RUB-Physiker weisen Spin-Pump-Effekt erstmals nach
Bisher nur theoretisch vorhergesagter Effekt durch ultraschnelle Röntgenstreuung mit Pikosekunden-Auflösung gemessen.
Mit der Präzession ihrer magnetischen Momente können sich einzelne Elektronen durch eine nicht-magnetische Zwischenschicht hindurch in ihrem Spin gegenseitig beeinflussen. Das ist eine entscheidende Erkenntnis für künftige Generationen von Magnetsensoren in Festplatten-Leseköpfen und anderen Datenspeichern, Bochumer Physikern um Hartmut Zabel gelang jetzt der experimentelle Nachweis.
Abb.: Zwei ferromagnetische Schichten (Co und Fe81Ni19) sind durch eine dickere nicht-magnetische Cu-Schicht getrennt. Wenn die magnetischen Momente M1 in der linken Schicht zur Präzession um eine magnetische Feldachse Bz angeregt werden, dann beeinflusst dies die Präzession der magnetischen Momente M2 in der zweiten Schicht. (Bild: RUB)
Ein Kreisel, einmal in Schwung gebracht und sich selbst überlassen, wird nach einigen Rotationen langsamer und kommt schließlich zum Stehen. Reibungsverluste entziehen ihm Energie, bis er schließlich aufhört zu drehen. Auch zwei Kreisel in einem gewissen Abstand, um Berührung zu vermeiden, zeigen im Großen und Ganzen das gleiche Verhalten. Ob beide Kreisel sich in der gleichen oder in entgegengesetzter Richtung drehen, sollte keinen Einfluss auf die Zahl der Rotationen bis zum Stillstanden haben. Genau das ist aber bei magnetischen Kreiseln der Fall, bestätigt das Bochumer Experiment.
Einmal angestoßen rotieren die magnetischen Momente in einem Kristallgitter solange, bis ihre Rotationsenergie durch Anregung von Gitterschwingungen und Spinwellen aufgebraucht ist. Spinwellen sind Anregungen der magnetischen Momente in einem Kristall, die sich wellenartig ausbreiten. Das Forscherteam hat zwei ultradünne magnetische Schichten durch eine Kupferschicht getrennt. Die Kupferschicht wurde so dick gewählt, dass die beiden ferromagnetischen Schichten keinen Einfluss aufeinander ausüben können – zumindest nicht statisch. Sobald jedoch eine der beiden ferromagnetischen Schichten zu sehr schneller Präzession im Gigahertzbereich angeregt wird, hängt die Dämpfung der Präzession von der Orientierung der zweiten magnetischen Schicht ab. Sind beide Schichten gleich orientiert, ist die Dämpfung geringer; sind beide entgegengesetzt orientiert, ist sie größer.
Der Nachweis dieses Spin-Pumpens gelang den Wissenschaftlern durch ultraschnelle Röntgenstreuung mit Auflösung im Pikosekundenbereich. Die Präzession der magnetischen Momente in einer ferromagnetischen Schicht wurde dabei durch die nicht-magnetische Kupfer-Zwischenschicht hindurch „gepumpt“ und von der zweiten ferromagnetischen Schicht aufgenommen. Mit anderen Worten: Ferromagnetische Schichten, die statisch nicht mit einander wechselwirken, da die Zwischenschicht zu dick ist, können dennoch dynamisch durch Pumpen und Diffusion von Spins von einer Schicht zur anderen miteinander „agieren“.
RUB / OD