14.02.2008

Schlegel bei erstem Außeneinsatz

Als zweiter Deutscher in der Geschichte der Raumfahrt schwebte Hans Schlegel bei seinem ersten Außeneinsatz ins All hinaus, um einen Stickstofftank zu installieren.

Schlegel bei erstem Außeneinsatz 

Washington/Oberpfaffenhofen (dpa) - Die Astronauten merken nichts von dem immensen Tempo von 27 000 Stundenkilometern, mit dem sie und die Internationale Raumstation ISS um die Erde kreisen. Als zweiter Deutscher in der Geschichte der Raumfahrt schwebte Hans Schlegel am Mittwoch bei seinem ersten Außeneinsatz ins All hinaus. Zusammen mit seinem US-Kollegen Rex Walheim installierte er einen neuen Stickstofftank für das äußere Kühlsystem der ISS. Nach sechs Stunden und 45 Minuten kehrten die beiden Astronauten wieder in die ISS zurück.

Offiziell begann der Außeneinsatz nach Angaben des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) acht Minuten früher als geplant: Um 15.27 Uhr MEZ schalteten die Astronauten an ihren Raumanzügen die Batterieversorgung ein. Mithilfe eines riesigen Roboterarmes holten die beiden Raumfahrer den neuen Stickstofftank aus der Ladebucht der Raumfähre «Atlantis». Rex Walheim, kopfüber am Roboterarm hängend, löste den vollen Tank, während Schlegel bereits den Austausch des leeren Tanks vorbereitete. Dieser wurde schließlich in der Ladebucht verstaut, um ihn beim Rückflug mit zur Erde zu nehmen.

Kurz vor 16.00 Uhr machte Shuttle-Pilot Alan Poindexter Schlegel aufmerksam: «In fünf Minuten fliegen wir genau über Köln und Aachen hinweg.» Schlegel, der in Aachen gelebt hatte, antwortete nach DLR- Angaben: «Danke, ich werde hinschauen.» Viel Zeit für den ergreifenden Blick auf die Erde blieb ihm nicht. Denn bei extremer körperlicher Anstrengung ist jeder Handgriff auf die Minute geplant. «Ein Weltraumspaziergang ist kein Spaziergang», sagt der Chef des Deutschen Raumfahrtkontrollzentrums in Oberpfaffenhofen bei München, Klaus Wittmann.

Grelles Sonnenlicht und dunkler Schatten wechseln auf den Live- Bildern der NASA von außerhalb der Raumstation. Mit langsamen Bewegungen hangeln die Astronauten an der ISS entlang. Jedes Werkzeug, das sie mit ungelenk wirkenden Bewegungen in ihren riesigen Handschuhen bedienen, ist mit einem Seil angebunden - andernfalls könnte es in der Schwerelosigkeit davonschweben. Auch die Astronauten sind mit einem Stahlseil mit der ISS verbunden. Teilweise sind sie auch mit den Füßen auf einer Halterung am Roboterarm fixiert.

Alles lief nach Plan. «Ich bin zufrieden», sagte Schlegel am Abend MEZ über Funk. Jeden Handgriff haben die Astronauten vorher auf der Erde eingeübt. Trainiert wird im Wasserbecken: Mit einem dafür geeigneten Raumanzug gehen die Astronauten mehrfach auf Tauchstation, damit der Einsatz im All dann ohne Fehler klappt.

Wegen gesundheitlicher Probleme war Schlegel beim ersten Einsatz am Montag zum Andocken des europäischen Weltraumlabors «Columbus» durch einen US-Kollegen ersetzt worden. Für den zweiten Außeneinsatz der Mission gaben die Ärzte grünes Licht. «Ich fühle mich fit und freue mich auf den Außenbordeinsatz», sagte Schlegel laut DLR vor dem Ausstieg.

Schon eineinhalb Stunden vor dem Außeneinsatz hatten sich die beiden Astronauten bereitgemacht und ihre weißen Raumanzüge angelegt - allein das ist nach den Worten des Astronauten Thomas Reiter ein «kleines Erlebnis». Reiter war vor Schlegel der erste Deutsche, der je im Raumanzug in den Weltraum schwebte. «Bis man da drin steckt und den Helm aufhat, vergeht schon eine halbe Stunde», sagt der DLR-Raumfahrtvorstand. Der Anzug ist mit Lebenserhaltungssystemen, den Übertragungssystemen für die Helmkameras und einem Raketenaggregat für den Notfall selbst eine Art kleines Raumschiff. Der Einsatz ist dennoch nicht ungefährlich. Im All fliegen Mikrometeoriten, außerdem ist der Astronaut einer stärkeren kosmischen Strahlung ausgesetzt.

Trotz der Anstrengung sei ein Außeneinsatz «etwas ganz, ganz Besonderes», sagt Reiter. «Wenn man zurückkommt, hat man das Gefühl, man hätte alles nur geträumt.» Er freue sich für Schlegel, dass er den Raumeinsatz machen könne. «Ich habe ihm vor dem Start geraten, dass er das jede Sekunde, die er freihat, genießen soll.»

Als erster Mensch hatte vor mehr als 40 Jahren der russische Kosmonaut Alexei Leonow dieses Erlebnis. Am 18. März 1965 verließ er die Raumkapsel und schwebte fast eine halbe Stunde im All - und wäre beinahe nicht zurückgekommen. Denn sein Raumanzug blähte sich im Vakuum des Alls so auf, dass er nicht mehr durch die Luke in die Kapsel passte. Durch ein Druckventil gelang es ihm schließlich, so viel Luft abzulassen, dass er zurückkehren konnte.

Sabine Dobel, dpa

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