24.11.2011

Sternstunde in Frankfurt

Im Otto-Stern-Zentrum der Goethe-Universität Frankfurt wurde am 24. November eine Gedenktafel zu Ehren des Physik-Nobelpreisträgers Stern enthüllt.

Otto Stern war einer der ganz Großen – niemand wurde häufiger für den Nobelpreis vorgeschlagen als er. Auf insgesamt 81 Nominierungen kommt er, auf dem zweiten Platz folgt mit 74 Nominierungen Max Planck, erst danach kommt Albert Einstein. Und es waren selbst berühmte Physiker, wie Max Born oder Albert Einstein, die Stern vorgeschlagen haben. Für die Stadt Frankfurt am Main hat er eine besondere Bedeutung, denn dort war er von 1914 bis 1922 an der neu gegründeten Universität tätig, an der er seine wichtigsten Experimente realisiert hat. In dem nach Otto Stern benannten Neubau auf dem Campus Riedberg der Goethe-Universität wurde nun dem bekannten Physiker zu Ehren eine Gedenktafel enthüllt, die die wichtigsten Stationen seines Lebens skizziert und den Versuchsaufbau des Stern-Gerlach-Experiments zeigt.

Horst Schmidt-Böcking, Träger der Stern-Gerlach-Medaille der DPG aus dem Jahr...
Horst Schmidt-Böcking, Träger der Stern-Gerlach-Medaille der DPG aus dem Jahr 2010, erklärt das Stern-Gerlach-Experiment, das auf der neuen Gedenktafel zu sehen ist. (Bild: M. Pfalz)

1912 wurde Otto Stern in Prag Einsteins erster Schüler. „Diese Zeit hat ihn entscheidend geprägt“, berichtete Horst Schmidt-Böcking, auf dessen Initiative hin die Goethe-Universität die Gedenktafel für Otto Stern errichtet hat, anlässlich der Feierstunde im Otto-Stern-Zentrum. „Denn bei Einstein hat er dumm reden und dumm denken gelernt, also hinterfragen und querdenken.“ Auf nur 60 Veröffentlichungen hat Otto Stern es gebracht, doch fünf bis sechs davon haben Nobelpreisqualität. Max von Laue hat ihn 1914 nach Frankfurt geholt, wo Stern die Molekularstrahlmethode entwickelt hat. Sie ermöglichte es zum ersten Mal, Messungen an einzelnen Atomen durchzuführen und ihre Quanteneigenschaften zu bestimmen. Damit gelang es Stern, die von Maxwell vorausgesagte Bewegung von Molekülen in Gasen zu messen, zusammen mit Walther Gerlach das magnetische Moment der Atome zu bestimmen und die von Sommerfeld vorausgesagte Raumquantisierung. Mit diesen Leistungen legte Otto Stern die Grundlagen der modernen Quantenphysik. „Die Molekularstrahlmethode hat 20 Nobelpreise in der Physik und Chemie nach sich gezogen“, erklärte Schmidt-Böcking. „Auf Otto Stern gehen der Maser und der Laser zurück, die Kernspintomografie oder auch die Atomuhr.“

1923 trat Stern in Hamburg eine ordentliche Professur an. Dort war er zehn Jahre lang erfolgreich tätig, bis 1933 drei seiner vier Assistenten – sämtlich jüdischer Abstammung – entlassen wurden. Daraufhin bat der ebenfalls jüdische Otto Stern um seine Entlassung und ist auf eine Forschungsprofessur nach Pittsburgh (USA) gewechselt. Nachdem Otto Stern in die USA ausgewandert ist, hat er Deutschland aus Prinzip nicht mehr besucht. Er ist zwar immer wieder nach Europa gereist und musste auf seinen Reisen auch häufiger durch Deutschland fahren, aber nur zweimal hat er seine alte Heimat gezielt bereist – sein letzter Besuch galt der Nobelpreisträgertagung in Lindau am Bodensee. Nach seiner Emeritierung ist er nach Berkeley gezogen, wo er im Kreise seiner Familie zurückgezogen gelebt hat. Otto Stern war ein großer Kinofreund, der mitunter zweimal täglich ins Kino gegangen ist – und so starb er 1969 sozusagen in Ausübung seines größten Hobbys, nämlich im Kinosaal an einem Herzinfarkt.

Zu der feierlichen Gedenkstunde war auch Otto Sterns Großneffe Alan Templeton angereist. Templeton verwaltet in Berkeley den Nachlass Otto Sterns und möchte nun den Kontakt nach Deutschland wieder aufleben lassen. Aus diesem Grund lernt Templeton sogar Deutsch. So dankte er auf Deutsch Horst Schmidt-Böcking für sein „unermüdliches Verteidigen der Rolle Otto Sterns in der Physik“. Templeton erzählte von dem riesigen Schreibtisch in Sterns Studierzimmer, von der Unordnung, die der bescheidene Physiker stets gepflegt hat, und von dem verwilderten Garten, der wie ein kleiner Märchenwald ausgesehen habe. „Mein Onkel hat zwar die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen, ist im Herzen aber immer Europäer geblieben“, sagte Templeton.

Maike Pfalz

 

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