07.06.2006

Tor-Statistik

Mit statistischen Methoden belegen Quantenfeldtheoretiker aus Leipzig, was Fußballexperten schon immer geahnt haben.




Mit statistischen Methoden belegen Quantenfeldtheoretiker aus Leipzig, was Fußballexperten schon immer geahnt haben.

Mit Methoden der statistischen Physik und mathematischen Statistik analysierten theoretische Physiker der Universität Leipzig und der Heriot-Watt University in Edinburgh Fußballergebnisse der Qualifikationsspiele der Weltmeisterschaften, der Bundesliga, der Oberliga in der DDR und der Frauen-Bundesliga - über 20.000 Spiele allein im nationalen Bereich. Mit statistischen Methoden belegen sie, was Fußballexperten schon immer geahnt haben.

Kurz vor den Fußball-Weltmeisterschaften beschäftigten sich auch theoretische Physiker der Abteilung Computerorientierte Quantenfeldtheorie (CQT) mit dem runden Leder. Genauer gesagt, wollten sie wissen, wie viele Tore wann und wo geschossen werden und ob sich dabei ein Muster abzeichnet. Über 20.000 Spiele der Bundesliga und der DDR-Oberliga bis 1990, der Bundesliga ab 1990 und der Frauenbundesliga wurden dafür untersucht. Hinzu kamen internationale Turniere und Spiele der europäischen Ligen. Nicht zu vergessen die Qualifikationsspiele aller bisherigen Fußball-Weltmeisterschaften.

Abb.: Tore in Spielen für die Qualifikation zu den Weltmeisterschaften und in der Bundesliga. Die Datensymbole zeigen die empirischen Daten, Linien die theoretischen Fitkurven. Bei den Weltmeisterschaftsspielen fallen mehr Tore als in der Bundesliga. (Quelle: Uni Leipzig)

Es entstand eine umfangreiche Datensammlung, die mit statistischen Methoden aufbereitet werden musste. Dabei ging es den Wissenschaftlern nicht nur um eine einfache Klassifizierung, sondern, so der Leiter der Abteilung Computerorientierte Quantenfeldtheorie, Prof. Dr. Wolfhard Janke, „Was wir brauchten war ein Rückkopplungsmechanismus für den Torerfolg.“ Anders gesagt, Janke und seine Mitarbeiter Dr. Elmar Bittner und Dipl.-Phys. Andreas Nußbaumer sowie Dr. Martin Weigel von der mathematischen Fakultät in Edinburgh wollten wissen, wie ein Torerfolg das weitere Spiel beeinflusst.

Mit bekannten Ansätzen kamen die Wissenschaftler nicht weiter. Deshalb entwickelten sie ein dynamisches Modell, das auf einem Selbstmotivierungsmechanismus beruht - dem „Fußballfieber“. Dabei handelt es sich um ein auf das Wesentliche konzentriertes mathematisches Wahrscheinlichkeitsmodell, mit dem sich zum einen leicht erklären ließ, unter welchen Umständen besonders viele Spiele mit vielen Toren stattfinden und zum anderen Parallelen gezogen werden konnten zwischen anscheinend sehr unterschiedlichen Fußball-Ligen bzw. -Turnieren.

Der Vergleich zwischen der Bundesliga und der DDR-Oberliga ergab, dass es in der Bundesliga nach einem erzielten Treffer offenbar vor allem darum geht, den Spielvorteil zu erhalten. D. h., es geht also weniger darum, den Vorsprung auszubauen, als ihn über die Zeit zu retten. Bei der DDR-Oberliga dagegen schien die Tormotivation mit jedem erzielten Treffer stärker anzuwachsen. Nach Meinung der Wissenschaftler könnte diese Torverteilung „abhängig von kulturellen und politischen Umständen“ sein.

Die Untersuchung der Qualifikationsspiele der Fußball-Weltmeisterschaften zeigte, dass hier erheblich mehr Spiele mit vielen Toren endeten als in der Bundesliga. „Mit etwas Fußballverstand ist das ganz einfach zu erklären“, meint Janke. „Schließlich treffen hier sehr starke Gegner auf eher schwache, sodass es für die eine Seite leicht ist, viele Tore zu erzielen.“ Die Statistik der Frauen-Bundesliga ist ganz ähnlich: Auch hier gibt es höhere Spielergebnisse als in der Bundesliga der Männer. Janke führt das darauf zurück, dass die Spielstärke der Frauenmannschaften ebenfalls sehr breit gefächert ist. Kein Wunder, dass es den guten Mannschaften gelingt, viele Tore zu schießen.

Quelle: Uni Leipzig

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