Nachtwache auf Bleibasis

Rembrandt hat die Leinwand für sein berühmtes Gemälde „Die Nachtwache“ von 1642 noch vor dem Auftragen der ersten Grundierung mit einer bleihaltigen Substanz imprägniert. Das decken neue Untersuchungen auf, die an der brillanter Röntgenquelle PETRA III vom DESY durchgeführt wurden. Eine solche bleihaltige Imprägnierung wurde bisher weder bei Rembrandt noch bei seinen Zeitgenossen gefunden. Die Entdeckung eines internationalen Forschungsteams unterstreicht Rembrandts innovative Arbeitsweise, bei der er sich nicht scheute, neue Techniken anzuwenden.

Abb.: Rembrandts berühmtes Gemälde „Die Nachtwache“.
Abb.: Rembrandts berühmtes Gemälde „Die Nachtwache“. Anhand einer winzigen Probe, die am Teilchenbeschleuniger PETRA III untersucht wurde, konnte ein internationales Forschungsteam jetzt nachweisen, dass Rembrandt es mit einer neuen Technik imprägniert hat.
Quelle: Rijksmuseum Amsterdam

Die überraschende Beobachtung ist ein weiteres Ergebnis der „Operation Nachtwache“, dem größten und umfassendsten Forschungs- und Konservierungsprojekt in der Geschichte von Rembrandts Meisterwerk. Sie ergab sich durch die ausgefeilte Analyse einer echten, mikroskopisch kleinen Probe, die dem historischen Gemälde entnommen wurde. Das Team setzte eine Kombination aus Röntgenfluoreszenz und Ptychographie ein, um submikroskopische chemische Verbindungen in den unteren Schichten der Leinwand zu identifizieren und sichtbar zu machen. Durch die Untersuchung des winzigen Fragments der „Nachtwache“ am DESY entdeckten sie die bleihaltige Schicht unter der eigentlichen Quarz-Ton-Grundschicht der Leinwand.

Aus früheren Untersuchungen war bereits bekannt, dass Rembrandt für die Nachtwache einen Quarz-Ton-Grund verwendet hatte. In früheren Gemälden hatte er eine doppelte Grundierung verwendet, die aus einer ersten Grundierung mit roten Erdpigmenten und einer zweiten, bleiweißhaltigen Grundierung bestand. Das große Format der Nachtwache mag Rembrandt dazu bewogen haben, nach einer billigeren, weniger schweren und flexibleren Alternative für die Grundierung zu suchen.

Eine weitere Herausforderung war, dass die große Leinwand für eine feuchte Außenwand des großen Saals der Kloveniersdoelen – Schießstand der Musketiere – in Amsterdam bestimmt war. Und unter feuchten Bedingungen konnte die übliche Methode, die Leinwand mit Tierleim vorzubereiten, versagen. Eine zeitgenössische Quelle über Maltechniken von Théodore de Mayerne schlug als Alternative die Imprägnierung mit bleihaltigem Öl vor. Das könnte Rembrandt zu seinem ungewöhnlichen Imprägnierverfahren inspiriert haben, um die Haltbarkeit seines Meisterwerks zu verbessern.

Das Vorhandensein dieser bleihaltigen Schicht wurde durch den erstmaligen Einsatz von korrelierter Röntgenfluoreszenz und ptychographischer Nanotomographie an einer historischen Gemäldeprobe entdeckt. Diese Untersuchungen fanden an der PETRA III-Strahlführung P06 statt. Die Röntgenfluoreszenz wird eingesetzt, um die Verteilung relativ schwerer Elemente – Kalzium und schwerer – zu untersuchen. Die Ptychographie, ein computergestütztes bildgebendes Verfahren, das auf experimentell gewonnenen Datensätzen basiert, ist wiederum in der Lage, selbst die leichtesten Elemente und organischen Anteile sichtbar zu machen.

Die Analyse der Mikroprobe aus der Nachtwache ergab, dass auf der Seite der Probe, die der Leinwandunterlage am nächsten lag, eine homogene Schicht aus fein verteiltem Blei in der Grundschicht vorhanden war. Da Bleikomponenten in der Quarz-Ton-Grundschicht nicht zu erwarten waren, gab diese Beobachtung Rätsel auf. Die Ergebnisse wurden dann mit der Bleiverteilungskarte der gesamten Nachtwache kombiniert, die durch Röntgenfluoreszenz-Scannen des Gemäldes in der Ehrengalerie des Rijksmuseums erstellt wurde. Diese Karte zeigt das Vorhandensein von Blei auf dem gesamten Gemälde und deutet darauf hin, dass dieses mit großen halbkreisförmigen Pinselstrichen aufgetragen wurde. Das stützt die Annahme, dass es von einem Imprägnierungsverfahren herrührt.

„Sogar ein Abdruck des Original-Malrahmens, auf das die Leinwand beim Auftragen der vorbereitenden Schichten gespannt war, ist in der Bleiverteilungskarte sichtbar. Das bringt uns dem Verständnis von Rembrandts kreativem Prozess beim Malen der Nachtwache sowie dem heutigen Zustand des Gemäldes einen weiteren Schritt näher“, sagt Fréderique Broers vom Rijksmuseum.

DESY / RK


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